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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723.

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auch er selbst cap. I. §. ult. p. 17. in dieser Schrifft lehret, und für einen Satz seiner politischen Religion ausgiebet, daß die herrschende Religion nicht nur über den Leib, sondern auch über das Gewissen der Unterthanen, so ferne nemlich solches Gewissen in die Sinne falle, herrsche. Nun fället aber die Frucht seines irrigen Gewissens, nemlich das corpus delicti unstreitig in die Sinne, und da er sich zum Autore desselben bekennet, auch sein Gewissen selbst. Wir sind auch über dieses 5. versichert, daß Titius,QUINTA. wenn er sich nicht selbst muthwillig verblendete, sondern die Augen einer gesunden Vernunfft nur ein wenig auffthun wolte, werde gestehen müssen, daß er dieses alles selbst begreiffe und nicht wisse, was er für eine action wieder die Obrigkeit oder die Priesterschafft des Orts anstellen wolle, wie er dann auch in seiner an uns gethanen Frage keine, darum er uns in specie befragt hätte, zu benennen gewust, da es ihm doch sonst an dergleichen Wissenschafft nicht mangelt. Und wenn er ferner überlegen wird, wo er einen Richter finden wolle, der mit denen von ihm vorgetragenen, den wahren GOtt verleugnenden, und die Christliche Religion für irrig ausgebenden Lehren einig seyn oder dieselbe vertheydigen werde, so wird er leichtlich erkennen, daß solches eine absolute moralische oder politische Unmöglichkeit sey, sondern daß er vielmehr allenthalben, wo er mit dieser seiner praetendirten Klage werde aufgezogen kommen, so bald er derselbigen seine Meditationes beylegen werde, werde beym Kopffe genommen, und aus einem höhern Thon mit ihm gesungen werden; Uberdieses wenn auch gleich Titio eine Klage wieder das Ministerium und den Rath, so seine Schrifft conficiret, sonsten competiret hätte, so würde er sich doch derselbigen 6. um deßwegen nicht bedienen können, dieweil er inSEXTA. besagter seiner Vorrede p. 5. sich deutlich herausgelassen, daß wenn gleich ihm oder seinem Buch einiger Schimpf, wie er sich wohl befahrete, wiederfahren solte, so wolte er doch dieselbe mit einer lächlenden Mine und einer Philosophischen Gelassenheit ansehen; und als ein Mensch, der seiner selbst mächtig, und seiner Affecten Meister wäre, alles Tyrannische Verfahren wieder seine Schrifft und ihn mit gleichgültigen Augen ansehen, und mit ruhmwürdigen Stilleschweigen über seiner Wiedersacher Geschrey triumphiren, auch solchergestalt mit einer großmüthigen Verachtung die unbilligsten Schmähungen ahnden, indem ihn so wohl die natürliche als geoffenbahrte Theologie, ja auch die Sitten-Lehre und Politic unterwiesen, daß man so wohl öffentliche als heimliche vom schwartzen Neid herrührende Anschwärtzungen nichts achten, und die Beneidung, als welche allen tugendhafften Leuten es nicht anders mache, der Barmhertzigkeit oder

auch er selbst cap. I. §. ult. p. 17. in dieser Schrifft lehret, und für einen Satz seiner politischen Religion ausgiebet, daß die herrschende Religion nicht nur über den Leib, sondern auch über das Gewissen der Unterthanen, so ferne nemlich solches Gewissen in die Sinne falle, herrsche. Nun fället aber die Frucht seines irrigen Gewissens, nemlich das corpus delicti unstreitig in die Sinne, und da er sich zum Autore desselben bekennet, auch sein Gewissen selbst. Wir sind auch über dieses 5. versichert, daß Titius,QUINTA. wenn er sich nicht selbst muthwillig verblendete, sondern die Augen einer gesunden Vernunfft nur ein wenig auffthun wolte, werde gestehen müssen, daß er dieses alles selbst begreiffe und nicht wisse, was er für eine action wieder die Obrigkeit oder die Priesterschafft des Orts anstellen wolle, wie er dann auch in seiner an uns gethanen Frage keine, darum er uns in specie befragt hätte, zu benennen gewust, da es ihm doch sonst an dergleichen Wissenschafft nicht mangelt. Und wenn er ferner überlegen wird, wo er einen Richter finden wolle, der mit denen von ihm vorgetragenen, den wahren GOtt verleugnenden, und die Christliche Religion für irrig ausgebenden Lehren einig seyn oder dieselbe vertheydigen werde, so wird er leichtlich erkennen, daß solches eine absolute moralische oder politische Unmöglichkeit sey, sondern daß er vielmehr allenthalben, wo er mit dieser seiner praetendirten Klage werde aufgezogen kommen, so bald er derselbigen seine Meditationes beylegen werde, werde beym Kopffe genommen, und aus einem höhern Thon mit ihm gesungen werden; Uberdieses wenn auch gleich Titio eine Klage wieder das Ministerium und den Rath, so seine Schrifft conficiret, sonsten competiret hätte, so würde er sich doch derselbigen 6. um deßwegen nicht bedienen können, dieweil er inSEXTA. besagter seiner Vorrede p. 5. sich deutlich herausgelassen, daß wenn gleich ihm oder seinem Buch einiger Schimpf, wie er sich wohl befahrete, wiederfahren solte, so wolte er doch dieselbe mit einer lächlenden Mine und einer Philosophischen Gelassenheit ansehen; und als ein Mensch, der seiner selbst mächtig, und seiner Affecten Meister wäre, alles Tyrannische Verfahren wieder seine Schrifft und ihn mit gleichgültigen Augen ansehen, und mit ruhmwürdigen Stilleschweigen über seiner Wiedersacher Geschrey triumphiren, auch solchergestalt mit einer großmüthigen Verachtung die unbilligsten Schmähungen ahnden, indem ihn so wohl die natürliche als geoffenbahrte Theologie, ja auch die Sitten-Lehre und Politic unterwiesen, daß man so wohl öffentliche als heimliche vom schwartzen Neid herrührende Anschwärtzungen nichts achten, und die Beneidung, als welche allen tugendhafften Leuten es nicht anders mache, der Barmhertzigkeit oder

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[257/0273] auch er selbst cap. I. §. ult. p. 17. in dieser Schrifft lehret, und für einen Satz seiner politischen Religion ausgiebet, daß die herrschende Religion nicht nur über den Leib, sondern auch über das Gewissen der Unterthanen, so ferne nemlich solches Gewissen in die Sinne falle, herrsche. Nun fället aber die Frucht seines irrigen Gewissens, nemlich das corpus delicti unstreitig in die Sinne, und da er sich zum Autore desselben bekennet, auch sein Gewissen selbst. Wir sind auch über dieses 5. versichert, daß Titius, wenn er sich nicht selbst muthwillig verblendete, sondern die Augen einer gesunden Vernunfft nur ein wenig auffthun wolte, werde gestehen müssen, daß er dieses alles selbst begreiffe und nicht wisse, was er für eine action wieder die Obrigkeit oder die Priesterschafft des Orts anstellen wolle, wie er dann auch in seiner an uns gethanen Frage keine, darum er uns in specie befragt hätte, zu benennen gewust, da es ihm doch sonst an dergleichen Wissenschafft nicht mangelt. Und wenn er ferner überlegen wird, wo er einen Richter finden wolle, der mit denen von ihm vorgetragenen, den wahren GOtt verleugnenden, und die Christliche Religion für irrig ausgebenden Lehren einig seyn oder dieselbe vertheydigen werde, so wird er leichtlich erkennen, daß solches eine absolute moralische oder politische Unmöglichkeit sey, sondern daß er vielmehr allenthalben, wo er mit dieser seiner praetendirten Klage werde aufgezogen kommen, so bald er derselbigen seine Meditationes beylegen werde, werde beym Kopffe genommen, und aus einem höhern Thon mit ihm gesungen werden; Uberdieses wenn auch gleich Titio eine Klage wieder das Ministerium und den Rath, so seine Schrifft conficiret, sonsten competiret hätte, so würde er sich doch derselbigen 6. um deßwegen nicht bedienen können, dieweil er in besagter seiner Vorrede p. 5. sich deutlich herausgelassen, daß wenn gleich ihm oder seinem Buch einiger Schimpf, wie er sich wohl befahrete, wiederfahren solte, so wolte er doch dieselbe mit einer lächlenden Mine und einer Philosophischen Gelassenheit ansehen; und als ein Mensch, der seiner selbst mächtig, und seiner Affecten Meister wäre, alles Tyrannische Verfahren wieder seine Schrifft und ihn mit gleichgültigen Augen ansehen, und mit ruhmwürdigen Stilleschweigen über seiner Wiedersacher Geschrey triumphiren, auch solchergestalt mit einer großmüthigen Verachtung die unbilligsten Schmähungen ahnden, indem ihn so wohl die natürliche als geoffenbahrte Theologie, ja auch die Sitten-Lehre und Politic unterwiesen, daß man so wohl öffentliche als heimliche vom schwartzen Neid herrührende Anschwärtzungen nichts achten, und die Beneidung, als welche allen tugendhafften Leuten es nicht anders mache, der Barmhertzigkeit oder QUINTA. SEXTA.

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/273>, abgerufen am 21.11.2024.