Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.des allgemeinen Unglücks. schenckt/ als wenn man uns täglich 1. Thlr. ver-ehrt; Wenn man uns per saltum befördert/ als wenn wir durch die gewöhnlichen Staffeln zu Ehren kommen. Ein gemacht Gedächtnüs/ ein frühzeitiger Verstand wird für was sonder- lich gutes gepriesen; Ja die Tugend selbst wird nicht für Tugend gehalten/ wenn wir nicht em- pfindliche Veränderung bey einem Menschen ge- wahr werden. 47. Das Vorurtheil der Nachahmung 48. Daß durch dieses Vorurtheil der men- men/ B 6
des allgemeinen Ungluͤcks. ſchenckt/ als wenn man uns taͤglich 1. Thlr. ver-ehrt; Wenn man uns per ſaltum befoͤrdert/ als wenn wir durch die gewoͤhnlichen Staffeln zu Ehren kommen. Ein gemacht Gedaͤchtnuͤs/ ein fruͤhzeitiger Verſtand wird fuͤr was ſonder- lich gutes geprieſen; Ja die Tugend ſelbſt wird nicht fuͤr Tugend gehalten/ wenn wir nicht em- pfindliche Veraͤnderung bey einem Menſchen ge- wahr werden. 47. Das Vorurtheil der Nachahmung 48. Daß durch dieſes Vorurtheil der men- men/ B 6
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des allgemeinen Ungluͤcks.
ſchenckt/ als wenn man uns taͤglich 1. Thlr. ver-
ehrt; Wenn man uns per ſaltum befoͤrdert/
als wenn wir durch die gewoͤhnlichen Staffeln
zu Ehren kommen. Ein gemacht Gedaͤchtnuͤs/
ein fruͤhzeitiger Verſtand wird fuͤr was ſonder-
lich gutes geprieſen; Ja die Tugend ſelbſt wird
nicht fuͤr Tugend gehalten/ wenn wir nicht em-
pfindliche Veraͤnderung bey einem Menſchen ge-
wahr werden.
47. Das Vorurtheil der Nachahmung
verleitet den menſchlichen Willen dahin/ daß Er
begierig iſt diejenigen Dinge zu erlangen/ und
den Verſtand mit ſich hinziehet/ daß Er Sie fuͤr
was gutes halte/ welche er ſiehet/ daß andere die
Er liebet/ und hochhaͤlt/ darnach als nach
was gutes trachten/ und die Dinge/ die von
Jhnen verachtet und fuͤr was boͤſes haͤlt/ auch fuͤr
denenſelben einen Eckel und Abſcheu hat/ ob er
ſchon dieſelbigen noch nicht verſucht und ge-
pruͤffet/ oder wenn Er ſeinen Verſtand nur ein
wenig recht gebrauchen wolte/ gar bald begreif-
fen wuͤrde/ daß jene oͤffters boͤſe/ dieſe aber gut
waͤren.
48. Daß durch dieſes Vorurtheil der men-
ſchliche Wille/ und durch Jhn der Verſtand
groͤblich betrogen werde/ daß Er wo nicht al-
lezeit das gute fuͤr das boͤſe/ und das boͤſe fuͤr das
gute ergreiffe/ dennoch zum wenigſten in Gefahr
ſtehe/ mehrentheils ſich mit nicht geringen Scha-
den zuvergreiffen/ iſt daraus leichtlich abzuneh-
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