Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.des allgemeineinen Unglücks. sehr erläutert/ als ein böses denselben verfinstert/wie wir zu seiner Zeit weisen wollen. Wie wohl/ als wir anderswo schon gelehret/ viel accurater vorgegeben wird/ daß die Vernunfft/ das ist/ der durch den guten Willen erläuterte Verstand das unvernünfftige/ das ist/ den durch den bö- sen Willen verderbeten Verstand beherrschen sol- le/ als daß man den Verstand als einen König des Willens/ oder den Willen als einen König des Verstandes vorstellen will. 31. So last uns dannenhero nunmehr in dem Zu- B 2
des allgemeineinen Ungluͤcks. ſehr erlaͤutert/ als ein boͤſes denſelben verfinſtert/wie wir zu ſeiner Zeit weiſen wollen. Wie wohl/ als wir anderswo ſchon gelehret/ viel accurater vorgegeben wird/ daß die Vernunfft/ das iſt/ der durch den guten Willen erlaͤuterte Verſtand das unvernuͤnfftige/ das iſt/ den durch den boͤ- ſen Willen verderbeten Verſtand beherrſchen ſol- le/ als daß man den Verſtand als einen Koͤnig des Willens/ oder den Willen als einen Koͤnig des Verſtandes vorſtellen will. 31. So laſt uns dannenhero nunmehr in dem Zu- B 2
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des allgemeineinen Ungluͤcks.
ſehr erlaͤutert/ als ein boͤſes denſelben verfinſtert/
wie wir zu ſeiner Zeit weiſen wollen. Wie wohl/
als wir anderswo ſchon gelehret/ viel accurater
vorgegeben wird/ daß die Vernunfft/ das iſt/ der
durch den guten Willen erlaͤuterte Verſtand
das unvernuͤnfftige/ das iſt/ den durch den boͤ-
ſen Willen verderbeten Verſtand beherrſchen ſol-
le/ als daß man den Verſtand als einen Koͤnig des
Willens/ oder den Willen als einen Koͤnig des
Verſtandes vorſtellen will.
31. So laſt uns dannenhero nunmehr in dem
Willen des Menſchen ſo zu ſagen den Urſprung
aller Jrrthuͤmer und alles Elendes auff ſuchen.
Wir werden es auff die allereinfaͤltigſte Weiſe
am erſten finden/ weil alle Warheit einfaͤltig iſt.
Die groͤſte Gluͤckſeeligkeit iſt die Gemuͤths-Ruhe/
und die Mutter und Tochter derſelben iſt die ver-
nuͤnfftige Liebe. Gluͤck und Ungluͤck/ Wohlſeyn
und Elend ſind einander entgegen geſetzt/ ſo muͤſ-
ſen auch ihre Weſen und Urſachen einander ent-
gegen geſetzet ſeyn. Wolten wir nun gleich
vorgeben/ daß das allgemeine Ungluͤck in dem
Mangel der Ruhe/ und der Brunqvell deſſel-
ben in dem Mangel vernuͤnfftiger Liebe be-
ſtehe/ wuͤrden wir zwar der Warheit ziemlich
nahe kommen/ aber doch noch zu wenig geſaget
haben. Aller Mangel beſtehet in einer Entle-
digung: Dieſe Entledigung aber deutet wohl
eine Beraubung des Gluͤcks/ aber deswegen
noch kein Ungluͤck oder Elend/ ſondern nur einen
Zu-
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