Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.Das 11. H. von dem Geld-Geitz Laster zu allen Zeiten gewesen. Aber das Geldist nicht allezeit gewesen/ sondern erst bey Zu- nehmung des Uberflusses entstanden/ wie dann auch deswegen/ da schon Geld in der Welt ge- wesen/ viele Völcker/ die die falsche Politic Barbarisch nennet/ so lange sie in der Einfalt blieben/ und mit denen nothwendigen Dingen zu frieden gewesen/ damit GOtt alles Land ver- sorget hat/ von keinem Gelde gewust/ sondern sich mit Tauschen und Vertauschen in ihrem Handel und Wandel beholffen/ und mögen viel- leicht auch noch wohl solche Völcker wo stecken. Bey diesen nun ist gar nicht zu zweiffeln/ daß nicht auch Begierde zu dem Laster/ das wir Geld-Geitz nennen/ solte mit geherrschet haben/ und kan demnach auch in dieser Betrachtung Geld-Geitz nicht bloß oder eben hauptsächlich von der Begierde zum Gelde gesagt werden. 3. Gleichwohl müssen wir auch hierbey in 4. So werden wir demnach verhoffentlich lei-
Das 11. H. von dem Geld-Geitz Laſter zu allen Zeiten geweſen. Aber das Geldiſt nicht allezeit geweſen/ ſondern erſt bey Zu- nehmung des Uberfluſſes entſtanden/ wie dann auch deswegen/ da ſchon Geld in der Welt ge- weſen/ viele Voͤlcker/ die die falſche Politic Barbariſch nennet/ ſo lange ſie in der Einfalt blieben/ und mit denen nothwendigen Dingen zu frieden geweſen/ damit GOtt alles Land ver- ſorget hat/ von keinem Gelde gewuſt/ ſondern ſich mit Tauſchen und Vertauſchen in ihrem Handel und Wandel beholffen/ und moͤgen viel- leicht auch noch wohl ſolche Voͤlcker wo ſtecken. Bey dieſen nun iſt gar nicht zu zweiffeln/ daß nicht auch Begierde zu dem Laſter/ das wir Geld-Geitz nennen/ ſolte mit geherrſchet haben/ und kan demnach auch in dieſer Betrachtung Geld-Geitz nicht bloß oder eben hauptſaͤchlich von der Begierde zum Gelde geſagt werden. 3. Gleichwohl muͤſſen wir auch hierbey in 4. So werden wir demnach verhoffentlich lei-
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Das 11. H. von dem Geld-Geitz
Laſter zu allen Zeiten geweſen. Aber das Geld
iſt nicht allezeit geweſen/ ſondern erſt bey Zu-
nehmung des Uberfluſſes entſtanden/ wie dann
auch deswegen/ da ſchon Geld in der Welt ge-
weſen/ viele Voͤlcker/ die die falſche Politic
Barbariſch nennet/ ſo lange ſie in der Einfalt
blieben/ und mit denen nothwendigen Dingen
zu frieden geweſen/ damit GOtt alles Land ver-
ſorget hat/ von keinem Gelde gewuſt/ ſondern
ſich mit Tauſchen und Vertauſchen in ihrem
Handel und Wandel beholffen/ und moͤgen viel-
leicht auch noch wohl ſolche Voͤlcker wo ſtecken.
Bey dieſen nun iſt gar nicht zu zweiffeln/ daß
nicht auch Begierde zu dem Laſter/ das wir
Geld-Geitz nennen/ ſolte mit geherrſchet haben/
und kan demnach auch in dieſer Betrachtung
Geld-Geitz nicht bloß oder eben hauptſaͤchlich
von der Begierde zum Gelde geſagt werden.
3. Gleichwohl muͤſſen wir auch hierbey in
acht nehmen/ daß wir nicht gar zu weit von dem
gemeinen Gebrauch des Worts abweichen/ und
ohne Noth neue Bedeutungen einfuͤhren/
oder Dinge mit ſolchen Namen benennen/ die
gantz von dem Gebrauch anderer Menſchen
entfernet oder demſelben entgegen geſetzet ſind.
Denn dieſes thun entweder Sophiſten/ oder
doch zum wenigſten Leute/ die die Methode fuͤg-
lich und deutlich zu lehren nicht wohl verſtehen.
4. So werden wir demnach verhoffentlich
nicht beſſer thun koͤnnen/ als wenn wir nach An-
lei-
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