Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.des allgemeinen Unglücks. te anwenden müssen/ uns davon abzuhalten; Al-so wird ein jeder Mensch einen gleichmäßigen starcken Zug bey sich befinden/ dasjenige (z. e. eine Speise) als was gutes zu begehren/ was er siehet/ daß andere Menschen/ in derer Gesell- schafft er ist/ darnach als was gutes trachten/ ob er schon keine andere Erkäntnüs von der Güte desselben hat/ oder wohl gar zuvor her dieselbige Sache alß nicht gut eingebildet hatte. 28. Wollen wir nun ferner die gantze Lehre 29. So sind alle Gelehrten (wenn Sie nicht zwar B
des allgemeinen Ungluͤcks. te anwenden muͤſſen/ uns davon abzuhalten; Al-ſo wird ein jeder Menſch einen gleichmaͤßigen ſtarcken Zug bey ſich befinden/ dasjenige (z. e. eine Speiſe) als was gutes zu begehren/ was er ſiehet/ daß andere Menſchen/ in derer Geſell- ſchafft er iſt/ darnach als was gutes trachten/ ob er ſchon keine andere Erkaͤntnuͤs von der Guͤte deſſelben hat/ oder wohl gar zuvor her dieſelbige Sache alß nicht gut eingebildet hatte. 28. Wollen wir nun ferner die gantze Lehre 29. So ſind alle Gelehrten (wenn Sie nicht zwar B
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des allgemeinen Ungluͤcks.
te anwenden muͤſſen/ uns davon abzuhalten; Al-
ſo wird ein jeder Menſch einen gleichmaͤßigen
ſtarcken Zug bey ſich befinden/ dasjenige (z. e.
eine Speiſe) als was gutes zu begehren/ was er
ſiehet/ daß andere Menſchen/ in derer Geſell-
ſchafft er iſt/ darnach als was gutes trachten/ ob
er ſchon keine andere Erkaͤntnuͤs von der Guͤte
deſſelben hat/ oder wohl gar zuvor her dieſelbige
Sache alß nicht gut eingebildet hatte.
28. Wollen wir nun ferner die gantze Lehre
von denen Vorurtheilen des Verſtandes hier
wiederhohlende mit einiger Auffmerckung beſe-
hen/ werden wir noch weiter gehen/ und gewahr
werden/ daß auch die Vorurtheile des Ver-
ſtandes in der Erkaͤntnuͤs des Weſens der Din-
ge oder des wahren und falſchen uͤberhaupt/ von
der Verderbnuͤs des Willens herſtammen.
Wir haben gelehret/ daß das Vorurtheil men-
ſchlicher Autoritaͤt aus einer unvernuͤnfftigen Lie-
be anderer Menſchen/ und das Vorurtheil der
uͤbereilung aus einer unvernuͤnfftigen Selbſt-Lie-
be/ oder deutlicher zureden/ aus einer ungedulti-
gen Begierde herruͤhre/ und daß hierdurch die
Leichtglaubigkeit des Verſtandes gar leichtlich
gefangen werde. Nun ſind aber Liebe/ Be-
gierde/ Ungedult/ u. ſ. w. nicht Beſchaffenheiten
des Verſtandes/ ſondern des Willens.
29. So ſind alle Gelehrten (wenn Sie nicht
durch eigenes intereſſe dieſe Warheit zubeſtrei-
ten veranlaſſet werden) darinnen einig/ daß
zwar
B
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