Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691.Vorrede. ein anderer einen Jrrthum zeiget; daß ich sieaber deßwegen nicht pro certissima ausgebe/ sondern gantz offenbahr meine menschliche Schwachheit/ die mich zu einigen Jrrthum hät- te verleiten können/ bekenne. So verlange ich auch nicht von meinen Auditoribus, daß sie meine Sectarii werden sollen/ weil ich meine Philosophie für wahr halte/ sondern ich will/ daß sie mir folgen sollen/ wenn sie die Warheit derselben so erkennen werden/ als ich: daferne sie aber sehen/ und sehr deutlich spüreten/ daß ich gefehlet hätte/ so inculcire ich ihnen täglich/ daß sie alsdenn meine Meynung sollen fahren lassen/ gleichwie ich selbst in einen und andern meine Meynung endere/ wenn eine reiffere meditation mir meine Jrrthümer zuerkennen giebet: Wenn ferner der Autor Speciminis p. 55. n. 14. fortfähret: Sed inquies, saltem Car- tesius non est seqvendus, ut qui ratiocinandi arte minine fuerit instructus, a praejudiciis praete- rea nimium & parum sibi cavens, nimius et- iam ac aliqvatenus fastuosus veterum Philoso- phorum contemptor videatur, so spüre ich wohl/ daß er abermals wieder mich disputiren wolle/ weil ich mich entsinne/ daß diese ange- führte Worte zum Theil aus meinem § 75. cap. 1. Introd. hergenommen sind; Aber er gehet D 2
Vorrede. ein anderer einen Jrrthum zeiget; daß ich ſieaber deßwegen nicht pro certiſſima ausgebe/ ſondern gantz offenbahr meine menſchliche Schwachheit/ die mich zu einigen Jrrthum haͤt- te verleiten koͤnnen/ bekenne. So verlange ich auch nicht von meinen Auditoribus, daß ſie meine Sectarii werden ſollen/ weil ich meine Philoſophie fuͤr wahr halte/ ſondern ich will/ daß ſie mir folgen ſollen/ wenn ſie die Warheit derſelben ſo erkennen werden/ als ich: daferne ſie aber ſehen/ und ſehr deutlich ſpuͤreten/ daß ich gefehlet haͤtte/ ſo inculcire ich ihnen taͤglich/ daß ſie alsdenn meine Meynung ſollen fahren laſſen/ gleichwie ich ſelbſt in einen und andern meine Meynung endere/ wenn eine reiffere meditation mir meine Jrrthuͤmer zuerkennen giebet: Wenn ferner der Autor Speciminis p. 55. n. 14. fortfaͤhret: Sed inquies, ſaltem Car- teſius non eſt ſeqvendus, ut qui ratiocinandi arte mininè fuerit inſtructus, â præjudiciis præte- reà nimium & parum ſibi cavens, nimius et- iam ac aliqvatenus faſtuoſus veterum Philoſo- phorum contemptor videatur, ſo ſpuͤre ich wohl/ daß er abermals wieder mich diſputiren wolle/ weil ich mich entſinne/ daß dieſe ange- fuͤhrte Worte zum Theil aus meinem § 75. cap. 1. Introd. hergenommen ſind; Aber er gehet D 2
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Vorrede.
ein anderer einen Jrrthum zeiget; daß ich ſie
aber deßwegen nicht pro certiſſima ausgebe/
ſondern gantz offenbahr meine menſchliche
Schwachheit/ die mich zu einigen Jrrthum haͤt-
te verleiten koͤnnen/ bekenne. So verlange
ich auch nicht von meinen Auditoribus, daß
ſie meine Sectarii werden ſollen/ weil ich meine
Philoſophie fuͤr wahr halte/ ſondern ich will/
daß ſie mir folgen ſollen/ wenn ſie die Warheit
derſelben ſo erkennen werden/ als ich: daferne
ſie aber ſehen/ und ſehr deutlich ſpuͤreten/ daß ich
gefehlet haͤtte/ ſo inculcire ich ihnen taͤglich/
daß ſie alsdenn meine Meynung ſollen fahren
laſſen/ gleichwie ich ſelbſt in einen und andern
meine Meynung endere/ wenn eine reiffere
meditation mir meine Jrrthuͤmer zuerkennen
giebet: Wenn ferner der Autor Speciminis
p. 55. n. 14. fortfaͤhret: Sed inquies, ſaltem Car-
teſius non eſt ſeqvendus, ut qui ratiocinandi arte
mininè fuerit inſtructus, â præjudiciis præte-
reà nimium & parum ſibi cavens, nimius et-
iam ac aliqvatenus faſtuoſus veterum Philoſo-
phorum contemptor videatur, ſo ſpuͤre ich
wohl/ daß er abermals wieder mich diſputiren
wolle/ weil ich mich entſinne/ daß dieſe ange-
fuͤhrte Worte zum Theil aus meinem § 75.
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