Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691].

Bild:
<< vorherige Seite
Das 3. H. Von der Geschickligkeit

75. Welches destomehr zu praesummiren
ist in contracten/ die wegen gewisser solen-
ni
täten offte verneuert werden müssen/ ob-
gleich selten in dem Jnnhalt derselben pfle-
get was geändert zu werden/ zumahlen weil
gemeiniglich Muthmassungen dabey sind/ daß
der eine Theil den andern habe übervorthei-
len wollen. Also pfleget man in denen Le-
hen Rechten in Zweiffel nicht nach denen
letzten/ sondern nach denen ältesten Lehen-
Brieffen zu sprechen.

76. IV. Unter zweyen Verstanden und
Auslegungen einer Schrifft ist allezeit
diejenige der andern vorzuziehen/ die mit
der gesunden Vernunfft überein kömmt/
und daraus in dem Menschlichen Thun
und Lassen eine Würckung entstehet/
wenn die andere unvernünfftig wäre/
oder wenn dadurch das
negotium, das
gehandelt wird/
keine Würckung erlan-
gete.
Denn alle Menschen sind vernünfftig
und in ernsthafften Dingen schicket es sich
nicht/ posserey zu treiben/ sondern sie wollen
vielmehr darinnen auch vor vernünfftig ange-
sehen seyn; Nun ist es aber eine grosse Unver-

nunfft
Das 3. H. Von der Geſchickligkeit

75. Welches deſtomehr zu præſummiren
iſt in contracten/ die wegen gewiſſer ſolen-
ni
taͤten offte verneuert werden muͤſſen/ ob-
gleich ſelten in dem Jnnhalt derſelben pfle-
get was geaͤndert zu werden/ zumahlen weil
gemeiniglich Muthmaſſungen dabey ſind/ daß
der eine Theil den andern habe uͤbervorthei-
len wollen. Alſo pfleget man in denen Le-
hen Rechten in Zweiffel nicht nach denen
letzten/ ſondern nach denen aͤlteſten Lehen-
Brieffen zu ſprechen.

76. IV. Unter zweyen Verſtanden und
Auslegungen einer Schrifft iſt allezeit
diejenige der andern vorzuziehen/ die mit
der geſunden Vernunfft uͤberein koͤmmt/
und daraus in dem Menſchlichen Thun
und Laſſen eine Wuͤrckung entſtehet/
wenn die andere unvernuͤnfftig waͤre/
oder wenn dadurch das
negotium, das
gehandelt wird/
keine Wuͤrckung erlan-
gete.
Denn alle Menſchen ſind vernuͤnfftig
und in ernſthafften Dingen ſchicket es ſich
nicht/ poſſerey zu treiben/ ſondern ſie wollen
vielmehr darinnen auch vor vernuͤnfftig ange-
ſehen ſeyn; Nun iſt es aber eine groſſe Unver-

nunfft
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0214" n="188"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Das 3. H. Von der Ge&#x017F;chickligkeit</hi> </fw><lb/>
        <p>75. Welches de&#x017F;tomehr zu <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">præ&#x017F;ummir</hi></hi>en<lb/>
i&#x017F;t <hi rendition="#fr">in</hi> <hi rendition="#aq">contract</hi>en/ die wegen gewi&#x017F;&#x017F;er <hi rendition="#aq">&#x017F;olen-<lb/>
ni</hi><hi rendition="#fr">ta&#x0364;ten offte verneuert</hi> werden mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en/ ob-<lb/>
gleich &#x017F;elten in dem <hi rendition="#fr">Jnnhalt</hi> der&#x017F;elben pfle-<lb/>
get was gea&#x0364;ndert zu werden/ zumahlen weil<lb/>
gemeiniglich Muthma&#x017F;&#x017F;ungen dabey &#x017F;ind/ daß<lb/>
der eine Theil den andern habe u&#x0364;bervorthei-<lb/>
len wollen. Al&#x017F;o pfleget man <hi rendition="#fr">in denen Le-<lb/>
hen Rechten in Zweiffel nicht nach denen<lb/>
letzten/ &#x017F;ondern nach denen a&#x0364;lte&#x017F;ten Lehen-<lb/>
Brieffen zu &#x017F;prechen.</hi></p><lb/>
        <p>76. <hi rendition="#aq">IV.</hi> <hi rendition="#fr">Unter zweyen Ver&#x017F;tanden und<lb/>
Auslegungen einer Schrifft i&#x017F;t allezeit<lb/>
diejenige der andern vorzuziehen/ die mit<lb/>
der ge&#x017F;unden Vernunfft u&#x0364;berein ko&#x0364;mmt/<lb/>
und daraus in dem Men&#x017F;chlichen Thun<lb/>
und La&#x017F;&#x017F;en eine Wu&#x0364;rckung ent&#x017F;tehet/<lb/>
wenn die andere unvernu&#x0364;nfftig wa&#x0364;re/<lb/>
oder wenn dadurch das</hi> <hi rendition="#aq">negotium,</hi> <hi rendition="#fr">das<lb/>
gehandelt wird/</hi> keine <hi rendition="#fr">Wu&#x0364;rckung erlan-<lb/>
gete.</hi> Denn alle Men&#x017F;chen &#x017F;ind vernu&#x0364;nfftig<lb/>
und in ern&#x017F;thafften Dingen &#x017F;chicket es &#x017F;ich<lb/>
nicht/ po&#x017F;&#x017F;erey zu treiben/ &#x017F;ondern &#x017F;ie wollen<lb/>
vielmehr darinnen auch vor vernu&#x0364;nfftig ange-<lb/>
&#x017F;ehen &#x017F;eyn; Nun i&#x017F;t es aber eine gro&#x017F;&#x017F;e Unver-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nunfft</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[188/0214] Das 3. H. Von der Geſchickligkeit 75. Welches deſtomehr zu præſummiren iſt in contracten/ die wegen gewiſſer ſolen- nitaͤten offte verneuert werden muͤſſen/ ob- gleich ſelten in dem Jnnhalt derſelben pfle- get was geaͤndert zu werden/ zumahlen weil gemeiniglich Muthmaſſungen dabey ſind/ daß der eine Theil den andern habe uͤbervorthei- len wollen. Alſo pfleget man in denen Le- hen Rechten in Zweiffel nicht nach denen letzten/ ſondern nach denen aͤlteſten Lehen- Brieffen zu ſprechen. 76. IV. Unter zweyen Verſtanden und Auslegungen einer Schrifft iſt allezeit diejenige der andern vorzuziehen/ die mit der geſunden Vernunfft uͤberein koͤmmt/ und daraus in dem Menſchlichen Thun und Laſſen eine Wuͤrckung entſtehet/ wenn die andere unvernuͤnfftig waͤre/ oder wenn dadurch das negotium, das gehandelt wird/ keine Wuͤrckung erlan- gete. Denn alle Menſchen ſind vernuͤnfftig und in ernſthafften Dingen ſchicket es ſich nicht/ poſſerey zu treiben/ ſondern ſie wollen vielmehr darinnen auch vor vernuͤnfftig ange- ſehen ſeyn; Nun iſt es aber eine groſſe Unver- nunfft

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691/214
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691], S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691/214>, abgerufen am 21.11.2024.