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Thieß, Johann Otto: Unser Herr! in den lezten Tagen seines ersten und in den ersten Tagen seines andern Menschenlebens. Neue Aufl. Hannover, 1794.

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Unser Herr,
[Spaltenumbruch] "Und du fürchtest dich
&q;auch nicht vor Gott, der
&q;du doch in gleicher Ver-
&q;dammniß bist? Und
&q;zwar wir sind billig
&q;drinnen, denn wir em-
&q;pfahen, was unsere
&q;Thaten werth sind, die-
&q;ser aber hat nichts Un-
&q;geschiktes gehandelt."
Und sprach zu Jesu:
"Herr, gedenke an mich,
&q;wenn du in dein Reich
&q;kommst." Und Jesus
sprach zu ihm: "Wahr-
&q;lich, ich sage dir, heute
&q;wirst du mit mir im
&q;Paradies sein." Und
es war um die sechste
Stunde, und es ward
eine Finsternis über das
ganze Land, bis an die
neunte Stunde. Und
die Sonne verlohr ihren
Schein, und der Vor-
hang des Tempels zer-
riß mitten entzwei. Und
Jesus rief laut, und
sprach: "Vater, ich be-
&q;fehle meinen Geist in
&q;deine Hände!" und als
er das gesaget, verschied
er. Da aber der Haupt-

[Spaltenumbruch] Stunde, und er spricht
zn den Jüden: "sehet,
&q;das ist euer König."
Sie schrien aber: "weg,
&q;weg mit dem, kreuzige
&q;ihn." Spricht Pila-
tus zu ihnen: "soll ich
&q;euren König kreuzi-
&q;gen?" Die Hohen-
priester antworteten:
&q;wir haben keinen Kö-
&q;nig, denn den Kaiser."
Da überantwortet er
ihn, daß er gekreuzigt
würde. Sie nahmen
aber Jesum, und führ-
ten ihn hin. Und er
trug sein Kreuz, und
ging hinaus zur Stätte,
die da heisset Schädel-
stätt, welche heisset auf
Hebräisch Golgatha, all-
da kreuzigten sie ihn, und
mit ihm zween andere,
zu beiden Seiten, Jesum
aber mi[tt]en inne. Pila-
tus aber schrieb eine
Ueberschrift, und sazte
sie auf das Kreuz, und
war geschrieben: "Je-
&q;sus von Nazareth, der
&q;Jüden König." Diese
Ueberschrift lasen viel

mann
Jü-
Unſer Herr,
[Spaltenumbruch] “Und du fürchteſt dich
&q;auch nicht vor Gott, der
&q;du doch in gleicher Ver-
&q;dammniß biſt? Und
&q;zwar wir ſind billig
&q;drinnen, denn wir em-
&q;pfahen, was unſere
&q;Thaten werth ſind, die-
&q;ſer aber hat nichts Un-
&q;geſchiktes gehandelt.”
Und ſprach zu Jeſu:
“Herr, gedenke an mich,
&q;wenn du in dein Reich
&q;kommſt.” Und Jeſus
ſprach zu ihm: “Wahr-
&q;lich, ich ſage dir, heute
&q;wirſt du mit mir im
&q;Paradies ſein.” Und
es war um die ſechſte
Stunde, und es ward
eine Finſternis über das
ganze Land, bis an die
neunte Stunde. Und
die Sonne verlohr ihren
Schein, und der Vor-
hang des Tempels zer-
riß mitten entzwei. Und
Jeſus rief laut, und
ſprach: “Vater, ich be-
&q;fehle meinen Geiſt in
&q;deine Hände!” und als
er das geſaget, verſchied
er. Da aber der Haupt-

[Spaltenumbruch] Stunde, und er ſpricht
zn den Jüden: “ſehet,
&q;das iſt euer König.”
Sie ſchrien aber: “weg,
&q;weg mit dem, kreuzige
&q;ihn.” Spricht Pila-
tus zu ihnen: “ſoll ich
&q;euren König kreuzi-
&q;gen?” Die Hohen-
prieſter antworteten:
&q;wir haben keinen Kö-
&q;nig, denn den Kaiſer.”
Da überantwortet er
ihn, daß er gekreuzigt
würde. Sie nahmen
aber Jeſum, und führ-
ten ihn hin. Und er
trug ſein Kreuz, und
ging hinaus zur Stätte,
die da heiſſet Schädel-
ſtätt, welche heiſſet auf
Hebräiſch Golgatha, all-
da kreuzigten ſie ihn, und
mit ihm zween andere,
zu beiden Seiten, Jeſum
aber mi[tt]en inne. Pila-
tus aber ſchrieb eine
Ueberſchrift, und ſazte
ſie auf das Kreuz, und
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&q;ſus von Nazareth, der
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[104/0118] Unſer Herr, “Und du fürchteſt dich &q;auch nicht vor Gott, der &q;du doch in gleicher Ver- &q;dammniß biſt? Und &q;zwar wir ſind billig &q;drinnen, denn wir em- &q;pfahen, was unſere &q;Thaten werth ſind, die- &q;ſer aber hat nichts Un- &q;geſchiktes gehandelt.” Und ſprach zu Jeſu: “Herr, gedenke an mich, &q;wenn du in dein Reich &q;kommſt.” Und Jeſus ſprach zu ihm: “Wahr- &q;lich, ich ſage dir, heute &q;wirſt du mit mir im &q;Paradies ſein.” Und es war um die ſechſte Stunde, und es ward eine Finſternis über das ganze Land, bis an die neunte Stunde. Und die Sonne verlohr ihren Schein, und der Vor- hang des Tempels zer- riß mitten entzwei. Und Jeſus rief laut, und ſprach: “Vater, ich be- &q;fehle meinen Geiſt in &q;deine Hände!” und als er das geſaget, verſchied er. Da aber der Haupt- mann Stunde, und er ſpricht zn den Jüden: “ſehet, &q;das iſt euer König.” Sie ſchrien aber: “weg, &q;weg mit dem, kreuzige &q;ihn.” Spricht Pila- tus zu ihnen: “ſoll ich &q;euren König kreuzi- &q;gen?” Die Hohen- prieſter antworteten: &q;wir haben keinen Kö- &q;nig, denn den Kaiſer.” Da überantwortet er ihn, daß er gekreuzigt würde. Sie nahmen aber Jeſum, und führ- ten ihn hin. Und er trug ſein Kreuz, und ging hinaus zur Stätte, die da heiſſet Schädel- ſtätt, welche heiſſet auf Hebräiſch Golgatha, all- da kreuzigten ſie ihn, und mit ihm zween andere, zu beiden Seiten, Jeſum aber mitten inne. Pila- tus aber ſchrieb eine Ueberſchrift, und ſazte ſie auf das Kreuz, und war geſchrieben: “Je- &q;ſus von Nazareth, der &q;Jüden König.” Dieſe Ueberſchrift laſen viel Jü-

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Zitationshilfe: Thieß, Johann Otto: Unser Herr! in den lezten Tagen seines ersten und in den ersten Tagen seines andern Menschenlebens. Neue Aufl. Hannover, 1794, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thiess_andachtsbuch_1794/118>, abgerufen am 14.11.2024.