Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.Das 13. H. Von denen Kennzeichen fähig andern Leuten zu dienen/ so wird doch die-ses wenig wider unsere Lehre thun. Allzu viele Praeparation kan eher ungeschickt als geschickt machen. Was hilfft es/ wenn ich ein Messer et- liche Stunden lang schleiffe? Jch schleiffe die Schärffe mit weg/ und bleibet endlich gar nichts dran. Ein wenig geschlieffen und eine zeitlang geschnitten/ und hernach wieder geschlieffen/ so erfordern es die Regeln der Klugheit. Ja das ist desto schlimmer für solche Müßiggänger/ daß sie dem Menschlichen Geschlecht dienen können/ und darzu geschickt genung seyn/ und thun es doch nicht. Was woltestu von einem sagen der Tag für Tag in dem Schachspiel sich übete/ und nichts nützliches fürnehmen wolte/ sondern sich damit zu entschuldigen suchte/ er schärffe täg- lich sein Judicium damit/ und lernete doch gleich- wohl denen die mit ihm spielten/ wie sie ihr Judi- cium gleichfals schärffen solten. Denn wenn diese Kerl ihr Judicium in Ewigkeit schärffen/ so bleiben es doch Müßiggänger/ und die Conver- sation eines solchen Mannes macht nur Müßig- gänger/ eben wie die Conversation solcher ge- lehrter Leute/ die ihr Pfund vergraben/ und bloß zu ihrer Lust studieren. 29. Derowegen wird man sich nicht oder net/
Das 13. H. Von denen Kennzeichen faͤhig andern Leuten zu dienen/ ſo wird doch die-ſes wenig wider unſere Lehre thun. Allzu viele Præparation kan eher ungeſchickt als geſchickt machen. Was hilfft es/ wenn ich ein Meſſer et- liche Stunden lang ſchleiffe? Jch ſchleiffe die Schaͤrffe mit weg/ und bleibet endlich gar nichts dran. Ein wenig geſchlieffen und eine zeitlang geſchnitten/ und hernach wieder geſchlieffen/ ſo erfordern es die Regeln der Klugheit. Ja das iſt deſto ſchlimmer fuͤr ſolche Muͤßiggaͤnger/ daß ſie dem Menſchlichen Geſchlecht dienen koͤnnen/ und darzu geſchickt genung ſeyn/ und thun es doch nicht. Was wolteſtu von einem ſagen der Tag fuͤr Tag in dem Schachſpiel ſich uͤbete/ und nichts nuͤtzliches fuͤrnehmen wolte/ ſondern ſich damit zu entſchuldigen ſuchte/ er ſchaͤrffe taͤg- lich ſein Judicium damit/ und lernete doch gleich- wohl denen die mit ihm ſpielten/ wie ſie ihr Judi- cium gleichfals ſchaͤrffen ſolten. Denn wenn dieſe Kerl ihr Judicium in Ewigkeit ſchaͤrffen/ ſo bleiben es doch Muͤßiggaͤnger/ und die Conver- ſation eines ſolchen Mannes macht nur Muͤßig- gaͤnger/ eben wie die Converſation ſolcher ge- lehrter Leute/ die ihr Pfund vergraben/ und bloß zu ihrer Luſt ſtudieren. 29. Derowegen wird man ſich nicht oder net/
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Das 13. H. Von denen Kennzeichen
faͤhig andern Leuten zu dienen/ ſo wird doch die-
ſes wenig wider unſere Lehre thun. Allzu viele
Præparation kan eher ungeſchickt als geſchickt
machen. Was hilfft es/ wenn ich ein Meſſer et-
liche Stunden lang ſchleiffe? Jch ſchleiffe die
Schaͤrffe mit weg/ und bleibet endlich gar nichts
dran. Ein wenig geſchlieffen und eine zeitlang
geſchnitten/ und hernach wieder geſchlieffen/ ſo
erfordern es die Regeln der Klugheit. Ja das
iſt deſto ſchlimmer fuͤr ſolche Muͤßiggaͤnger/ daß
ſie dem Menſchlichen Geſchlecht dienen koͤnnen/
und darzu geſchickt genung ſeyn/ und thun es
doch nicht. Was wolteſtu von einem ſagen der
Tag fuͤr Tag in dem Schachſpiel ſich uͤbete/
und nichts nuͤtzliches fuͤrnehmen wolte/ ſondern
ſich damit zu entſchuldigen ſuchte/ er ſchaͤrffe taͤg-
lich ſein Judicium damit/ und lernete doch gleich-
wohl denen die mit ihm ſpielten/ wie ſie ihr Judi-
cium gleichfals ſchaͤrffen ſolten. Denn wenn
dieſe Kerl ihr Judicium in Ewigkeit ſchaͤrffen/ ſo
bleiben es doch Muͤßiggaͤnger/ und die Conver-
ſation eines ſolchen Mannes macht nur Muͤßig-
gaͤnger/ eben wie die Converſation ſolcher ge-
lehrter Leute/ die ihr Pfund vergraben/ und bloß
zu ihrer Luſt ſtudieren.
29. Derowegen wird man ſich nicht oder
ſelten truͤgen/ wenn man aus ſolcher Leuthe ſtu-
diren von dieſer Art/ ihre Wohlluſt kennen ler-
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