Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691].

Bild:
<< vorherige Seite

Das 3. H. von der Geschickligkeit
scheinlichen Muthmassungen gegründete
Erklährung desjenigen/ was ein anderer
in seinen Schrifften hat verstehen wollen/
und welches zu verstehen etwas schwer o-
der dunckel ist.

26. Und also siehestu/ daß wir nicht alleine/
wie allbereit erwehnet/ die Auslegung in en-
geren
Verstande als andere nehmen/ weil
wir nur von der Auslegung dessen was in
Schrifften
dunckel ist/ reden/ sondern auch/
weil wir nur um die Erklährung dessen/ was
andere geschrieben/ besorgt sind.

27. Wiewohl kein Unterscheid unter denen
Regeln seyn wird/ man mag des andern seine
geschriebene oder mündlich vorgebrachte
Worte erklären/ weil diese so wohl Anzeigun-
gen menschlicher Gedancken sind als jene/ und
die Auslegung bey beyden auff einerley Muth-
massungen gegründet ist.

28. Aber darinnen ist ein grosser Unterscheid/
ob ich meine eigene Worte/ oder eines andern
seine erkläre. Denn weil ich meiner Mey-
nung am besten bewust bin/ und dieselbe zu er-
forschen keine Muthmassungen vonnöthen ha-
be/ so brauche ich mich auch der Regeln nicht/
die sich auff dergleichen Muthmassungen grün-

den;

Das 3. H. von der Geſchickligkeit
ſcheinlichen Muthmaſſungen gegruͤndete
Erklaͤhrung desjenigen/ was ein anderer
in ſeinen Schrifften hat verſtehen wollen/
und welches zu verſtehen etwas ſchwer o-
der dunckel iſt.

26. Und alſo ſieheſtu/ daß wir nicht alleine/
wie allbereit erwehnet/ die Auslegung in en-
geren
Verſtande als andere nehmen/ weil
wir nur von der Auslegung deſſen was in
Schrifften
dunckel iſt/ reden/ ſondern auch/
weil wir nur um die Erklaͤhrung deſſen/ was
andere geſchrieben/ beſorgt ſind.

27. Wiewohl kein Unterſcheid unter denen
Regeln ſeyn wird/ man mag des andern ſeine
geſchriebene oder muͤndlich vorgebrachte
Worte erklaͤren/ weil dieſe ſo wohl Anzeigun-
gen menſchlicher Gedancken ſind als jene/ und
die Auslegung bey beyden auff einerley Muth-
maſſungen gegruͤndet iſt.

28. Aber darinnen iſt ein groſſer Unterſcheid/
ob ich meine eigene Worte/ oder eines andern
ſeine erklaͤre. Denn weil ich meiner Mey-
nung am beſten bewuſt bin/ und dieſelbe zu er-
forſchen keine Muthmaſſungen vonnoͤthen ha-
be/ ſo brauche ich mich auch der Regeln nicht/
die ſich auff dergleichen Muthmaſſungen gruͤn-

den;
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p>
          <pb facs="#f0190" n="164"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Das 3. H. von der Ge&#x017F;chickligkeit</hi> </fw><lb/> <hi rendition="#fr">&#x017F;cheinlichen Muthma&#x017F;&#x017F;ungen gegru&#x0364;ndete<lb/>
Erkla&#x0364;hrung desjenigen/ was ein anderer<lb/>
in &#x017F;einen Schrifften hat ver&#x017F;tehen wollen/<lb/>
und welches zu ver&#x017F;tehen etwas &#x017F;chwer o-<lb/>
der dunckel i&#x017F;t.</hi> </p><lb/>
        <p>26. Und al&#x017F;o &#x017F;iehe&#x017F;tu/ daß wir nicht alleine/<lb/>
wie allbereit erwehnet/ die Auslegung in <hi rendition="#fr">en-<lb/>
geren</hi> Ver&#x017F;tande als andere nehmen/ weil<lb/>
wir nur von der Auslegung de&#x017F;&#x017F;en was <hi rendition="#fr">in<lb/>
Schrifften</hi> dunckel i&#x017F;t/ reden/ &#x017F;ondern auch/<lb/>
weil wir nur um die Erkla&#x0364;hrung de&#x017F;&#x017F;en/ was<lb/><hi rendition="#fr">andere</hi> ge&#x017F;chrieben/ be&#x017F;orgt &#x017F;ind.</p><lb/>
        <p>27. Wiewohl kein Unter&#x017F;cheid unter denen<lb/>
Regeln &#x017F;eyn wird/ man mag des <hi rendition="#fr">andern</hi> &#x017F;eine<lb/><hi rendition="#fr">ge&#x017F;chriebene</hi> oder <hi rendition="#fr">mu&#x0364;ndlich</hi> vorgebrachte<lb/>
Worte erkla&#x0364;ren/ weil die&#x017F;e &#x017F;o wohl Anzeigun-<lb/>
gen men&#x017F;chlicher Gedancken &#x017F;ind als jene/ und<lb/>
die Auslegung bey beyden auff einerley Muth-<lb/>
ma&#x017F;&#x017F;ungen gegru&#x0364;ndet i&#x017F;t.</p><lb/>
        <p>28. Aber darinnen i&#x017F;t ein gro&#x017F;&#x017F;er Unter&#x017F;cheid/<lb/>
ob ich meine <hi rendition="#fr">eigene</hi> Worte/ oder <hi rendition="#fr">eines andern</hi><lb/>
&#x017F;eine erkla&#x0364;re. Denn weil ich meiner Mey-<lb/>
nung am be&#x017F;ten bewu&#x017F;t bin/ und die&#x017F;elbe zu er-<lb/>
for&#x017F;chen keine Muthma&#x017F;&#x017F;ungen vonno&#x0364;then ha-<lb/>
be/ &#x017F;o brauche ich mich auch der Regeln nicht/<lb/>
die &#x017F;ich auff dergleichen Muthma&#x017F;&#x017F;ungen gru&#x0364;n-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">den;</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[164/0190] Das 3. H. von der Geſchickligkeit ſcheinlichen Muthmaſſungen gegruͤndete Erklaͤhrung desjenigen/ was ein anderer in ſeinen Schrifften hat verſtehen wollen/ und welches zu verſtehen etwas ſchwer o- der dunckel iſt. 26. Und alſo ſieheſtu/ daß wir nicht alleine/ wie allbereit erwehnet/ die Auslegung in en- geren Verſtande als andere nehmen/ weil wir nur von der Auslegung deſſen was in Schrifften dunckel iſt/ reden/ ſondern auch/ weil wir nur um die Erklaͤhrung deſſen/ was andere geſchrieben/ beſorgt ſind. 27. Wiewohl kein Unterſcheid unter denen Regeln ſeyn wird/ man mag des andern ſeine geſchriebene oder muͤndlich vorgebrachte Worte erklaͤren/ weil dieſe ſo wohl Anzeigun- gen menſchlicher Gedancken ſind als jene/ und die Auslegung bey beyden auff einerley Muth- maſſungen gegruͤndet iſt. 28. Aber darinnen iſt ein groſſer Unterſcheid/ ob ich meine eigene Worte/ oder eines andern ſeine erklaͤre. Denn weil ich meiner Mey- nung am beſten bewuſt bin/ und dieſelbe zu er- forſchen keine Muthmaſſungen vonnoͤthen ha- be/ ſo brauche ich mich auch der Regeln nicht/ die ſich auff dergleichen Muthmaſſungen gruͤn- den;

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691/190
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691], S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691/190>, abgerufen am 21.11.2024.