Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.Beschluß. der Vollkommenheit bey wenig zu findenseyn/ weil so wenig/ von denen falschen Lehrern verführt/ und von eigenen Lüsten gereitzet/ dar- nach streben. Er wird erkennen/ daß die Voll- kommenheit der Christen darinnen bestehe/ daß durch den in uns wirckenden Geist Christi/ der Funcke vernünfftiger Liebe in die Höhe über die drey Lasterhafften Affecten gehoben werde/ und dieselben immer mehr und mehr unterdrücke/ und beherrsche/ aber weil sie von unserm Wesen selbst herrühren so lange wir mit dem Lei- be dieses Todes umbgeben sind/ nicht gantz aus- rotte/ sondern nur ihre herrschende Krafft beneh- me/ bis endlich dermahleins in einem andern Le- ben/ Glaube Liebe und Hoffnung durch die wir hier kämpffen/ auffhören/ und auch der Saame aller bösen Begierden mit Entnehmung des Fleisches und Gebung eines verklährten Leibes weggenommen/ und also die Liebe alleine übrig bleiben wird. Ja er wird durch Gottes Gnade noch mehr sehen: Wie unterschieden nem- lich Gottes Wege sind in ordentlicher Be- kehrung der Menschen/ nach Unterscheid ih- rer unterschiedenen temperamenten/ und wie nach der Bekehrung auch unterschiedenes äußerliches Ansehen der Gläubigen ist/ und wie sich immer einer mehr für dieser Versu- chung/ ein ander für jener zu hüten hat. Wel- ches er dann theils darzu brauchen wird/ daß er in andre nicht so fort ein Mißtrauen fetze/ wenn gleich M m 2
Beſchluß. der Vollkommenheit bey wenig zu findenſeyn/ weil ſo wenig/ von denen falſchen Lehrern verfuͤhrt/ und von eigenen Luͤſten gereitzet/ dar- nach ſtreben. Er wird erkennen/ daß die Voll- kommenheit der Chriſten darinnen beſtehe/ daß durch den in uns wirckenden Geiſt Chriſti/ der Funcke vernuͤnfftiger Liebe in die Hoͤhe uͤber die drey Laſterhafften Affecten gehoben werde/ und dieſelben immer mehr und mehr unterdruͤcke/ und beherrſche/ aber weil ſie von unſerm Weſen ſelbſt herruͤhren ſo lange wir mit dem Lei- be dieſes Todes umbgeben ſind/ nicht gantz aus- rotte/ ſondern nur ihre herrſchende Krafft beneh- me/ bis endlich dermahleins in einem andern Le- ben/ Glaube Liebe und Hoffnung durch die wir hier kaͤmpffen/ auffhoͤren/ und auch der Saame aller boͤſen Begierden mit Entnehmung des Fleiſches und Gebung eines verklaͤhrten Leibes weggenommen/ und alſo die Liebe alleine uͤbrig bleiben wird. Ja er wird durch Gottes Gnade noch mehr ſehen: Wie unterſchieden nem- lich Gottes Wege ſind in ordentlicher Be- kehrung der Menſchen/ nach Unterſcheid ih- rer unterſchiedenen temperamenten/ und wie nach der Bekehrung auch unterſchiedenes aͤußerliches Anſehen der Glaͤubigen iſt/ und wie ſich immer einer mehr fuͤr dieſer Verſu- chung/ ein ander fuͤr jener zu huͤten hat. Wel- ches er dann theils darzu brauchen wird/ daß er in andre nicht ſo fort ein Mißtrauen fetze/ wenn gleich M m 2
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Beſchluß.
der Vollkommenheit bey wenig zu finden
ſeyn/ weil ſo wenig/ von denen falſchen Lehrern
verfuͤhrt/ und von eigenen Luͤſten gereitzet/ dar-
nach ſtreben. Er wird erkennen/ daß die Voll-
kommenheit der Chriſten darinnen beſtehe/
daß durch den in uns wirckenden Geiſt Chriſti/
der Funcke vernuͤnfftiger Liebe in die Hoͤhe uͤber
die drey Laſterhafften Affecten gehoben werde/
und dieſelben immer mehr und mehr unterdruͤcke/
und beherrſche/ aber weil ſie von unſerm
Weſen ſelbſt herruͤhren ſo lange wir mit dem Lei-
be dieſes Todes umbgeben ſind/ nicht gantz aus-
rotte/ ſondern nur ihre herrſchende Krafft beneh-
me/ bis endlich dermahleins in einem andern Le-
ben/ Glaube Liebe und Hoffnung durch die wir
hier kaͤmpffen/ auffhoͤren/ und auch der Saame
aller boͤſen Begierden mit Entnehmung des
Fleiſches und Gebung eines verklaͤhrten Leibes
weggenommen/ und alſo die Liebe alleine uͤbrig
bleiben wird. Ja er wird durch Gottes Gnade
noch mehr ſehen: Wie unterſchieden nem-
lich Gottes Wege ſind in ordentlicher Be-
kehrung der Menſchen/ nach Unterſcheid ih-
rer unterſchiedenen temperamenten/ und wie
nach der Bekehrung auch unterſchiedenes
aͤußerliches Anſehen der Glaͤubigen iſt/ und
wie ſich immer einer mehr fuͤr dieſer Verſu-
chung/ ein ander fuͤr jener zu huͤten hat. Wel-
ches er dann theils darzu brauchen wird/ daß er in
andre nicht ſo fort ein Mißtrauen fetze/ wenn
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