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Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691.

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1. Hauptstück von der

8. Denn so schwer es ist zu sagen/ das wie
vielste Korn aus einer Hand voll einen Hauf-
fen mache/ so schwer ist es auch zu determi-
ni
ren/ durch welchen Grad der Wissenschafft
man aus einem ungelehrten Menschen ein
rechtschaffener Gelehrter werde.

9. Dannenhero darf man sich auch nicht
wundern/ daß öfters den Nahmen gelehrter
Leute diejenigen mißbrauchen/ die nichts we-
niger sind/ oder daß man die Gelahrheit nach
Titeln und Ehren-Aemtern ausmißt.

10. Jch halte den vor einen gelehrten
Mann/ der etliche wenige Wahrheiten ge-
wiß weiß/ die er zum gemeinen Nutzen an-
wenden/ und daraus in allerhand Wis-
senschafften andere Warheiten wieder
herleiten kan/ im übrigen aber das gemei-
ne Sprüchwort rechtschaffen verstehet/ daß
die Welt von leeren Wahne angefüllet sey/
und so wohl seine Warheiten/ als den leeren
Wahn der Welt andern gar leichte und
deutlich kan vor Augen stellen.

11. Jedoch muß ein solcher täglich fortfah-
ren
seinen Verstand auszubessern/ weil es
täglich Gelegenheit haben wird/ neue War-
heiten zu entdecken/ und neue Vor-Urtheile/

die
1. Hauptſtuͤck von der

8. Denn ſo ſchwer es iſt zu ſagen/ das wie
vielſte Korn aus einer Hand voll einen Hauf-
fen mache/ ſo ſchwer iſt es auch zu determi-
ni
ren/ durch welchen Grad der Wiſſenſchafft
man aus einem ungelehrten Menſchen ein
rechtſchaffener Gelehrter werde.

9. Dannenhero darf man ſich auch nicht
wundern/ daß oͤfters den Nahmen gelehrter
Leute diejenigen mißbrauchen/ die nichts we-
niger ſind/ oder daß man die Gelahrheit nach
Titeln und Ehren-Aemtern ausmißt.

10. Jch halte den vor einen gelehrten
Mann/ der etliche wenige Wahrheiten ge-
wiß weiß/ die er zum gemeinen Nutzen an-
wenden/ und daraus in allerhand Wiſ-
ſenſchafften andere Warheiten wieder
herleiten kan/ im uͤbrigen aber das gemei-
ne Spruͤchwort rechtſchaffen verſtehet/ daß
die Welt von leeren Wahne angefuͤllet ſey/
und ſo wohl ſeine Warheiten/ als den leeren
Wahn der Welt andern gar leichte und
deutlich kan vor Augen ſtellen.

11. Jedoch muß ein ſolcher taͤglich fortfah-
ren
ſeinen Verſtand auszubeſſern/ weil es
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heiten zu entdecken/ und neue Vor-Urtheile/

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[78/0096] 1. Hauptſtuͤck von der 8. Denn ſo ſchwer es iſt zu ſagen/ das wie vielſte Korn aus einer Hand voll einen Hauf- fen mache/ ſo ſchwer iſt es auch zu determi- niren/ durch welchen Grad der Wiſſenſchafft man aus einem ungelehrten Menſchen ein rechtſchaffener Gelehrter werde. 9. Dannenhero darf man ſich auch nicht wundern/ daß oͤfters den Nahmen gelehrter Leute diejenigen mißbrauchen/ die nichts we- niger ſind/ oder daß man die Gelahrheit nach Titeln und Ehren-Aemtern ausmißt. 10. Jch halte den vor einen gelehrten Mann/ der etliche wenige Wahrheiten ge- wiß weiß/ die er zum gemeinen Nutzen an- wenden/ und daraus in allerhand Wiſ- ſenſchafften andere Warheiten wieder herleiten kan/ im uͤbrigen aber das gemei- ne Spruͤchwort rechtſchaffen verſtehet/ daß die Welt von leeren Wahne angefuͤllet ſey/ und ſo wohl ſeine Warheiten/ als den leeren Wahn der Welt andern gar leichte und deutlich kan vor Augen ſtellen. 11. Jedoch muß ein ſolcher taͤglich fortfah- ren ſeinen Verſtand auszubeſſern/ weil es taͤglich Gelegenheit haben wird/ neue War- heiten zu entdecken/ und neue Vor-Urtheile/ die

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungvernufftlehre_1691/96>, abgerufen am 21.11.2024.