Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.und denen daher rührenden Tugenden. 35. Der Wohllust ist der Geld-Geitz noch mehr T 5
und denen daher ruͤhrenden Tugenden. 35. Der Wohlluſt iſt der Geld-Geitz noch mehr T 5
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und denen daher ruͤhrenden Tugenden.
35. Der Wohlluſt iſt der Geld-Geitz noch
mehr entgegen geſetzt/ als die Tugend und der
Ehr-Geitz. Denn erſtlich iſt die Wohlluſt ver-
ſoffen/ fraͤßig und geil. Ein Tugendhaffter
iſt zwar nuͤchtern/ maͤßig und keuſch/ aber er
iſſet doch ſeinen Biſſen in Freude/ und trincket
mit Vergnuͤgen zu Erqvickung ſeines Leibes. Und
geſetzt/ er haͤtte eben kein Belieben zum Ehſtan-
de/ ſo iſt er doch kein Feind des weiblichen Ge-
ſchlechts/ und erweiſet demſelben nach Gele-
genheit aufrichtige Freundſchafft: Ein Ehr-Gei-
tziger gehet zwar weiter/ er ſtrapuziret ſich/ er
bricht ſich Eſſen und Trincken ab/ ſeinem Ehr-
Geitz gnug zu thun/ aber er iſt doch auch zuwei-
len froͤlich/ er haͤlt zwar die Geilheit des Wohl-
luͤſtigen fuͤr ſchaͤndlich/ und insgemein den Ehe-
ſtand fuͤr ſchaͤdlich und hinderlich/ aber er iſt
doch einer Ehr-ſuͤchtigen Liebe faͤhig. Hinge-
gen ein Geitziger iſſet ſich nicht ſatt/ er na-
get die Knochen wie ein Hund/ ſeine Me-
lancolie laͤſſet ihm nicht zu/ daß er einen Trunck
recht mit Freuden thaͤte. Die Menſchen uͤber-
haupt liebet er nicht/ aber das Weibes-Volck
haſſet er/ weil er ſich befuͤrchtet/ entweder/
daß ſie ihn mit ihrer Liebe von der Liebe anderer
Creaturen abziehen/ oder ihn um ſein Gut und
Geld bringen moͤchten. Und weil ihm ein Hund
und ander Vieh lieber iſt/ als ein Menſche/ ſo
kanſt du auch leicht ermeſſen/ daß ein Geitziger
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