Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.Das 1. Hauptst. von denen Ursachen andern Theil/ (den wir im ersten Capitel des er-sten Theils der Sitten-Lehre gemacht haben/) mit bessern Nachdencken erwegen/ so werden wir bald gewahr werden/ daß zwar in denen Specula- tivischen Warheiten/ oder in Erkäntnüs des We- sens der Dinge/ ohne Absicht/ was dieselbigen uns für Vortheil oder Schaden bringen/ der Ursprung aller Jrrthümer denen Vorurthei- len des Verstandes zugeschrieben werden möge/ aber in der Erkäntnüs des guten und bösen der Ursprung alles übels dem Willen selbst oder einer gewissen Beschaffenheit dessel- bigen müsse zugeeignet werden/ und daß zum we- nigsten hierinnen mehr der Verstand durch den Willen/ als der Wille durch den Verstand verleitet und verderbet werde. 27. Jch will zu Erläuterung dieses parodoxi te
Das 1. Hauptſt. von denen Urſachen andern Theil/ (den wir im erſten Capitel des er-ſten Theils der Sitten-Lehre gemacht haben/) mit beſſern Nachdencken erwegen/ ſo werden wir bald gewahr werden/ daß zwar in denen Specula- tiviſchen Warheiten/ oder in Erkaͤntnuͤs des We- ſens der Dinge/ ohne Abſicht/ was dieſelbigen uns fuͤr Vortheil oder Schaden bringen/ der Urſprung aller Jrrthuͤmer denen Vorurthei- len des Verſtandes zugeſchrieben werden moͤge/ aber in der Erkaͤntnuͤs des guten und boͤſen der Urſprung alles uͤbels dem Willen ſelbſt oder einer gewiſſen Beſchaffenheit deſſel- bigen muͤſſe zugeeignet werden/ und daß zum we- nigſten hierinnen mehr der Verſtand durch den Willen/ als der Wille durch den Verſtand verleitet und verderbet werde. 27. Jch will zu Erlaͤuterung dieſes parodoxi te
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Das 1. Hauptſt. von denen Urſachen
andern Theil/ (den wir im erſten Capitel des er-
ſten Theils der Sitten-Lehre gemacht haben/)
mit beſſern Nachdencken erwegen/ ſo werden wir
bald gewahr werden/ daß zwar in denen Specula-
tiviſchen Warheiten/ oder in Erkaͤntnuͤs des We-
ſens der Dinge/ ohne Abſicht/ was dieſelbigen
uns fuͤr Vortheil oder Schaden bringen/ der
Urſprung aller Jrrthuͤmer denen Vorurthei-
len des Verſtandes zugeſchrieben werden
moͤge/ aber in der Erkaͤntnuͤs des guten und
boͤſen der Urſprung alles uͤbels dem Willen
ſelbſt oder einer gewiſſen Beſchaffenheit deſſel-
bigen muͤſſe zugeeignet werden/ und daß zum we-
nigſten hierinnen mehr der Verſtand durch
den Willen/ als der Wille durch den Verſtand
verleitet und verderbet werde.
27. Jch will zu Erlaͤuterung dieſes parodoxi
nur etliche wenige Exempel geben. Jſt es nicht
wahr? Wenn ein Menſch in groſſer Hitze zum
Exempel in einer Badſtube ſchmachtet/ wird er
ein Verlangen nach friſcher Lufft/ oder nach
einen friſchen Trunck/ und bey genieſſung der-
ſelben je mehr Vergnuͤgen finden/ je friſcher die
Lufft oder der Trunck iſt/ ob ſchon Jhm die Ver-
nunfft ſagt/ daß dieſe allzuempfindliche Ab-
wechſelung/ nach Anleitung des erſten Haupt-
Stuͤcks des erſten Theils nicht anders als ſchaͤd-
lich ſeyn kan. Und wie wir/ wenn wir einen
Menſchen hojanen ſehen/ einen ſtarcken Zug bey
uns finden dergleichen zuthun/ daß wir alle Kraͤff-
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