Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691].Das 1. H. von der Geschickligkeit gemacht/ oder wohl gar dieser vorgezo-gen. Gewißlich/ wenn du dich nicht mit Testimoniis vieler Menschen/ und zwar sol- cher/ die hierbey ein grosses interesse gehabt/ wilst abspeisen lassen/ (welches doch sehr lächer- lich heraus kommen würde/ wenn man/ da man in Bestreitung menschlicher autorität begriffen ist/ derselbigen auf einige Weise seinen Verstand unterwerffen solte/) wird man dir keinen andern Ursprung sagen können/ als daß bey Verwilderung des menschlichen Verstan- des/ diejenigen/ die unter dem affectirten Schein einer sonderlichen Weißheit sich für an- dern in Ansehen zu bringen getrachtet/ und a- ber ohne eitele persuasion anderer Menschen solches zu thun unvermögend gewesen/ kein dienlicher Mittel gewust/ die menschliche auto- rität als einen Abgott auff den Thron Gottes (der allein über den menschlichen Verstand zu gebieten hat) zu erheben/ als wenn man die Obliegenheit gegen Praeceptores der Pflicht ge- gen die Eltern vorzöge/ und denen Lehrlingen inculcirte/ daß es eine von den grösten Boß- heiten sey/ wenn sich ein discipel unterstehe von denen Lehr-Sätzen seines Praeceptoris im ge- ringsten abzuweichen. 92. Hier-
Das 1. H. von der Geſchickligkeit gemacht/ oder wohl gar dieſer vorgezo-gen. Gewißlich/ wenn du dich nicht mit Teſtimoniis vieler Menſchen/ und zwar ſol- cher/ die hierbey ein groſſes intereſſe gehabt/ wilſt abſpeiſen laſſen/ (welches doch ſehr laͤcher- lich heraus kommen wuͤrde/ wenn man/ da man in Beſtreitung menſchlicher autoritaͤt begriffen iſt/ derſelbigen auf einige Weiſe ſeinen Verſtand unterwerffen ſolte/) wird man dir keinen andern Urſprung ſagen koͤnnen/ als daß bey Verwilderung des menſchlichen Verſtan- des/ diejenigen/ die unter dem affectirten Schein einer ſonderlichen Weißheit ſich fuͤr an- dern in Anſehen zu bringen getrachtet/ und a- ber ohne eitele perſuaſion anderer Menſchen ſolches zu thun unvermoͤgend geweſen/ kein dienlicher Mittel gewuſt/ die menſchliche auto- ritaͤt als einen Abgott auff den Thron Gottes (der allein uͤber den menſchlichen Verſtand zu gebieten hat) zu erheben/ als wenn man die Obliegenheit gegen Præceptores der Pflicht ge- gen die Eltern vorzoͤge/ und denen Lehrlingen inculcirte/ daß es eine von den groͤſten Boß- heiten ſey/ wenn ſich ein diſcipel unterſtehe von denen Lehr-Saͤtzen ſeines Præceptoris im ge- ringſten abzuweichen. 92. Hier-
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Das 1. H. von der Geſchickligkeit
gemacht/ oder wohl gar dieſer vorgezo-
gen. Gewißlich/ wenn du dich nicht mit
Teſtimoniis vieler Menſchen/ und zwar ſol-
cher/ die hierbey ein groſſes intereſſe gehabt/
wilſt abſpeiſen laſſen/ (welches doch ſehr laͤcher-
lich heraus kommen wuͤrde/ wenn man/ da
man in Beſtreitung menſchlicher autoritaͤt
begriffen iſt/ derſelbigen auf einige Weiſe ſeinen
Verſtand unterwerffen ſolte/) wird man dir
keinen andern Urſprung ſagen koͤnnen/ als daß
bey Verwilderung des menſchlichen Verſtan-
des/ diejenigen/ die unter dem affectirten
Schein einer ſonderlichen Weißheit ſich fuͤr an-
dern in Anſehen zu bringen getrachtet/ und a-
ber ohne eitele perſuaſion anderer Menſchen
ſolches zu thun unvermoͤgend geweſen/ kein
dienlicher Mittel gewuſt/ die menſchliche auto-
ritaͤt als einen Abgott auff den Thron Gottes
(der allein uͤber den menſchlichen Verſtand zu
gebieten hat) zu erheben/ als wenn man die
Obliegenheit gegen Præceptores der Pflicht ge-
gen die Eltern vorzoͤge/ und denen Lehrlingen
inculcirte/ daß es eine von den groͤſten Boß-
heiten ſey/ wenn ſich ein diſcipel unterſtehe von
denen Lehr-Saͤtzen ſeines Præceptoris im ge-
ringſten abzuweichen.
92. Hier-
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