Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.Das 15. H. von der Unzulängligkeit fenbar beweisen könne/ wie auf denen Evange-lischen Universitaeten von beyderley Religion insgemein/ (und ohne Reflexion, was etwa ein und anderer Warheit-liebender Mann von bey- den Theilen wegen dieses Verfalls allbereit an- gemercket/) in der Sitten-Lehre solche Princi- pia denen Studirenden beygebracht werden/ durch welche in denen Hertzen derselben/ wo nicht ein grobes doch ein subtiles Pabstthum von der Zulängligkeit der natürlichen Kräffte zu einem tugendhafften Leben zu gelangen/ einwurtzele/ welches der natürliche und scharff- sinnige Hochmuth derer Spitzfindigen hernach zu nichts anders gebrauchet/ als daß er sich und seine Lehren mit vielen ausgekünstelten Erkläh- rungen zu beschönen/ hingegentheil aber andere zu verketzern und zu verdammen suchet. Daher kommts/ daß man zwar allenthalben wider den Spinosismum, Stoicismum und Pelagianismum schreibet/ und disputiret/ und einander weidlich verketzert/ auch aus einer Mücken in anderen Meinungen einen Elephanten machet/ aber selbst des Balckens in dem eigenen Auge nicht gewahr wird. 4. Damit nun ein jeder deutlich begreiffen der
Das 15. H. von der Unzulaͤngligkeit fenbar beweiſen koͤnne/ wie auf denen Evange-liſchen Univerſitæten von beyderley Religion insgemein/ (und ohne Reflexion, was etwa ein und anderer Warheit-liebender Mann von bey- den Theilen wegen dieſes Verfalls allbereit an- gemercket/) in der Sitten-Lehre ſolche Princi- pia denen Studirenden beygebracht werden/ durch welche in denen Hertzen derſelben/ wo nicht ein grobes doch ein ſubtiles Pabſtthum von der Zulaͤngligkeit der natuͤrlichen Kraͤffte zu einem tugendhafften Leben zu gelangen/ einwurtzele/ welches der natuͤrliche und ſcharff- ſinnige Hochmuth derer Spitzfindigen hernach zu nichts anders gebrauchet/ als daß er ſich und ſeine Lehren mit vielen ausgekuͤnſtelten Erklaͤh- rungen zu beſchoͤnen/ hingegentheil aber andere zu verketzern und zu verdammen ſuchet. Daher kommts/ daß man zwar allenthalben wider den Spinoſiſmum, Stoiciſmum und Pelagianiſmum ſchreibet/ und diſputiret/ und einander weidlich verketzert/ auch aus einer Muͤcken in anderen Meinungen einen Elephanten machet/ aber ſelbſt des Balckens in dem eigenen Auge nicht gewahr wird. 4. Damit nun ein jeder deutlich begreiffen der
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Das 15. H. von der Unzulaͤngligkeit
fenbar beweiſen koͤnne/ wie auf denen Evange-
liſchen Univerſitæten von beyderley Religion
insgemein/ (und ohne Reflexion, was etwa ein
und anderer Warheit-liebender Mann von bey-
den Theilen wegen dieſes Verfalls allbereit an-
gemercket/) in der Sitten-Lehre ſolche Princi-
pia denen Studirenden beygebracht werden/
durch welche in denen Hertzen derſelben/ wo nicht
ein grobes doch ein ſubtiles Pabſtthum von
der Zulaͤngligkeit der natuͤrlichen Kraͤffte zu
einem tugendhafften Leben zu gelangen/
einwurtzele/ welches der natuͤrliche und ſcharff-
ſinnige Hochmuth derer Spitzfindigen hernach
zu nichts anders gebrauchet/ als daß er ſich und
ſeine Lehren mit vielen ausgekuͤnſtelten Erklaͤh-
rungen zu beſchoͤnen/ hingegentheil aber andere
zu verketzern und zu verdammen ſuchet. Daher
kommts/ daß man zwar allenthalben wider den
Spinoſiſmum, Stoiciſmum und Pelagianiſmum
ſchreibet/ und diſputiret/ und einander weidlich
verketzert/ auch aus einer Muͤcken in anderen
Meinungen einen Elephanten machet/ aber ſelbſt
des Balckens in dem eigenen Auge nicht gewahr
wird.
4. Damit nun ein jeder deutlich begreiffen
moͤge/ daß ich denen Academiſchen Lehren nicht
unrecht thue/ ſo behaupte ich meinen Satz fol-
gender Geſtalt: Man treibet auf Univerſitæten
die Sitten-Lehre/ entweder nach Carteſii oder
der
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