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Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691].

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Das 2. H. von der Geschickligkeit
nen so penetranten Verstand und judicium
haben/ denselben nicht auch so wohl assequiren
können.

41. Was die Zierligkeit der Schreibart
betrifft/ scheinet es/ daß man das Amt eines
Philosophi und Redners gemeiniglich mit
einander zu vermischen pflege. Ein Redner
der sich vorgenommen hat/ die Meinungen
der Menschen nach seinen eigenen Vorhaben/
und nicht nach der Warheit zu lencken/ und sie
was er will zu bereden/ muß freylich die affe-
cten
mit zierlichen/ verblümten und ungemei-
nen Redensarten rühren. Aber ein Philoso-
phus
braucht bey darstellung der Warheit/ die
am schönsten ist wenn sie nackend ist/ keine sol-
che Schmincke: Und Socrates trägt dieselbe
durch die allergemeinste Gleichnisse und exem-
pel
vor.

42. Wiewohl hieran die Leser und Lehr-
linge
auch selbsten schuld seyn. Es ist ein alt
Sprichwort: Mundus vult decipi. Sie wol-
len die Warheit nicht in sich selbst begreiffen/
sondern von andern beredet/ und folglich auch
betrogen seyn. So müssen sich denn wohl die
Scribenten in diese Weise schicken/ und die zur
Betriegerey gehörigen Mittel gebrauchen.

43. U-

Das 2. H. von der Geſchickligkeit
nen ſo penetranten Verſtand und judicium
haben/ denſelben nicht auch ſo wohl aſſequiren
koͤnnen.

41. Was die Zierligkeit der Schreibart
betrifft/ ſcheinet es/ daß man das Amt eines
Philoſophi und Redners gemeiniglich mit
einander zu vermiſchen pflege. Ein Redner
der ſich vorgenommen hat/ die Meinungen
der Menſchen nach ſeinen eigenen Vorhaben/
und nicht nach der Warheit zu lencken/ und ſie
was er will zu bereden/ muß freylich die affe-
cten
mit zierlichen/ verbluͤmten und ungemei-
nen Redensarten ruͤhren. Aber ein Philoſo-
phus
braucht bey darſtellung der Warheit/ die
am ſchoͤnſten iſt wenn ſie nackend iſt/ keine ſol-
che Schmincke: Und Socrates traͤgt dieſelbe
durch die allergemeinſte Gleichniſſe und exem-
pel
vor.

42. Wiewohl hieran die Leſer und Lehr-
linge
auch ſelbſten ſchuld ſeyn. Es iſt ein alt
Sprichwort: Mundus vult decipi. Sie wol-
len die Warheit nicht in ſich ſelbſt begreiffen/
ſondern von andern beredet/ und folglich auch
betrogen ſeyn. So muͤſſen ſich denn wohl die
Scribenten in dieſe Weiſe ſchicken/ und die zur
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43. U-
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[92/0118] Das 2. H. von der Geſchickligkeit nen ſo penetranten Verſtand und judicium haben/ denſelben nicht auch ſo wohl aſſequiren koͤnnen. 41. Was die Zierligkeit der Schreibart betrifft/ ſcheinet es/ daß man das Amt eines Philoſophi und Redners gemeiniglich mit einander zu vermiſchen pflege. Ein Redner der ſich vorgenommen hat/ die Meinungen der Menſchen nach ſeinen eigenen Vorhaben/ und nicht nach der Warheit zu lencken/ und ſie was er will zu bereden/ muß freylich die affe- cten mit zierlichen/ verbluͤmten und ungemei- nen Redensarten ruͤhren. Aber ein Philoſo- phus braucht bey darſtellung der Warheit/ die am ſchoͤnſten iſt wenn ſie nackend iſt/ keine ſol- che Schmincke: Und Socrates traͤgt dieſelbe durch die allergemeinſte Gleichniſſe und exem- pel vor. 42. Wiewohl hieran die Leſer und Lehr- linge auch ſelbſten ſchuld ſeyn. Es iſt ein alt Sprichwort: Mundus vult decipi. Sie wol- len die Warheit nicht in ſich ſelbſt begreiffen/ ſondern von andern beredet/ und folglich auch betrogen ſeyn. So muͤſſen ſich denn wohl die Scribenten in dieſe Weiſe ſchicken/ und die zur Betriegerey gehoͤrigen Mittel gebrauchen. 43. U-

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691], S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691/118>, abgerufen am 21.11.2024.