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Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.

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eigentlich beschrieben werden müssen.

15. Die Leidenschafft des Verstandes ist
die sinnliche Empfindung; Sein Thun heißt
die innerliche Nachdenckung und Raisonirung.
Die Leidenschafft des Willens heißt Nei-
gung/
die Thätligkeit/ Wahl und Willkühr/
oder der willkührliche Trieb.

16. Ohne die vorhergehenden Leiden-
schafften sind die Thätligkeiten der Seelen
nichts würckliches.
Denn wer kan etwas nach-
dencken/ das er nicht zuvorhero sinnlicher Weise
empfunden; und wer kan etwas erwehlen/ wenn
er gar keine Neigung dazu bey sich gespühret.

17. Jedoch ist der Verstand und Wille en-
ge mit einander verknüpfft/
daß immer eines
das andere treibet. Dem Verstand/ wenn ihm
was in die Sinnen fällt/ hilfft der Wille/ daß er
sich zu einer Nachdenckung bequemet/ oder der-
selben zu entgehen bemühet ist. Und wenn der
Wille zu etwas geneiget wird/ hilfft ihm der Ver-
stand dasselbe/ und die Mittel und Wege darzu
betrachten.

18. So wenig aber als bey dem Zucker die
Vereinigung des süssen Geschmacks und der
weißen Farbe macht/ daß das weiße und süsse ei-
nerley ist; So wenig kan auch die Vereinigung
des Verstandes und Willens in der Seele des
Menschen verursachen/ daß Verstand und
Wille einerley sey.
Weßwegen Cartesius aber-
mahl verstossen/ wenn er gesagt: Daß dieses ei-
ne Leidenschafft des Willens sey/ wenn die

Seele
eigentlich beſchrieben werden muͤſſen.

15. Die Leidenſchafft des Verſtandes iſt
die ſinnliche Empfindung; Sein Thun heißt
die innerliche Nachdenckung und Raiſonirung.
Die Leidenſchafft des Willens heißt Nei-
gung/
die Thaͤtligkeit/ Wahl und Willkuͤhr/
oder der willkuͤhrliche Trieb.

16. Ohne die vorhergehenden Leiden-
ſchafften ſind die Thaͤtligkeiten der Seelen
nichts wuͤrckliches.
Denn wer kan etwas nach-
dencken/ das er nicht zuvorhero ſinnlicher Weiſe
empfunden; und wer kan etwas erwehlen/ wenn
er gar keine Neigung dazu bey ſich geſpuͤhret.

17. Jedoch iſt der Verſtand und Wille en-
ge mit einander verknuͤpfft/
daß immer eines
das andere treibet. Dem Verſtand/ wenn ihm
was in die Sinnen faͤllt/ hilfft der Wille/ daß er
ſich zu einer Nachdenckung bequemet/ oder der-
ſelben zu entgehen bemuͤhet iſt. Und wenn der
Wille zu etwas geneiget wird/ hilfft ihm der Ver-
ſtand daſſelbe/ und die Mittel und Wege darzu
betrachten.

18. So wenig aber als bey dem Zucker die
Vereinigung des ſuͤſſen Geſchmacks und der
weißen Farbe macht/ daß das weiße und ſuͤſſe ei-
nerley iſt; So wenig kan auch die Vereinigung
des Verſtandes und Willens in der Seele des
Menſchen verurſachen/ daß Verſtand und
Wille einerley ſey.
Weßwegen Carteſius aber-
mahl verſtoſſen/ wenn er geſagt: Daß dieſes ei-
ne Leidenſchafft des Willens ſey/ wenn die

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[79/0091] eigentlich beſchrieben werden muͤſſen. 15. Die Leidenſchafft des Verſtandes iſt die ſinnliche Empfindung; Sein Thun heißt die innerliche Nachdenckung und Raiſonirung. Die Leidenſchafft des Willens heißt Nei- gung/ die Thaͤtligkeit/ Wahl und Willkuͤhr/ oder der willkuͤhrliche Trieb. 16. Ohne die vorhergehenden Leiden- ſchafften ſind die Thaͤtligkeiten der Seelen nichts wuͤrckliches. Denn wer kan etwas nach- dencken/ das er nicht zuvorhero ſinnlicher Weiſe empfunden; und wer kan etwas erwehlen/ wenn er gar keine Neigung dazu bey ſich geſpuͤhret. 17. Jedoch iſt der Verſtand und Wille en- ge mit einander verknuͤpfft/ daß immer eines das andere treibet. Dem Verſtand/ wenn ihm was in die Sinnen faͤllt/ hilfft der Wille/ daß er ſich zu einer Nachdenckung bequemet/ oder der- ſelben zu entgehen bemuͤhet iſt. Und wenn der Wille zu etwas geneiget wird/ hilfft ihm der Ver- ſtand daſſelbe/ und die Mittel und Wege darzu betrachten. 18. So wenig aber als bey dem Zucker die Vereinigung des ſuͤſſen Geſchmacks und der weißen Farbe macht/ daß das weiße und ſuͤſſe ei- nerley iſt; So wenig kan auch die Vereinigung des Verſtandes und Willens in der Seele des Menſchen verurſachen/ daß Verſtand und Wille einerley ſey. Weßwegen Carteſius aber- mahl verſtoſſen/ wenn er geſagt: Daß dieſes ei- ne Leidenſchafft des Willens ſey/ wenn die Seele

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/91>, abgerufen am 21.11.2024.