Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691].

Bild:
<< vorherige Seite

andere zu verstehen.
und von dem Menelaus nicht wäre umbge-
bracht worden. Das hauptsächlichste was
allhier zu untersuchen war/ bestand darinnen:
Ob die Worte der widerholten Bedingniß
die Zweydeutigkeit der ersten Worte hätte
wollen deutlicher machen/ oder ob man in
derselben des Umbringens nur exempels-
weise als der vornehmsten Art der Uberwin-
dung angeführet habe. Für beyderley Mei-
nungen kan man wohlgegründete Muthmas-
sungen anführen/ die einander dergestalt die
Wage zu halten scheinen/ daß wenn man un-
partheyisch von der Sache reden will/ man
die Entscheidung muß in Zweiffel lassen.

60. Bey dieser Bewandniß aber muß man
sich für dem allgemeinen Jrrthumb hüten/ daß
wenn man über Dingen/ die zur Interpretation
dunckeler oder zweydeutiger Worte gehören/
mit andern disputiret/ man bey leibe diejeni-
gen/ wider welche man streitet/ nicht einer
Boßheit
beschuldige/ oder eine andere Heff-
tigkeit
gegen sie gebrauche/ wenn ihre Mei-
nung auch auff eine wahrscheinliche Muth-
massung
gegründet ist/ wenn wir gleich deut-
lich erkennen/ daß unsere Muthmassung und
Auslegung besser und wahrscheinlicher sey/ als

die
M

andere zu verſtehen.
und von dem Menelaus nicht waͤre umbge-
bracht worden. Das hauptſaͤchlichſte was
allhier zu unterſuchen war/ beſtand darinnen:
Ob die Worte der widerholten Bedingniß
die Zweydeutigkeit der erſten Worte haͤtte
wollen deutlicher machen/ oder ob man in
derſelben des Umbringens nur exempels-
weiſe als der vornehmſten Art der Uberwin-
dung angefuͤhret habe. Fuͤr beyderley Mei-
nungen kan man wohlgegruͤndete Muthmaſ-
ſungen anfuͤhren/ die einander dergeſtalt die
Wage zu halten ſcheinen/ daß wenn man un-
partheyiſch von der Sache reden will/ man
die Entſcheidung muß in Zweiffel laſſen.

60. Bey dieſer Bewandniß aber muß man
ſich fuͤr dem allgemeinen Jrrthumb huͤten/ daß
weñ man uͤber Dingen/ die zur Interpretation
dunckeler oder zweydeutiger Worte gehoͤren/
mit andern diſputiret/ man bey leibe diejeni-
gen/ wider welche man ſtreitet/ nicht einer
Boßheit
beſchuldige/ oder eine andere Heff-
tigkeit
gegen ſie gebrauche/ wenn ihre Mei-
nung auch auff eine wahrſcheinliche Muth-
maſſung
gegruͤndet iſt/ wenn wir gleich deut-
lich erkennen/ daß unſeꝛe Muthmaſſung und
Auslegung beſſer und wahrſcheinlicher ſey/ als

die
M
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0203" n="177"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">andere zu ver&#x017F;tehen.</hi></fw><lb/>
und von dem <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Menelaus</hi></hi> nicht wa&#x0364;re umbge-<lb/>
bracht worden. Das haupt&#x017F;a&#x0364;chlich&#x017F;te was<lb/>
allhier zu unter&#x017F;uchen war/ be&#x017F;tand darinnen:<lb/>
Ob die Worte der <hi rendition="#fr">widerholten</hi> Bedingniß<lb/>
die Zweydeutigkeit <hi rendition="#fr">der er&#x017F;ten</hi> Worte ha&#x0364;tte<lb/>
wollen <hi rendition="#fr">deutlicher machen/</hi> oder ob man in<lb/>
der&#x017F;elben des Umbringens nur <hi rendition="#aq">exempels-</hi><lb/><hi rendition="#fr">wei&#x017F;e</hi> als der vornehm&#x017F;ten Art der Uberwin-<lb/>
dung angefu&#x0364;hret habe. Fu&#x0364;r beyderley Mei-<lb/>
nungen kan man wohlgegru&#x0364;ndete Muthma&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ungen anfu&#x0364;hren/ die einander derge&#x017F;talt die<lb/>
Wage zu halten &#x017F;cheinen/ daß wenn man un-<lb/>
partheyi&#x017F;ch von der Sache reden will/ man<lb/>
die Ent&#x017F;cheidung muß in Zweiffel la&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>60. Bey die&#x017F;er Bewandniß aber muß man<lb/>
&#x017F;ich fu&#x0364;r dem allgemeinen Jrrthumb hu&#x0364;ten/ daß<lb/>
wen&#x0303; man u&#x0364;ber Dingen/ die zur <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Interpretation</hi></hi><lb/>
dunckeler oder zweydeutiger Worte geho&#x0364;ren/<lb/>
mit andern <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">di&#x017F;putiret/</hi></hi> man bey leibe diejeni-<lb/>
gen/ wider welche man &#x017F;treitet/ nicht <hi rendition="#fr">einer<lb/>
Boßheit</hi> be&#x017F;chuldige/ oder <hi rendition="#fr">eine andere Heff-<lb/>
tigkeit</hi> gegen &#x017F;ie gebrauche/ wenn ihre Mei-<lb/>
nung auch auff eine <hi rendition="#fr">wahr&#x017F;cheinliche Muth-<lb/>
ma&#x017F;&#x017F;ung</hi> gegru&#x0364;ndet i&#x017F;t/ wenn wir gleich deut-<lb/>
lich erkennen/ daß un&#x017F;e&#xA75B;e Muthma&#x017F;&#x017F;ung und<lb/>
Auslegung be&#x017F;&#x017F;er und wahr&#x017F;cheinlicher &#x017F;ey/ als<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">M</hi></fw><fw place="bottom" type="catch">die</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[177/0203] andere zu verſtehen. und von dem Menelaus nicht waͤre umbge- bracht worden. Das hauptſaͤchlichſte was allhier zu unterſuchen war/ beſtand darinnen: Ob die Worte der widerholten Bedingniß die Zweydeutigkeit der erſten Worte haͤtte wollen deutlicher machen/ oder ob man in derſelben des Umbringens nur exempels- weiſe als der vornehmſten Art der Uberwin- dung angefuͤhret habe. Fuͤr beyderley Mei- nungen kan man wohlgegruͤndete Muthmaſ- ſungen anfuͤhren/ die einander dergeſtalt die Wage zu halten ſcheinen/ daß wenn man un- partheyiſch von der Sache reden will/ man die Entſcheidung muß in Zweiffel laſſen. 60. Bey dieſer Bewandniß aber muß man ſich fuͤr dem allgemeinen Jrrthumb huͤten/ daß weñ man uͤber Dingen/ die zur Interpretation dunckeler oder zweydeutiger Worte gehoͤren/ mit andern diſputiret/ man bey leibe diejeni- gen/ wider welche man ſtreitet/ nicht einer Boßheit beſchuldige/ oder eine andere Heff- tigkeit gegen ſie gebrauche/ wenn ihre Mei- nung auch auff eine wahrſcheinliche Muth- maſſung gegruͤndet iſt/ wenn wir gleich deut- lich erkennen/ daß unſeꝛe Muthmaſſung und Auslegung beſſer und wahrſcheinlicher ſey/ als die M

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691/203
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691], S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691/203>, abgerufen am 21.11.2024.