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Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.

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seyn/ u. welche die Vornehm. drunter.

18. Jedoch gebieret nicht eine jede Unwissen-
heit Verwunderung/ ja man verwundert sich
öffters umb nichtswürdige und leichte Din-
ge/
und umb schwere und bewundernß würdige
Dinge bewundert man sich nicht? z. e. Wer
bewundert nicht die eitele Kunst eines Gaucklers/
der in einen Sack Eyer macht. Wer bewun-
dert aber die Geburt und Würckung des Feuers/
die Empfängnüß und Zeugung eines Kindes/
u. s. w.

19. Die Ursache dieses Unterscheids ist/ daß
wir etliche Dinge selten sehen/ etliche aber stets
während
vor uns haben. Denn was wir stets
vor uns haben/ verwundern wir nicht/ wenn wir
es schon nicht begreiffen.

20. So gehören demnach zwey Stücke
zur Verwunderung/ 1. die Unwissenheit/ her-
nach 2. die Seltenheit. Und ist dannenhero
die Verwunderung nichts anders als die Un-
wissenheit der Ursache eines Dinges/ das sel-
ten vorkommt.

21. Und zwar so pflegen sich die Menschen
über viererley zu verwundern. 1) über die
Grösse/ 2) über die Kleine/ oder 3) sonst über
eine unvermuthete Gestalt/ und 4) über die
Würckung
eines Dinges z. e. über einen Rie-
sen/ Zwerg/ Mißgeburt/ Seiltäntzer.

22. Unwissenheit ist kein Affect, also ist auch
die Bewunderung kein Affect.

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ſeyn/ u. welche die Vornehm. drunter.

18. Jedoch gebieret nicht eine jede Unwiſſen-
heit Verwunderung/ ja man verwundert ſich
oͤffters umb nichtswuͤrdige und leichte Din-
ge/
und umb ſchwere und bewundernß wuͤrdige
Dinge bewundert man ſich nicht? z. e. Wer
bewundert nicht die eitele Kunſt eines Gaucklers/
der in einen Sack Eyer macht. Wer bewun-
dert aber die Geburt und Wuͤrckung des Feuers/
die Empfaͤngnuͤß und Zeugung eines Kindes/
u. ſ. w.

19. Die Urſache dieſes Unterſcheids iſt/ daß
wir etliche Dinge ſelten ſehen/ etliche aber ſtets
waͤhrend
vor uns haben. Denn was wir ſtets
vor uns haben/ verwundern wir nicht/ wenn wir
es ſchon nicht begreiffen.

20. So gehoͤren demnach zwey Stuͤcke
zur Verwunderung/ 1. die Unwiſſenheit/ her-
nach 2. die Seltenheit. Und iſt dannenhero
die Verwunderung nichts anders als die Un-
wiſſenheit der Urſache eines Dinges/ das ſel-
ten vorkommt.

21. Und zwar ſo pflegen ſich die Menſchen
uͤber viererley zu verwundern. 1) uͤber die
Groͤſſe/ 2) uͤber die Kleine/ oder 3) ſonſt uͤber
eine unvermuthete Geſtalt/ und 4) uͤber die
Wuͤrckung
eines Dinges z. e. uͤber einen Rie-
ſen/ Zwerg/ Mißgeburt/ Seiltaͤntzer.

22. Unwiſſenheit iſt kein Affect, alſo iſt auch
die Bewunderung kein Affect.

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[115/0127] ſeyn/ u. welche die Vornehm. drunter. 18. Jedoch gebieret nicht eine jede Unwiſſen- heit Verwunderung/ ja man verwundert ſich oͤffters umb nichtswuͤrdige und leichte Din- ge/ und umb ſchwere und bewundernß wuͤrdige Dinge bewundert man ſich nicht? z. e. Wer bewundert nicht die eitele Kunſt eines Gaucklers/ der in einen Sack Eyer macht. Wer bewun- dert aber die Geburt und Wuͤrckung des Feuers/ die Empfaͤngnuͤß und Zeugung eines Kindes/ u. ſ. w. 19. Die Urſache dieſes Unterſcheids iſt/ daß wir etliche Dinge ſelten ſehen/ etliche aber ſtets waͤhrend vor uns haben. Denn was wir ſtets vor uns haben/ verwundern wir nicht/ wenn wir es ſchon nicht begreiffen. 20. So gehoͤren demnach zwey Stuͤcke zur Verwunderung/ 1. die Unwiſſenheit/ her- nach 2. die Seltenheit. Und iſt dannenhero die Verwunderung nichts anders als die Un- wiſſenheit der Urſache eines Dinges/ das ſel- ten vorkommt. 21. Und zwar ſo pflegen ſich die Menſchen uͤber viererley zu verwundern. 1) uͤber die Groͤſſe/ 2) uͤber die Kleine/ oder 3) ſonſt uͤber eine unvermuthete Geſtalt/ und 4) uͤber die Wuͤrckung eines Dinges z. e. uͤber einen Rie- ſen/ Zwerg/ Mißgeburt/ Seiltaͤntzer. 22. Unwiſſenheit iſt kein Affect, alſo iſt auch die Bewunderung kein Affect. 23 H 2

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/127>, abgerufen am 21.11.2024.