Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.des allgemeinen Unglücks. 9. Und solten wohl die Zäncker und gewalt- 10. Mit der Gedult endlich ist es leider da- 11. Weil dannenhero so wenig allgemeine de- A 4
des allgemeinen Ungluͤcks. 9. Und ſolten wohl die Zaͤncker und gewalt- 10. Mit der Gedult endlich iſt es leider da- 11. Weil dannenhero ſo wenig allgemeine de- A 4
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0019" n="7"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">des allgemeinen Ungluͤcks.</hi> </fw><lb/> <p>9. Und ſolten wohl die <hi rendition="#fr">Zaͤncker</hi> und <hi rendition="#fr">gewalt-<lb/> thaͤtigen</hi> Menſchen die <hi rendition="#fr">vertraͤglichen</hi> und<lb/> friedfertigen an der Zahl nicht uͤbertreffen? Da<lb/> auch an denen Orten/ wo kein Krieg iſt/ ſo viel-<lb/> faͤltiges Klagen uͤber Gewalt und Unrecht ge-<lb/> fuͤhret wird?</p><lb/> <p>10. Mit der <hi rendition="#fr">Gedult</hi> endlich iſt es leider da-<lb/> hin kommen/ daß dieſelige fuͤr ein Laſter/ und ge-<lb/> dultige Leute fuͤr ein Scheuſaal anderer Men-<lb/> ſchen/ ja diejenigen/ die dieſe Tugend ein wenig<lb/> mehr als der verderbte Zuſtand des Menſchli-<lb/> chen Geſchlechts ertragen will/ einſchaͤrffen/ ent-<lb/> weder fuͤr Narren/ oder wohl gar fuͤr Meytma-<lb/> cher und boßhafftige Ubelthaͤter gehalten wer-<lb/> den; Geſchweige denn/ daß dieſe zu der Ge-<lb/> muͤths-Ruhe hoͤchſtnoͤthige Tugend/ davon wir<lb/> etliche wenige Exempel der alten Heyden mit<lb/> erſtaunen leſen/ unter uns uͤblich ſeyn ſolte.</p><lb/> <p>11. Weil dannenhero ſo wenig allgemeine<lb/> Liebe gefunden wird/ dieſe aber die Thuͤre zu der<lb/> abſonderlichen Liebe und Freundſchafft iſt; ſo iſt<lb/> leichte zu erachten/ daß auch wenig <hi rendition="#fr">wahre</hi><lb/> F<hi rendition="#fr">reundſchafft</hi> unter denen Menſchen in<lb/> Schwange gehe. Der Grund vernuͤnfftiger<lb/> Liebe und Freundſchafft/ die <hi rendition="#fr">Hochachtung</hi> tu-<lb/> gendhaffter Leute iſt ein faſt unbekantes Weſen/<lb/> indem die Tugend verachtet und ausgelachet/<lb/> und im Gegentheil die offenbareſten Laſter/ oder<lb/> zum wenigſten die Schein-Tugenden <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">æſtimi</hi></hi>ret<lb/> und vorgezogen werden; Weswegen auch bey<lb/> <fw place="bottom" type="sig">A 4</fw><fw place="bottom" type="catch">de-</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [7/0019]
des allgemeinen Ungluͤcks.
9. Und ſolten wohl die Zaͤncker und gewalt-
thaͤtigen Menſchen die vertraͤglichen und
friedfertigen an der Zahl nicht uͤbertreffen? Da
auch an denen Orten/ wo kein Krieg iſt/ ſo viel-
faͤltiges Klagen uͤber Gewalt und Unrecht ge-
fuͤhret wird?
10. Mit der Gedult endlich iſt es leider da-
hin kommen/ daß dieſelige fuͤr ein Laſter/ und ge-
dultige Leute fuͤr ein Scheuſaal anderer Men-
ſchen/ ja diejenigen/ die dieſe Tugend ein wenig
mehr als der verderbte Zuſtand des Menſchli-
chen Geſchlechts ertragen will/ einſchaͤrffen/ ent-
weder fuͤr Narren/ oder wohl gar fuͤr Meytma-
cher und boßhafftige Ubelthaͤter gehalten wer-
den; Geſchweige denn/ daß dieſe zu der Ge-
muͤths-Ruhe hoͤchſtnoͤthige Tugend/ davon wir
etliche wenige Exempel der alten Heyden mit
erſtaunen leſen/ unter uns uͤblich ſeyn ſolte.
11. Weil dannenhero ſo wenig allgemeine
Liebe gefunden wird/ dieſe aber die Thuͤre zu der
abſonderlichen Liebe und Freundſchafft iſt; ſo iſt
leichte zu erachten/ daß auch wenig wahre
Freundſchafft unter denen Menſchen in
Schwange gehe. Der Grund vernuͤnfftiger
Liebe und Freundſchafft/ die Hochachtung tu-
gendhaffter Leute iſt ein faſt unbekantes Weſen/
indem die Tugend verachtet und ausgelachet/
und im Gegentheil die offenbareſten Laſter/ oder
zum wenigſten die Schein-Tugenden æſtimiret
und vorgezogen werden; Weswegen auch bey
de-
A 4
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |