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Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.

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Liebe aller Menschen.
weisen/ daß auch in diesen Fällen die Krieges-
Rache keinen Frieden geben könne.

101.

Was/ sagstu endlich: Sol dieses die
Philosophie seyn/ die jungen Leuten den Weg bah-
nen sol/ wie sie in der Welt galant, artig und
Tugendhafft leben sollen?
Sie wird nichts
anders als niederträchtige Gemüther machen/
und die Eltern werden dir trefflich verbunden seyn/
wenn sie aus deiner Schule an statt rechtschaffe-
ner Kerl lauter verzagte Memmen kriegen? die
von keinen point d' Honneur nichts wissen/ son-
dern Schande für Ehre achten/ und zu nichts in
der Welt gebraucht werden können.

102.

Jch spühre wohl mein Freund/ es müsse
mit dir auff die Neige kommen seyn/ weil du an
statt vernünfftiger Einwürffe schändest und
schmähest. Du redest nicht wie Kluge Leute re-
den/ sondern wie die Balger und Klopff-Fechter.
Meine Philosophie ist dem gemeinen Bürger li-
chen Leben nicht zuwieder/ sondern vielmehr aller-
dings gemäß. Der das groste Phlegma hat/
kan den
galantesten und artigsten Kerl in
der Welt abgeben. Je mehr Gedult einer
hat/ je besser kömmt er bey Hoffe fort.
Es ist
wahr/ du ziehest bey lustiger Gesellschafft die Ge-
dult der Schweitzer und Holländer
wacker
durch/ und giebest deinen unbegehrten Rath/ wie
sie durch Ergreiffung der Waffen/ oder ein wenig
mehr Hitze bey den ergriffenen Waffen/ sich in
besserer Sicherheit setzen solten. Aber mmein ü-

berlege
Q 3

Liebe aller Menſchen.
weiſen/ daß auch in dieſen Faͤllen die Krieges-
Rache keinen Frieden geben koͤnne.

101.

Was/ ſagſtu endlich: Sol dieſes die
Philoſophie ſeyn/ die jungẽ Leuten den Weg bah-
nen ſol/ wie ſie in der Welt galant, artig und
Tugendhafft leben ſollen?
Sie wird nichts
anders als niedertraͤchtige Gemuͤther machen/
und die Eltern werden dir trefflich verbunden ſeyn/
wenn ſie aus deiner Schule an ſtatt rechtſchaffe-
ner Kerl lauter verzagte Memmen kriegen? die
von keinen point d’ Honneur nichts wiſſen/ ſon-
dern Schande fuͤr Ehre achten/ und zu nichts in
der Welt gebraucht werden koͤnnen.

102.

Jch ſpuͤhre wohl mein Freund/ es muͤſſe
mit dir auff die Neige kommen ſeyn/ weil du an
ſtatt vernuͤnfftiger Einwuͤrffe ſchaͤndeſt und
ſchmaͤheſt. Du redeſt nicht wie Kluge Leute re-
den/ ſondern wie die Balger und Klopff-Fechter.
Meine Philoſophie iſt dem gemeinen Buͤrger li-
chen Leben nicht zuwieder/ ſondern vielmehr aller-
dings gemaͤß. Der das gro̊ſte Phlegma hat/
kan den
galanteſten und artigſten Kerl in
der Welt abgeben. Je mehr Gedult einer
hat/ je beſſer koͤm̃t er bey Hoffe fort.
Es iſt
wahr/ du zieheſt bey luſtiger Geſellſchafft die Ge-
dult der Schweitzer und Hollaͤnder
wacker
durch/ und giebeſt deinen unbegehrten Rath/ wie
ſie durch Ergreiffung der Waffen/ oder ein wenig
mehr Hitze bey den ergriffenen Waffen/ ſich in
beſſerer Sicherheit ſetzen ſolten. Aber m̃ein uͤ-

berlege
Q 3
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[249[245]/0277] Liebe aller Menſchen. weiſen/ daß auch in dieſen Faͤllen die Krieges- Rache keinen Frieden geben koͤnne. 101. Was/ ſagſtu endlich: Sol dieſes die Philoſophie ſeyn/ die jungẽ Leuten den Weg bah- nen ſol/ wie ſie in der Welt galant, artig und Tugendhafft leben ſollen? Sie wird nichts anders als niedertraͤchtige Gemuͤther machen/ und die Eltern werden dir trefflich verbunden ſeyn/ wenn ſie aus deiner Schule an ſtatt rechtſchaffe- ner Kerl lauter verzagte Memmen kriegen? die von keinen point d’ Honneur nichts wiſſen/ ſon- dern Schande fuͤr Ehre achten/ und zu nichts in der Welt gebraucht werden koͤnnen. 102. Jch ſpuͤhre wohl mein Freund/ es muͤſſe mit dir auff die Neige kommen ſeyn/ weil du an ſtatt vernuͤnfftiger Einwuͤrffe ſchaͤndeſt und ſchmaͤheſt. Du redeſt nicht wie Kluge Leute re- den/ ſondern wie die Balger und Klopff-Fechter. Meine Philoſophie iſt dem gemeinen Buͤrger li- chen Leben nicht zuwieder/ ſondern vielmehr aller- dings gemaͤß. Der das gro̊ſte Phlegma hat/ kan den galanteſten und artigſten Kerl in der Welt abgeben. Je mehr Gedult einer hat/ je beſſer koͤm̃t er bey Hoffe fort. Es iſt wahr/ du zieheſt bey luſtiger Geſellſchafft die Ge- dult der Schweitzer und Hollaͤnder wacker durch/ und giebeſt deinen unbegehrten Rath/ wie ſie durch Ergreiffung der Waffen/ oder ein wenig mehr Hitze bey den ergriffenen Waffen/ ſich in beſſerer Sicherheit ſetzen ſolten. Aber m̃ein uͤ- berlege Q 3

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692, S. 249[245]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692/277>, abgerufen am 22.11.2024.