Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723.

Bild:
<< vorherige Seite
Von Consiscirung Atheistischer Bücher.

§. II. In dieser specie facti sind zwey Beylagen allegiret. Die sub litera A. war das confiscirte Büchlein de Deo, Mundo, Homine selbst in octavo, aus dreyen Bogen bestehend, welches ich gerne wolte mit beydrucken laßen, wenn alle Welt meines Sinnes wäre, und die Herren zu N. nicht nach der gemeinen Meinung, von dergleichen Bücher Gefährlichkeit, selbiges confisciret hätten. Denn ob sie zwar solches nach Anleitung unsers responsi zu thun wohl befugt gewesen, so habe doch allbereit oben bey den V. Handel §. I. p. 130. erinnert, daß nicht alles, was ich zu thun befugt bin, auch nützlich sey. Nach meiner Meinung werden die Atheistischen Bücher durch die Confiscation nicht unterdruckt, sondern sie werden von denen schlauen Buchführern nur desto theurer verkaufft, ja weil die Politische Welt durch die tägliche Erfahrung vergewissert ist, daß wegen der vielen Reliquien Papatus Politici, die noch hier und dar auch unter den Evangelischen dominiren, auch viele gute nützliche Bücher unter dem praetext, als wenn selbige gefährlich wären, eine gute Zeithero sind confisciret worden, so pflegen auch viele vernünfftige und gescheide Leute aus Curiosität dergleichen als Atheistische confiscirte Bücher, wenn selbige confisciret worden, desto theurer zu bezahlen, weil sie gedencken was gutes darinnen zu finden. Ich bin versichert, daß wenn Bodini Heptaplomeres, daß wohl eher für hundert Thaler und drüber bezahlet worden, gedruckt wäre, zwar der erste Verlag davon dem Verleger eben keinen Schaden bringen dürffte, wenn er es um einen billigen Preiß gäbe, eben wegen der bißherigen Einbildung von demselben. Aber ich wolte gut dafür seyn, daß es keiner fernern Auflage würde bedürffen, so viel einfältiges, albernes und absurdes Zeug stehet darinnen von Anfang biß zu Ende. Es gemahnet mich mit denen Atheistischen Schrifften, wie mit andern absurden, oder doch nicht viel besonders in sich habenden Schrifften, die bloß die Rarität theuer macht. Wie viel tausend Thaler hat nicht mancher Professor (sonderlich in dem vergangenen Seculo, da die Ignoranz auch noch auff denen Lutherischen Universitäten herrschete) mit einen dictirten Tractätlein verdienet, das ihn jeder mit 60. und mehr Thalern bezahlen muste. Warum? er muste schweren, daß er dieses herrliche Werckgen keinem Menschen communiciren wolte. Jetzund, da das Werckgen gedruckt ist und etwa 6. oder 8. gute Groschen kostet, will es bald kein Mensche mehr kauffen. Von Thummermuths Buche: Krumbstab schleußt niemand aus, habe ich anderswo geredet, und wird es sich weisen, ob der aestim davon, und die Begierde, solches zu besitzen, nicht gar sehr abnehmen wird, da man solches nun öffentlich verkaufft. Dem sey aber nun wie ihm wolle, so will

Von Consiscirung Atheistischer Bücher.

§. II. In dieser specie facti sind zwey Beylagen allegiret. Die sub litera A. war das confiscirte Büchlein de Deo, Mundo, Homine selbst in octavo, aus dreyen Bogen bestehend, welches ich gerne wolte mit beydrucken laßen, wenn alle Welt meines Sinnes wäre, und die Herren zu N. nicht nach der gemeinen Meinung, von dergleichen Bücher Gefährlichkeit, selbiges confisciret hätten. Denn ob sie zwar solches nach Anleitung unsers responsi zu thun wohl befugt gewesen, so habe doch allbereit oben bey den V. Handel §. I. p. 130. erinnert, daß nicht alles, was ich zu thun befugt bin, auch nützlich sey. Nach meiner Meinung werden die Atheistischen Bücher durch die Confiscation nicht unterdruckt, sondern sie werden von denen schlauen Buchführern nur desto theurer verkaufft, ja weil die Politische Welt durch die tägliche Erfahrung vergewissert ist, daß wegen der vielen Reliquien Papatus Politici, die noch hier und dar auch unter den Evangelischen dominiren, auch viele gute nützliche Bücher unter dem praetext, als wenn selbige gefährlich wären, eine gute Zeithero sind confisciret worden, so pflegen auch viele vernünfftige und gescheide Leute aus Curiosität dergleichen als Atheistische confiscirte Bücher, wenn selbige confisciret worden, desto theurer zu bezahlen, weil sie gedencken was gutes darinnen zu finden. Ich bin versichert, daß wenn Bodini Heptaplomeres, daß wohl eher für hundert Thaler und drüber bezahlet worden, gedruckt wäre, zwar der erste Verlag davon dem Verleger eben keinen Schaden bringen dürffte, wenn er es um einen billigen Preiß gäbe, eben wegen der bißherigen Einbildung von demselben. Aber ich wolte gut dafür seyn, daß es keiner fernern Auflage würde bedürffen, so viel einfältiges, albernes und absurdes Zeug stehet darinnen von Anfang biß zu Ende. Es gemahnet mich mit denen Atheistischen Schrifften, wie mit andern absurden, oder doch nicht viel besonders in sich habenden Schrifften, die bloß die Rarität theuer macht. Wie viel tausend Thaler hat nicht mancher Professor (sonderlich in dem vergangenen Seculo, da die Ignoranz auch noch auff denen Lutherischen Universitäten herrschete) mit einen dictirten Tractätlein verdienet, das ihn jeder mit 60. und mehr Thalern bezahlen muste. Warum? er muste schweren, daß er dieses herrliche Werckgen keinem Menschen communiciren wolte. Jetzund, da das Werckgen gedruckt ist und etwa 6. oder 8. gute Groschen kostet, will es bald kein Mensche mehr kauffen. Von Thummermuths Buche: Krumbstab schleußt niemand aus, habe ich anderswo geredet, und wird es sich weisen, ob der aestim davon, und die Begierde, solches zu besitzen, nicht gar sehr abnehmen wird, da man solches nun öffentlich verkaufft. Dem sey aber nun wie ihm wolle, so will

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <pb facs="#f0256" n="240"/>
        <note place="left">Von <hi rendition="#i">Consiscir</hi>ung Atheistischer                      Bücher.</note>
        <p>§. II. In dieser specie facti sind zwey Beylagen allegiret. Die sub litera A. war                      das confiscirte Büchlein de Deo, Mundo, Homine selbst in octavo, aus dreyen                      Bogen bestehend, welches ich gerne wolte mit beydrucken laßen, wenn alle Welt                      meines Sinnes wäre, und die Herren zu N. nicht nach der gemeinen Meinung, von                      dergleichen Bücher Gefährlichkeit, selbiges confisciret hätten. Denn ob sie zwar                      solches nach Anleitung unsers responsi zu thun wohl befugt gewesen, so habe doch                      allbereit oben bey den V. Handel §. I. p. 130. erinnert, daß nicht alles, was                      ich zu thun befugt bin, auch nützlich sey. Nach meiner Meinung werden die                      Atheistischen Bücher durch die Confiscation nicht unterdruckt, sondern sie                      werden von denen schlauen Buchführern nur desto theurer verkaufft, ja weil die                      Politische Welt durch die tägliche Erfahrung vergewissert ist, daß wegen der                      vielen Reliquien Papatus Politici, die noch hier und dar auch unter den                      Evangelischen dominiren, auch viele gute nützliche Bücher unter dem praetext,                      als wenn selbige gefährlich wären, eine gute Zeithero sind confisciret worden,                      so pflegen auch viele vernünfftige und gescheide Leute aus Curiosität                      dergleichen als Atheistische confiscirte Bücher, wenn selbige confisciret                      worden, desto theurer zu bezahlen, weil sie gedencken was gutes darinnen zu                      finden. Ich bin versichert, daß wenn Bodini Heptaplomeres, daß wohl eher für                      hundert Thaler und drüber bezahlet worden, gedruckt wäre, zwar der erste Verlag                      davon dem Verleger eben keinen Schaden bringen dürffte, wenn er es um einen                      billigen Preiß gäbe, eben wegen der bißherigen Einbildung von demselben. Aber                      ich wolte gut dafür seyn, daß es keiner fernern Auflage würde bedürffen, so viel                      einfältiges, albernes und absurdes Zeug stehet darinnen von Anfang biß zu Ende.                      Es gemahnet mich mit denen Atheistischen Schrifften, wie mit andern absurden,                      oder doch nicht viel besonders in sich habenden Schrifften, die bloß die Rarität                      theuer macht. Wie viel tausend Thaler hat nicht mancher Professor (sonderlich in                      dem vergangenen Seculo, da die Ignoranz auch noch auff denen Lutherischen                      Universitäten herrschete) mit einen dictirten Tractätlein verdienet, das ihn                      jeder mit 60. und mehr Thalern bezahlen muste. Warum? er muste schweren, daß er                      dieses herrliche Werckgen keinem Menschen communiciren wolte. Jetzund, da das                      Werckgen gedruckt ist und etwa 6. oder 8. gute Groschen kostet, will es bald                      kein Mensche mehr kauffen. Von Thummermuths Buche: Krumbstab schleußt niemand                      aus, habe ich anderswo geredet, und wird es sich weisen, ob der aestim davon,                      und die Begierde, solches zu besitzen, nicht gar sehr abnehmen wird, da man                      solches nun öffentlich verkaufft. Dem sey aber nun wie ihm wolle, so will
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[240/0256] §. II. In dieser specie facti sind zwey Beylagen allegiret. Die sub litera A. war das confiscirte Büchlein de Deo, Mundo, Homine selbst in octavo, aus dreyen Bogen bestehend, welches ich gerne wolte mit beydrucken laßen, wenn alle Welt meines Sinnes wäre, und die Herren zu N. nicht nach der gemeinen Meinung, von dergleichen Bücher Gefährlichkeit, selbiges confisciret hätten. Denn ob sie zwar solches nach Anleitung unsers responsi zu thun wohl befugt gewesen, so habe doch allbereit oben bey den V. Handel §. I. p. 130. erinnert, daß nicht alles, was ich zu thun befugt bin, auch nützlich sey. Nach meiner Meinung werden die Atheistischen Bücher durch die Confiscation nicht unterdruckt, sondern sie werden von denen schlauen Buchführern nur desto theurer verkaufft, ja weil die Politische Welt durch die tägliche Erfahrung vergewissert ist, daß wegen der vielen Reliquien Papatus Politici, die noch hier und dar auch unter den Evangelischen dominiren, auch viele gute nützliche Bücher unter dem praetext, als wenn selbige gefährlich wären, eine gute Zeithero sind confisciret worden, so pflegen auch viele vernünfftige und gescheide Leute aus Curiosität dergleichen als Atheistische confiscirte Bücher, wenn selbige confisciret worden, desto theurer zu bezahlen, weil sie gedencken was gutes darinnen zu finden. Ich bin versichert, daß wenn Bodini Heptaplomeres, daß wohl eher für hundert Thaler und drüber bezahlet worden, gedruckt wäre, zwar der erste Verlag davon dem Verleger eben keinen Schaden bringen dürffte, wenn er es um einen billigen Preiß gäbe, eben wegen der bißherigen Einbildung von demselben. Aber ich wolte gut dafür seyn, daß es keiner fernern Auflage würde bedürffen, so viel einfältiges, albernes und absurdes Zeug stehet darinnen von Anfang biß zu Ende. Es gemahnet mich mit denen Atheistischen Schrifften, wie mit andern absurden, oder doch nicht viel besonders in sich habenden Schrifften, die bloß die Rarität theuer macht. Wie viel tausend Thaler hat nicht mancher Professor (sonderlich in dem vergangenen Seculo, da die Ignoranz auch noch auff denen Lutherischen Universitäten herrschete) mit einen dictirten Tractätlein verdienet, das ihn jeder mit 60. und mehr Thalern bezahlen muste. Warum? er muste schweren, daß er dieses herrliche Werckgen keinem Menschen communiciren wolte. Jetzund, da das Werckgen gedruckt ist und etwa 6. oder 8. gute Groschen kostet, will es bald kein Mensche mehr kauffen. Von Thummermuths Buche: Krumbstab schleußt niemand aus, habe ich anderswo geredet, und wird es sich weisen, ob der aestim davon, und die Begierde, solches zu besitzen, nicht gar sehr abnehmen wird, da man solches nun öffentlich verkaufft. Dem sey aber nun wie ihm wolle, so will

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in TEI. (2012-11-23T14:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme der Wolfenbütteler Digitalen Bibliothek entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-23T14:00:00Z)
Frank Wiegand: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-23T14:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/256
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/256>, abgerufen am 21.11.2024.