Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.Das 11. H. von dem Geld-Geitz/ Begierde auf was für eine Sache es wolle/ fal-len/ so werden wir befinden/ daß/ so hitzig/ als wir darauf seyn/ wann selbige anzuschaffen und einzukauffen/ so laulicht werden wir/ wann wir solche etliche Tage gehabt haben/ biß sich endlich auch diese Lauligkeit in eine Kaltsinnigkeit verwandelt. Wann wir z. e. mit grosser Be- gierde wohl perfumirte Handschuh gekaufft ha- ben/ riechen wir etliche Tage immer daran/ her- nach achten wir solches nicht mehr/ wenn wir des Geruchs gewohnt sind/ ob schon andere Fremde ein grosses Belieben tragen daran zu riechen/ und selbige des lieblichen Geruchs wegen zu loben. Wir sind in diesem Stück fast wie die Kinder/ die ihren Puppen/ die sie zwey Tage mit zu Bette genommen/ den dritten Tag den Kopff abreissen. Jedoch ist der Eckel eines Geitzigen von dem Eckel eines Wohllüstigen und Ehr-Geitzi- gen darinnen entschieden/ daß diese die belu- stigende und vergnügende Sache über die sie ei- nen Eckel haben/ gerne bey ihrer Veränderung quittiren/ und gegen eine andere fahren lassen/ da hingegen ein Geld-Geitziger alle die Dinge/ die er einmal sich eigenthümlich erhalten hat/ ob er schon keine Freude mehr daran findet/ dennoch bey Erwerbung anderer neuen Dinge so viel als möglich beyzubehalten/ sich angelegen seyn lässet. 13. Hiernächst kan auch deswegen das Ver- erlan-
Das 11. H. von dem Geld-Geitz/ Begierde auf was fuͤr eine Sache es wolle/ fal-len/ ſo werden wir befinden/ daß/ ſo hitzig/ als wir darauf ſeyn/ wann ſelbige anzuſchaffen und einzukauffen/ ſo laulicht werden wir/ wann wir ſolche etliche Tage gehabt haben/ biß ſich endlich auch dieſe Lauligkeit in eine Kaltſinnigkeit verwandelt. Wann wir z. e. mit groſſer Be- gierde wohl perfumirte Handſchuh gekaufft ha- ben/ riechen wir etliche Tage immer daran/ her- nach achten wir ſolches nicht mehr/ wenn wir des Geruchs gewohnt ſind/ ob ſchon andere Fremde ein groſſes Belieben tragen daran zu riechen/ und ſelbige des lieblichen Geruchs wegen zu loben. Wir ſind in dieſem Stuͤck faſt wie die Kinder/ die ihren Puppen/ die ſie zwey Tage mit zu Bette genommen/ den dritten Tag den Kopff abreiſſen. Jedoch iſt der Eckel eines Geitzigen von dem Eckel eines Wohlluͤſtigen und Ehr-Geitzi- gen darinnen entſchieden/ daß dieſe die belu- ſtigende und vergnuͤgende Sache uͤber die ſie ei- nen Eckel haben/ gerne bey ihrer Veraͤnderung quittiren/ und gegen eine andere fahren laſſen/ da hingegen ein Geld-Geitziger alle die Dinge/ die er einmal ſich eigenthuͤmlich erhalten hat/ ob er ſchon keine Freude mehr daran findet/ dennoch bey Erwerbung anderer neuen Dinge ſo viel als moͤglich beyzubehalten/ ſich angelegen ſeyn laͤſſet. 13. Hiernaͤchſt kan auch deswegen das Ver- erlan-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0280" n="268"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das 11. H. von dem Geld-Geitz/</hi></fw><lb/> Begierde auf was fuͤr eine Sache es wolle/ fal-<lb/> len/ ſo werden wir befinden/ daß/ ſo hitzig/ als<lb/> wir darauf ſeyn/ wann ſelbige anzuſchaffen und<lb/> einzukauffen/ ſo laulicht werden wir/ wann wir<lb/> ſolche etliche Tage gehabt haben/ biß ſich<lb/> endlich auch dieſe Lauligkeit in eine Kaltſinnigkeit<lb/> verwandelt. Wann wir z. e. mit groſſer Be-<lb/> gierde wohl <hi rendition="#aq">perfumir</hi>te Handſchuh gekaufft ha-<lb/> ben/ riechen wir etliche Tage immer daran/ her-<lb/> nach achten wir ſolches nicht mehr/ wenn wir des<lb/> Geruchs gewohnt ſind/ ob ſchon andere Fremde<lb/> ein groſſes Belieben tragen daran zu riechen/ und<lb/> ſelbige des lieblichen Geruchs wegen zu loben.<lb/> Wir ſind in dieſem Stuͤck faſt wie die Kinder/ die<lb/> ihren Puppen/ die ſie zwey Tage mit zu Bette<lb/> genommen/ den dritten Tag den Kopff <choice><sic>abreifſen</sic><corr>abreiſſen</corr></choice>.<lb/> Jedoch iſt <hi rendition="#fr">der Eckel eines Geitzigen von dem<lb/> Eckel eines Wohlluͤſtigen und Ehr-Geitzi-<lb/> gen darinnen entſchieden/</hi> daß dieſe die belu-<lb/> ſtigende und vergnuͤgende Sache uͤber die ſie ei-<lb/> nen Eckel haben/ gerne bey ihrer Veraͤnderung<lb/><hi rendition="#aq">quittir</hi>en/ und gegen eine andere fahren laſſen/<lb/> da hingegen ein Geld-Geitziger alle die Dinge/ die<lb/> er einmal ſich eigenthuͤmlich erhalten hat/ ob er<lb/> ſchon keine Freude mehr daran findet/ dennoch<lb/> bey Erwerbung anderer neuen Dinge ſo viel als<lb/> moͤglich beyzubehalten/ ſich angelegen ſeyn<lb/> laͤſſet.</p><lb/> <p>13. Hiernaͤchſt kan auch deswegen das Ver-<lb/> langen eines Geitzigen die begehrte Ruhe nicht<lb/> <fw place="bottom" type="catch">erlan-</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [268/0280]
Das 11. H. von dem Geld-Geitz/
Begierde auf was fuͤr eine Sache es wolle/ fal-
len/ ſo werden wir befinden/ daß/ ſo hitzig/ als
wir darauf ſeyn/ wann ſelbige anzuſchaffen und
einzukauffen/ ſo laulicht werden wir/ wann wir
ſolche etliche Tage gehabt haben/ biß ſich
endlich auch dieſe Lauligkeit in eine Kaltſinnigkeit
verwandelt. Wann wir z. e. mit groſſer Be-
gierde wohl perfumirte Handſchuh gekaufft ha-
ben/ riechen wir etliche Tage immer daran/ her-
nach achten wir ſolches nicht mehr/ wenn wir des
Geruchs gewohnt ſind/ ob ſchon andere Fremde
ein groſſes Belieben tragen daran zu riechen/ und
ſelbige des lieblichen Geruchs wegen zu loben.
Wir ſind in dieſem Stuͤck faſt wie die Kinder/ die
ihren Puppen/ die ſie zwey Tage mit zu Bette
genommen/ den dritten Tag den Kopff abreiſſen.
Jedoch iſt der Eckel eines Geitzigen von dem
Eckel eines Wohlluͤſtigen und Ehr-Geitzi-
gen darinnen entſchieden/ daß dieſe die belu-
ſtigende und vergnuͤgende Sache uͤber die ſie ei-
nen Eckel haben/ gerne bey ihrer Veraͤnderung
quittiren/ und gegen eine andere fahren laſſen/
da hingegen ein Geld-Geitziger alle die Dinge/ die
er einmal ſich eigenthuͤmlich erhalten hat/ ob er
ſchon keine Freude mehr daran findet/ dennoch
bey Erwerbung anderer neuen Dinge ſo viel als
moͤglich beyzubehalten/ ſich angelegen ſeyn
laͤſſet.
13. Hiernaͤchſt kan auch deswegen das Ver-
langen eines Geitzigen die begehrte Ruhe nicht
erlan-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |