Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.eigentlich beschrieben werden müssen. riechen. Und also siehet man zugleich/ daß dasHertze eine viel subtilere Empfindung habe als das Gehirne/ und also ein jeder bey sich selbst warnehmen müsse/ was eine starcke Bewegung des Hertzens sey/ die ihn nemlich zu etwas ziehet. Denn wenn deren keines geschiehet/ ist der Wille ruhig/ indifferent, und von keinen Affect ge- trieben. 51. Jch weiß ja wohl/ daß viel von denen Her- 52. So ist demnach auch die Leidenschafft 53. Wenn
eigentlich beſchrieben werden muͤſſen. riechen. Und alſo ſiehet man zugleich/ daß dasHertze eine viel ſubtilere Empfindung habe als das Gehirne/ und alſo ein jeder bey ſich ſelbſt warnehmen muͤſſe/ was eine ſtarcke Bewegung des Hertzens ſey/ die ihn nemlich zu etwas ziehet. Denn wenn deren keines geſchiehet/ iſt der Wille ruhig/ indifferent, und von keinen Affect ge- trieben. 51. Jch weiß ja wohl/ daß viel von denen Her- 52. So iſt demnach auch die Leidenſchafft 53. Wenn
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eigentlich beſchrieben werden muͤſſen.
riechen. Und alſo ſiehet man zugleich/ daß das
Hertze eine viel ſubtilere Empfindung habe
als das Gehirne/ und alſo ein jeder bey ſich ſelbſt
warnehmen muͤſſe/ was eine ſtarcke Bewegung
des Hertzens ſey/ die ihn nemlich zu etwas ziehet.
Denn wenn deren keines geſchiehet/ iſt der Wille
ruhig/ indifferent, und von keinen Affect ge-
trieben.
51. Jch weiß ja wohl/ daß viel von denen Her-
ren Medicis ſich ſehr bemuͤhen zu erweiſen/ das
Hertze ſey nur ein Muſculus, und ich wil auch ſol-
ches nicht wieder ſie beſtreiten/ vielweniger das
jenige verfechten/ daß ſie daraus folgern/ es koͤnne
deswegen die Seele/ ſo ferne ſie dencket/ nicht im
Hertzen ihren Sitz haben. Aber ich ſehe auch
nicht/ daß dieſe doctrin unſerer Lehre zuwider ſey.
Denn wenn gleich das Hertze tauſendmahl ein
Muſculus iſt/ ſo iſt es doch genung/ daß daſelbſt
das centrum iſt/ in welchem das Gebluͤte des
Menſchlichen Leibes ſeinen Zu- und Abfluß
hat/ und daß durch die Affecten das Gebluͤte im
Hertzen eine geſchwindere oder langſamere Be-
wegung erhaͤlt.
52. So iſt demnach auch die Leidenſchafft
des Verſtandes von den Leidenſchafften des
Willens dadurch entſchieden/ daß der Verſtand
durch die Bewegungs-Geiſtergen in den
Senn-Adern/ der Wille aber durch die Le-
bens-Geiſter in dem Gebluͤte geruͤhret
wird.
53. Wenn
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