Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723.daß man die Geburt nicht mercken sollen, und also wieder ausgangen, 2 Jahr mit Landes-Verweisung, oder 8 Wochen lang mit Gefängniß, ingleichen dero Mutter, daß sie das Kind anfangs in eine Lade verstecket, und es hernach in den Garten heimlich vergraben, sechs Wochen lang mit Gefängniß oder umb 30. Thlr. zubestraffen, immassen sie auch allerseits, die dißfals verursachten Unkosten, wovon die fol. 149. & seqq. Vol. 1. ausser dem baaren Verlage auf 36. Thlr. 21. gl. zumäßigen, abzustatten schuldig. Wie und auff was Weise aber die Sache so lange und in zwey Jahren und drüber, von dem publicirten Wittenbergischen Urtheil an zu rechnen, trainiret worden, kan ich gleichfalls nicht melden; vermuthlich hat der Vater gesucht, allerhand Dilationes zu gebrauchen, biß ihm endlich bey Verlust der Caution ist anbefohlen worden, die Tochter zu sistiren &c. Nutzen dieses gegenwärtigen casus.§. XLIV. Ich habe diesen casum hauptsächlich deßwegen so ausführlich und weitläuftig vorgestellet, weil die nach dieser Zeit geführten criminal Acten in puncto infanticidii vielfältig bezeiget haben, daß die Quaestion, wie weit die Untersinckung der Lunge oder auch die Obenschwimmung derselben ein indicium für oder wieder die beschuldigte Kinder-Mörderinnen mache, zum öfftern darinnen ventiliret worden. Ja es haben auch die Commentatores über die Peinliche Halsgerichts-Ordnung nach dieser Zeit nicht ermangelt, dißfalls ihre Meimmgen über diese Frage zu entdecken. Z. E. der Seel. Herr D. Beyer zu Wittenberg delineat. jur. crimin. ad art. 33. seq. posit. 21. seq. Der Herr Hoffrath Ludovici in seinen notis practicis über die Peinliche Halsgerichts-Ordnung dict. art. 35. p 51. 52. edit. anno 1716. Vor diesem gegenwärtigen casu glaube ich nicht, daß dieser Frage halber etwas in denen judiciis in Teutschland und in denen Urtheilen oder Responsis collegiorum juridicorum vel medicorum vorgekommen sey. Weil nun diese Frage in denen oben beygedruckten responsis variis Medicis plene außgeführet worden, so werden sich die Herren Advocati inquisitorum derselben in dergleichen Fällen gar nützlich bedienen, auch nach Gelegenheit, wenn Ihnen dißfalls einige objectiones gemacht werden wolten, diese dann und wann beantworten können. Jedoch ist kein Zweiffel, es werde aus denen neueren Scribenten noch ein mehrers als hier zu finden, von dieser Materie können angemercket werden. Also finde ich z. E. daß Herr D. Beyer loc. cit. notiret hat, daß wenn das Kind schon habe angefangen zu faulen, alsdenn die Lunge des Kindes auch oben schwimme, wenn dieses gleich in Mutter-Leibe schon gestorben gewesen, welches mit dem oben von der Fäulung §. 37. angeführten casu nicht muß confundiret werden, daß die Lungen der Thiere die einmahl mit Lufft angefüllet gewesen, auch nach der Fäulung nicht untersincken &c. daß man die Geburt nicht mercken sollen, und also wieder ausgangen, 2 Jahr mit Landes-Verweisung, oder 8 Wochen lang mit Gefängniß, ingleichen dero Mutter, daß sie das Kind anfangs in eine Lade verstecket, und es hernach in den Garten heimlich vergraben, sechs Wochen lang mit Gefängniß oder umb 30. Thlr. zubestraffen, immassen sie auch allerseits, die dißfals verursachten Unkosten, wovon die fol. 149. & seqq. Vol. 1. ausser dem baaren Verlage auf 36. Thlr. 21. gl. zumäßigen, abzustatten schuldig. Wie und auff was Weise aber die Sache so lange und in zwey Jahren und drüber, von dem publicirten Wittenbergischen Urtheil an zu rechnen, trainiret worden, kan ich gleichfalls nicht melden; vermuthlich hat der Vater gesucht, allerhand Dilationes zu gebrauchen, biß ihm endlich bey Verlust der Caution ist anbefohlen worden, die Tochter zu sistiren &c. Nutzen dieses gegenwärtigen casus.§. XLIV. Ich habe diesen casum hauptsächlich deßwegen so ausführlich und weitläuftig vorgestellet, weil die nach dieser Zeit geführten criminal Acten in puncto infanticidii vielfältig bezeiget haben, daß die Quaestion, wie weit die Untersinckung der Lunge oder auch die Obenschwimmung derselben ein indicium für oder wieder die beschuldigte Kinder-Mörderinnen mache, zum öfftern darinnen ventiliret worden. Ja es haben auch die Commentatores über die Peinliche Halsgerichts-Ordnung nach dieser Zeit nicht ermangelt, dißfalls ihre Meimmgen über diese Frage zu entdecken. Z. E. der Seel. Herr D. Beyer zu Wittenberg delineat. jur. crimin. ad art. 33. seq. posit. 21. seq. Der Herr Hoffrath Ludovici in seinen notis practicis über die Peinliche Halsgerichts-Ordnung dict. art. 35. p 51. 52. edit. anno 1716. Vor diesem gegenwärtigen casu glaube ich nicht, daß dieser Frage halber etwas in denen judiciis in Teutschland und in denen Urtheilen oder Responsis collegiorum juridicorum vel medicorum vorgekommen sey. Weil nun diese Frage in denen oben beygedruckten responsis variis Medicis plene außgeführet worden, so werden sich die Herren Advocati inquisitorum derselben in dergleichen Fällen gar nützlich bedienen, auch nach Gelegenheit, wenn Ihnen dißfalls einige objectiones gemacht werden wolten, diese dann und wann beantworten können. Jedoch ist kein Zweiffel, es werde aus denen neueren Scribenten noch ein mehrers als hier zu finden, von dieser Materie können angemercket werden. Also finde ich z. E. daß Herr D. Beyer loc. cit. notiret hat, daß wenn das Kind schon habe angefangen zu faulen, alsdenn die Lunge des Kindes auch oben schwimme, wenn dieses gleich in Mutter-Leibe schon gestorben gewesen, welches mit dem oben von der Fäulung §. 37. angeführten casu nicht muß confundiret werden, daß die Lungen der Thiere die einmahl mit Lufft angefüllet gewesen, auch nach der Fäulung nicht untersincken &c. <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0120" n="104"/> daß man die Geburt nicht mercken sollen, und also wieder ausgangen, 2 Jahr mit Landes-Verweisung, oder 8 Wochen lang mit Gefängniß, ingleichen dero Mutter, daß sie das Kind anfangs in eine Lade verstecket, und es hernach in den Garten heimlich vergraben, sechs Wochen lang mit Gefängniß oder umb 30. Thlr. zubestraffen, immassen sie auch allerseits, die dißfals verursachten Unkosten, wovon die <hi rendition="#i">fol. 149. & seqq. Vol. 1</hi>. ausser dem baaren Verlage auf 36. 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Ja es haben auch die Commentatores über die Peinliche Halsgerichts-Ordnung nach dieser Zeit nicht ermangelt, dißfalls ihre Meimmgen über diese Frage zu entdecken. Z. E. der Seel. Herr D. Beyer zu Wittenberg <hi rendition="#i">delineat. jur. crimin. ad art. 33. seq. posit. 21. seq</hi>. Der Herr Hoffrath Ludovici in seinen notis practicis über die Peinliche Halsgerichts-Ordnung <hi rendition="#i">dict. art. 35. p 51. 52. edit. anno 1716</hi>. Vor diesem gegenwärtigen casu glaube ich nicht, daß dieser Frage halber etwas in denen judiciis in Teutschland und in denen Urtheilen oder Responsis collegiorum juridicorum vel medicorum vorgekommen sey. Weil nun diese Frage in denen oben beygedruckten responsis variis Medicis plene außgeführet worden, so werden sich die Herren Advocati inquisitorum derselben in dergleichen Fällen gar nützlich bedienen, auch nach Gelegenheit, wenn Ihnen dißfalls einige objectiones gemacht werden wolten, diese dann und wann beantworten können. Jedoch ist kein Zweiffel, es werde aus denen neueren Scribenten noch ein mehrers als hier zu finden, von dieser Materie können angemercket werden. Also finde ich z. E. daß Herr D. Beyer loc. cit. notiret hat, daß wenn das Kind schon habe angefangen zu faulen, alsdenn die Lunge des Kindes auch oben schwimme, wenn dieses gleich in Mutter-Leibe schon gestorben gewesen, welches mit dem oben von der Fäulung §. 37. angeführten casu nicht muß confundiret werden, daß die Lungen der Thiere die einmahl mit Lufft angefüllet gewesen, auch nach der Fäulung nicht untersincken &c.</p> </div> </body> </text> </TEI> [104/0120]
daß man die Geburt nicht mercken sollen, und also wieder ausgangen, 2 Jahr mit Landes-Verweisung, oder 8 Wochen lang mit Gefängniß, ingleichen dero Mutter, daß sie das Kind anfangs in eine Lade verstecket, und es hernach in den Garten heimlich vergraben, sechs Wochen lang mit Gefängniß oder umb 30. Thlr. zubestraffen, immassen sie auch allerseits, die dißfals verursachten Unkosten, wovon die fol. 149. & seqq. Vol. 1. ausser dem baaren Verlage auf 36. Thlr. 21. gl. zumäßigen, abzustatten schuldig.
Wie und auff was Weise aber die Sache so lange und in zwey Jahren und drüber, von dem publicirten Wittenbergischen Urtheil an zu rechnen, trainiret worden, kan ich gleichfalls nicht melden; vermuthlich hat der Vater gesucht, allerhand Dilationes zu gebrauchen, biß ihm endlich bey Verlust der Caution ist anbefohlen worden, die Tochter zu sistiren &c.
§. XLIV. Ich habe diesen casum hauptsächlich deßwegen so ausführlich und weitläuftig vorgestellet, weil die nach dieser Zeit geführten criminal Acten in puncto infanticidii vielfältig bezeiget haben, daß die Quaestion, wie weit die Untersinckung der Lunge oder auch die Obenschwimmung derselben ein indicium für oder wieder die beschuldigte Kinder-Mörderinnen mache, zum öfftern darinnen ventiliret worden. Ja es haben auch die Commentatores über die Peinliche Halsgerichts-Ordnung nach dieser Zeit nicht ermangelt, dißfalls ihre Meimmgen über diese Frage zu entdecken. Z. E. der Seel. Herr D. Beyer zu Wittenberg delineat. jur. crimin. ad art. 33. seq. posit. 21. seq. Der Herr Hoffrath Ludovici in seinen notis practicis über die Peinliche Halsgerichts-Ordnung dict. art. 35. p 51. 52. edit. anno 1716. Vor diesem gegenwärtigen casu glaube ich nicht, daß dieser Frage halber etwas in denen judiciis in Teutschland und in denen Urtheilen oder Responsis collegiorum juridicorum vel medicorum vorgekommen sey. Weil nun diese Frage in denen oben beygedruckten responsis variis Medicis plene außgeführet worden, so werden sich die Herren Advocati inquisitorum derselben in dergleichen Fällen gar nützlich bedienen, auch nach Gelegenheit, wenn Ihnen dißfalls einige objectiones gemacht werden wolten, diese dann und wann beantworten können. Jedoch ist kein Zweiffel, es werde aus denen neueren Scribenten noch ein mehrers als hier zu finden, von dieser Materie können angemercket werden. Also finde ich z. E. daß Herr D. Beyer loc. cit. notiret hat, daß wenn das Kind schon habe angefangen zu faulen, alsdenn die Lunge des Kindes auch oben schwimme, wenn dieses gleich in Mutter-Leibe schon gestorben gewesen, welches mit dem oben von der Fäulung §. 37. angeführten casu nicht muß confundiret werden, daß die Lungen der Thiere die einmahl mit Lufft angefüllet gewesen, auch nach der Fäulung nicht untersincken &c.
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