Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.Das 2. Hauptst. von der grösten in einem Mangel dessen/ das wir zu unserer Le-bens Unterhaltung benöthiget sind/ bestehe; so wirstu doch dich wohl in acht nehmen müssen/ daß du nicht etwas für die äusserste Armuth ausge- best/ die doch in der That dasselbige nicht ist. 95. Du must deine Lebens Nothdurfft nicht 96. Was die Ehre betrifft/ so wird entweder 97. Das
Das 2. Hauptſt. von der groͤſten in einem Mangel deſſen/ das wir zu unſerer Le-bens Unterhaltung benoͤthiget ſind/ beſtehe; ſo wirſtu doch dich wohl in acht nehmen muͤſſen/ daß du nicht etwas fuͤr die aͤuſſerſte Armuth ausge- beſt/ die doch in der That daſſelbige nicht iſt. 95. Du muſt deine Lebens Nothdurfft nicht 96. Was die Ehre betrifft/ ſo wird entweder 97. Das
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0130" n="98"/><fw place="top" type="header">Das 2. Hauptſt. von der groͤſten</fw><lb/> in einem Mangel deſſen/ das wir zu unſerer Le-<lb/> bens Unterhaltung benoͤthiget ſind/ beſtehe; ſo<lb/> wirſtu doch dich wohl in acht nehmen muͤſſen/ daß<lb/> du nicht etwas fuͤr die aͤuſſerſte Armuth ausge-<lb/> beſt/ die doch in der That daſſelbige nicht iſt.</p> </div><lb/> <div n="2"> <head>95.</head> <p>Du muſt deine Lebens Nothdurfft nicht<lb/> nach deinen Verlangen/ Begierde und Gewohn-<lb/> heit ausmeſſen/ denn du kanſt z. e. mit 100 Thal.<lb/> des Jahrs auskommen/ und auch 10000. Thal.<lb/> des Jahrs verthun. Biſtu unvergnuͤgt/ ſo biſtu<lb/> allezeit Arm; gleich wie derjenige allezeit reich iſt/<lb/> der mit wenigen vergnuͤgt iſt. Und wie wolteſtu<lb/> ohne Boßheit anderer Menſchen als im Kriege<lb/> oder einer ſonderlichen Hunger-Straffe GOttes<lb/> in einen Stand gerathen koͤnnen/ daß dir etwas<lb/> mangeln ſolte/ das zu deiner Leibes Nothdurfft<lb/> noͤthig waͤre/ weil Waſſer/ Wurtzeln/ und wenn<lb/> du einen Platz haſt in welchem du dich wider Hi-<lb/> tze und Kaͤlte vertheidigen kanſt/ ſchon genung iſt/<lb/> was du zu deines Leibes Nothdurfft brauchſt/ und<lb/> hieran mangelt es auch dem elendeſten Bettler<lb/> nicht.</p> </div><lb/> <div n="2"> <head>96.</head> <p>Was die <hi rendition="#fr">Ehre</hi> betrifft/ ſo wird entweder<lb/> dadurch der innerliche Grund derſelben/ nemlich<lb/> ein Tugendhafftes Leben verſtanden/ wovon wir<lb/> ſchon folgends handeln wollen; oder aber es be-<lb/> deutet die durch aͤnſſerliche Zeichen beſtaͤtigte<lb/> Hochachtung anderer Leute gegen uns/ entweder<lb/> wegen <hi rendition="#fr">unſerer Macht</hi> oder wegen einer <hi rendition="#fr">faͤlſch-<lb/> lich von uns eingebildeten Tugend.</hi></p> </div><lb/> <fw place="bottom" type="catch">97. Das</fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [98/0130]
Das 2. Hauptſt. von der groͤſten
in einem Mangel deſſen/ das wir zu unſerer Le-
bens Unterhaltung benoͤthiget ſind/ beſtehe; ſo
wirſtu doch dich wohl in acht nehmen muͤſſen/ daß
du nicht etwas fuͤr die aͤuſſerſte Armuth ausge-
beſt/ die doch in der That daſſelbige nicht iſt.
95. Du muſt deine Lebens Nothdurfft nicht
nach deinen Verlangen/ Begierde und Gewohn-
heit ausmeſſen/ denn du kanſt z. e. mit 100 Thal.
des Jahrs auskommen/ und auch 10000. Thal.
des Jahrs verthun. Biſtu unvergnuͤgt/ ſo biſtu
allezeit Arm; gleich wie derjenige allezeit reich iſt/
der mit wenigen vergnuͤgt iſt. Und wie wolteſtu
ohne Boßheit anderer Menſchen als im Kriege
oder einer ſonderlichen Hunger-Straffe GOttes
in einen Stand gerathen koͤnnen/ daß dir etwas
mangeln ſolte/ das zu deiner Leibes Nothdurfft
noͤthig waͤre/ weil Waſſer/ Wurtzeln/ und wenn
du einen Platz haſt in welchem du dich wider Hi-
tze und Kaͤlte vertheidigen kanſt/ ſchon genung iſt/
was du zu deines Leibes Nothdurfft brauchſt/ und
hieran mangelt es auch dem elendeſten Bettler
nicht.
96. Was die Ehre betrifft/ ſo wird entweder
dadurch der innerliche Grund derſelben/ nemlich
ein Tugendhafftes Leben verſtanden/ wovon wir
ſchon folgends handeln wollen; oder aber es be-
deutet die durch aͤnſſerliche Zeichen beſtaͤtigte
Hochachtung anderer Leute gegen uns/ entweder
wegen unſerer Macht oder wegen einer faͤlſch-
lich von uns eingebildeten Tugend.
97. Das
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |