Thomasius, Christian: Discours Welcher Gestalt man denen Frantzosen im gemeinen Leben und Wandel nachahmen solle. [Leipzig], [1690].nauer und deutlicher beschrieben haben/ daß es etwas gemischtes sey/ Es ist aber nicht genug/ Meine Herren/ daß wir mit dem zu
nauer uñ deutlicher beſchriebẽ haben/ daß es etwas gemiſchtes ſey/ Es iſt aber nicht genug/ Meine Herren/ daß wir mit dem zu
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nauer uñ deutlicher beſchriebẽ haben/ daß es etwas gemiſchtes ſey/
ſo aus dem je ne ſcay qvoy, aus der guten Art etwas zuthun/
aus der manier zu leben/ ſo am Hoffe gebraͤuchlich iſt/ aus Ver-
ſtand/ Gelehrſamkeit/ einen guten judicio, Hoͤfflichkeit/ und
Freudigkeit zuſammen geſetzet werde/ und deme aller zwang/ ar-
fectation, und unanſtaͤndige Plumpheit zuwieder ſey. Ja ich
meine/ daß ich nicht irreu werde/ wenn ich ſage/ daß bey denen
Frantzoſen die Galanterie und la Politeſſe eines ſey und dan-
nenhero zu beſſern Verſtand der Galanterie alles das jenige
wohl verdiene geleſcn zu werden/ was ruͤhmlich erwehnte Made-
moiſelle Scudery in einer andern converſation von der Poli-
teſſe anmuthig und artig anfuͤhret. Denn daß ſie daſelbſt ver-
meinet/ wie die wahre Politeſſe darauff beruhe/ daß man wohl und
anſtaͤndig zu leben/ auch geſchickt und zu rechter Zeit zu reden wiſ-
ſe/ daß man ſeine Lebens-Art nach dem guten Gebrauch der ver-
nuͤnfftigen Welt richte/ daß man niemands einige grob-und Un-
hoͤffligkeit erweiſe/ daß man denen Leuten niemals das jenige un-
ter Augen ſage/ was man ſich ſelbſt nicht wolte geſagt haben/ daß
man in Geſellſchafft das groſſe Maul nicht allein habe/ und ande-
re kein Wort auf bringen laſſe/ daß man bey den Frauenzimmer
nicht gar ohne Rede ſitze als wenn man die Sprache verlohren
haͤtte/ oder das Frauenzimmer nicht eines Worts wuͤrdig achte;
hingegen auch nicht allzu kuͤhne ſey/ und ſich mit ſelbigen/ wie gar
vielfaͤltig geſchiehet/ zugemein mache; dieſes alles ſage ich/ ſind
ſolche Gigenſchafften/ die zu einen galanten Menſchen erfordert
werden.
Es iſt aber nicht genug/ Meine Herren/ daß wir mit dem
Verſtand derer Woͤrter/ die bey denen Frantzoſen einen Men-
ſchen in hochachtung bringen/ richtig ſind. Wir muͤſſen auch
ein wenig betrachten; ob denn die Frantzoſen hierinnen einen
Vorzug fuͤr uns haben/ daß wir dieſelben in dieſen Stuͤcken nach
zu
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