Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691].Das 5. H. Von der Geschickligkeit ten. Der Syllogismus ist an sich selbsten undseiner Form nach weder wahr noch falsch; Je- doch ist der Mißbrauch/ wie erwehnet/ grösser dabey als der Gebrauch. Nichts desto weni- ger ist diese Disputir-Kunst auff allen Aca- demien eingeführet/ und ist keines Menschen Werck/ daran zu gedencken/ wie dieses Unwesen mit Nachdruck abgeschaffet werden möge. Und solcher gestalt macht es ein die Weißheit lieben- der nicht anders als ein guter Medicus, wenn er einen Cörper für sich hat/ der voller Unreinigkei- ten ist/ er erduldet dieselben/ weil er siehet daß er sie ohne Gefahr/ und damit die mit ihnen ver- mischten/ wiewohl wenigen guten Lebens-Gei- ster nicht zugleich mit fortgehen/ nicht austrei- ben kan; Und bemühet sich nur durch gelinde Mittel sie nach und nach ihrer Schädligkeit zu benehmen. 31. So sol demnach auch ein weiser Mann wir
Das 5. H. Von der Geſchickligkeit ten. Der Syllogiſmus iſt an ſich ſelbſten undſeiner Form nach weder wahr noch falſch; Je- doch iſt der Mißbrauch/ wie erwehnet/ groͤſſer dabey als der Gebrauch. Nichts deſto weni- ger iſt dieſe Diſputir-Kunſt auff allen Aca- demien eingefuͤhret/ und iſt keines Menſchen Werck/ daran zu gedencken/ wie dieſes Unweſen mit Nachdruck abgeſchaffet werden moͤge. Und ſolcher geſtalt macht es ein die Weißheit lieben- der nicht anders als ein guter Medicus, wenn er einen Coͤrper fuͤr ſich hat/ der voller Unreinigkei- ten iſt/ er erduldet dieſelben/ weil er ſiehet daß er ſie ohne Gefahr/ und damit die mit ihnen ver- miſchten/ wiewohl wenigen guten Lebens-Gei- ſter nicht zugleich mit fortgehen/ nicht austrei- ben kan; Und bemuͤhet ſich nur durch gelinde Mittel ſie nach und nach ihrer Schaͤdligkeit zu benehmen. 31. So ſol demnach auch ein weiſer Mann wir
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Das 5. H. Von der Geſchickligkeit
ten. Der Syllogiſmus iſt an ſich ſelbſten und
ſeiner Form nach weder wahr noch falſch; Je-
doch iſt der Mißbrauch/ wie erwehnet/ groͤſſer
dabey als der Gebrauch. Nichts deſto weni-
ger iſt dieſe Diſputir-Kunſt auff allen Aca-
demien eingefuͤhret/ und iſt keines Menſchen
Werck/ daran zu gedencken/ wie dieſes Unweſen
mit Nachdruck abgeſchaffet werden moͤge. Und
ſolcher geſtalt macht es ein die Weißheit lieben-
der nicht anders als ein guter Medicus, wenn er
einen Coͤrper fuͤr ſich hat/ der voller Unreinigkei-
ten iſt/ er erduldet dieſelben/ weil er ſiehet daß
er ſie ohne Gefahr/ und damit die mit ihnen ver-
miſchten/ wiewohl wenigen guten Lebens-Gei-
ſter nicht zugleich mit fortgehen/ nicht austrei-
ben kan; Und bemuͤhet ſich nur durch gelinde
Mittel ſie nach und nach ihrer Schaͤdligkeit zu
benehmen.
31. So ſol demnach auch ein weiſer Mann
ſich bemuͤhen bey der Syllogiſmus-Kunſt
ſich dahin zu bearbeiten/ wie er fein ordentlich
und ohne Sophiſterey darinnen verfahre/ und
hernach die gewoͤhnlichen Handgriffe der Sophi-
ſten erkennen und ihnen begegnen moͤge. Je-
nes hat mein ſeeliger Vater in ſeinem Methodo
diſputandi gewieſen. Von dieſem aber haben
wir
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