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Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691].

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andere zu verstehen.
zu saubern/ und daß er keine eitele Ehre in
einer unvernünfftigen Hartnäckigkeit suche/
wiewohl sonsten die Pedanten zu thun gewoh-
net sind.

73. Wenn es nun der Augenschein giebet/
daß ein Mensch seiner Meinung wiederspro-
chen/
so ist es vernünfftig/ daß man seine letz-
te Meinung für seine rechte Meinung
müsse annehmen/
und dieses pfleget man
durchgehends in Erklärung der Gesetze/ der
Testamente, der Contracte, und der Gelehr-
ten Schrifften/ die contradiction möge nun
in unterschiedenen oder in einer einigen
Schrifft hervorblicken/ in acht zu nehmen/ und
dahero ist die gemeine Redens-Art entstanden/
daß die letzten Gedancken die besten seyn.

74. Es wäre denn/ daß man sähe/ daß ein
Mensche an dem letzten Orte nur gleich-
sam obenhin eine Sache erwehnet hätte/ die
er anderswo hauptsächlich zu vorhero zum
gegentheil ausgeführet; denn da kan es ge-
schehen/ daß man dafür hält/ er habe das letz-
te mehr aus einer Unbedachtsamkeit/ als aus
einem Vorsatz seine vorige Meinung zu än-
dern gethan/ dergleichen Exempel nicht we-
nig in denen Institutionibus Juris vor-
kommen.

75. Wel-

andere zu verſtehen.
zu ſaubern/ und daß er keine eitele Ehre in
einer unvernuͤnfftigen Hartnaͤckigkeit ſuche/
wiewohl ſonſten die Pedanten zu thun gewoh-
net ſind.

73. Wenn es nun der Augenſchein giebet/
daß ein Menſch ſeiner Meinung wiederſpro-
chen/
ſo iſt es vernuͤnfftig/ daß man ſeine letz-
te Meinung fuͤr ſeine rechte Meinung
muͤſſe annehmen/
und dieſes pfleget man
durchgehends in Erklaͤrung der Geſetze/ der
Teſtamente, der Contracte, und der Gelehr-
ten Schrifften/ die contradiction moͤge nun
in unterſchiedenen oder in einer einigen
Schrifft hervorblicken/ in acht zu nehmen/ und
dahero iſt die gemeine Redens-Art entſtanden/
daß die letzten Gedancken die beſten ſeyn.

74. Es waͤre denn/ daß man ſaͤhe/ daß ein
Menſche an dem letzten Orte nur gleich-
ſam obenhin eine Sache erwehnet haͤtte/ die
er anderswo hauptſaͤchlich zu vorhero zum
gegentheil ausgefuͤhret; denn da kan es ge-
ſchehen/ daß man dafuͤr haͤlt/ er habe das letz-
te mehr aus einer Unbedachtſamkeit/ als aus
einem Vorſatz ſeine vorige Meinung zu aͤn-
dern gethan/ dergleichen Exempel nicht we-
nig in denen Inſtitutionibus Juris vor-
kommen.

75. Wel-
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[187/0213] andere zu verſtehen. zu ſaubern/ und daß er keine eitele Ehre in einer unvernuͤnfftigen Hartnaͤckigkeit ſuche/ wiewohl ſonſten die Pedanten zu thun gewoh- net ſind. 73. Wenn es nun der Augenſchein giebet/ daß ein Menſch ſeiner Meinung wiederſpro- chen/ ſo iſt es vernuͤnfftig/ daß man ſeine letz- te Meinung fuͤr ſeine rechte Meinung muͤſſe annehmen/ und dieſes pfleget man durchgehends in Erklaͤrung der Geſetze/ der Teſtamente, der Contracte, und der Gelehr- ten Schrifften/ die contradiction moͤge nun in unterſchiedenen oder in einer einigen Schrifft hervorblicken/ in acht zu nehmen/ und dahero iſt die gemeine Redens-Art entſtanden/ daß die letzten Gedancken die beſten ſeyn. 74. Es waͤre denn/ daß man ſaͤhe/ daß ein Menſche an dem letzten Orte nur gleich- ſam obenhin eine Sache erwehnet haͤtte/ die er anderswo hauptſaͤchlich zu vorhero zum gegentheil ausgefuͤhret; denn da kan es ge- ſchehen/ daß man dafuͤr haͤlt/ er habe das letz- te mehr aus einer Unbedachtſamkeit/ als aus einem Vorſatz ſeine vorige Meinung zu aͤn- dern gethan/ dergleichen Exempel nicht we- nig in denen Inſtitutionibus Juris vor- kommen. 75. Wel-

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691], S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691/213>, abgerufen am 21.11.2024.