Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723.

Bild:
<< vorherige Seite

ein ungezäumtes und ruchloses oder gesetzloses Leben für den rechten Stand der Unschuld ausgegeben, §. 12. p. 40. Hurerey, Ehebruch, Mord und Todtschlag für zuläßlich gehalten, §. 17. seq. p. 42. alle Religionen, alle Gesetze, (auch das natürliche und Völckerrecht nicht ausgeschlossen,) alle Belohnungen und Straffen, alle Tugenden und Laster für chimaeren und blosse Früchte des menschlichen Ehrgeitzes und der Tyranney ausgeruffen. Bey diesen Umständen allen, und da auch Spinosa selbst, der Vater dergleichen Atheistischen Lehr-Sätze so frech und tollkühne nicht geschrieben, sondern seine gottlose und ärgerliche Meinungen doch noch in etwas zu verstecken getrachtet, auch selbige bey SECUNDA.seinem Leben zu publiciren sich gescheuet, Titius aber 2. sich nicht entblödet, die obspecificirte ärgerliche und Seelenschädliche Irrthümer in einer freyen Reichs-Stadt durch den Druck zu publiciren, und hernach für sein Werck zu bekennen, ist nicht abzusehen, wie das Evangelische Ministerium und der Stadt-Magistrat anders als mit Confiscation der Schrifft, und mit ihm selbst glimpflicher, als mit dem gegebenen Consilio abeundi und Warnung für einen grössern Schimpffe verfahren können, zumahlen da Titius selbst anderswo in seinen Entwurff einer wohl eingerichteten Policey (zu der er sich in der uns übergebenen specie facti gleichfalls bekennet) p. 72. 75. & 77. gelehret, daß die allgemeine Ruhe durch dergleichen scandaleuse Schrifften gröblich gestöhret, und nicht alleine die Buchdrucker, sondern auch die Autores derselben, ingleichen diejenigen, so sie entweder selbst oder durch heimliche Verkäuffer unter die Leute bringen liessen, ja auch die Obrigkeiten, die mit solchen Delinquenten colludirten und ihnen durch die Finger sähen, auf das schärffste gestrafft und unehrlich gemacht werden solten. Wannenhero ihm auch sein eigenes TER TIA.böses Gewissen 3. vorhergesagt, daß es ihm so ergehen werde, oder daß er noch wohl ein mehreres verdienet, indem er in der Vorrede p. 4. & 5. von sich geschrieben, wie er wohl vorher sähe, daß man wieder sein Buch mit Verdammung, Verbrennung und Confiscirung verfahren, ihn selbst aber mit dem Zunahmen eines Ketzers, Atheisten, Spinosisten oder wohl QUARTA.mit noch schändlichern Titeln belegen werde; Vielmehr hat Titius 4. Ursache, dem Magistrat der Stadt so zu sagen auf den Knien zu dancken, daß man mit ihm so gelinde verfahren, und mit dem blossen Consilio abeundi zu frieden sey, auch nach seinen eigenen Lehren nicht mit Arrestirung und scharffer Leib- und Lebens-Straffe wieder ihn verfahren habe, zumahlen da nach der Lehre der allermeisten Gelehrten in allen dreyen in Römischen Reich tolerirten Religionen die Atheisten und Vertheydiger solcher gottlosen Lehren mit dem Feuer gestrafft werden können und sollen,

ein ungezäumtes und ruchloses oder gesetzloses Leben für den rechten Stand der Unschuld ausgegeben, §. 12. p. 40. Hurerey, Ehebruch, Mord und Todtschlag für zuläßlich gehalten, §. 17. seq. p. 42. alle Religionen, alle Gesetze, (auch das natürliche und Völckerrecht nicht ausgeschlossen,) alle Belohnungen und Straffen, alle Tugenden und Laster für chimaeren und blosse Früchte des menschlichen Ehrgeitzes und der Tyranney ausgeruffen. Bey diesen Umständen allen, und da auch Spinosa selbst, der Vater dergleichen Atheistischen Lehr-Sätze so frech und tollkühne nicht geschrieben, sondern seine gottlose und ärgerliche Meinungen doch noch in etwas zu verstecken getrachtet, auch selbige bey SECUNDA.seinem Leben zu publiciren sich gescheuet, Titius aber 2. sich nicht entblödet, die obspecificirte ärgerliche und Seelenschädliche Irrthümer in einer freyen Reichs-Stadt durch den Druck zu publiciren, und hernach für sein Werck zu bekennen, ist nicht abzusehen, wie das Evangelische Ministerium und der Stadt-Magistrat anders als mit Confiscation der Schrifft, und mit ihm selbst glimpflicher, als mit dem gegebenen Consilio abeundi und Warnung für einen grössern Schimpffe verfahren können, zumahlen da Titius selbst anderswo in seinen Entwurff einer wohl eingerichteten Policey (zu der er sich in der uns übergebenen specie facti gleichfalls bekennet) p. 72. 75. & 77. gelehret, daß die allgemeine Ruhe durch dergleichen scandaleuse Schrifften gröblich gestöhret, und nicht alleine die Buchdrucker, sondern auch die Autores derselben, ingleichen diejenigen, so sie entweder selbst oder durch heimliche Verkäuffer unter die Leute bringen liessen, ja auch die Obrigkeiten, die mit solchen Delinquenten colludirten und ihnen durch die Finger sähen, auf das schärffste gestrafft und unehrlich gemacht werden solten. Wannenhero ihm auch sein eigenes TER TIA.böses Gewissen 3. vorhergesagt, daß es ihm so ergehen werde, oder daß er noch wohl ein mehreres verdienet, indem er in der Vorrede p. 4. & 5. von sich geschrieben, wie er wohl vorher sähe, daß man wieder sein Buch mit Verdammung, Verbrennung und Confiscirung verfahren, ihn selbst aber mit dem Zunahmen eines Ketzers, Atheisten, Spinosisten oder wohl QUARTA.mit noch schändlichern Titeln belegen werde; Vielmehr hat Titius 4. Ursache, dem Magistrat der Stadt so zu sagen auf den Knien zu dancken, daß man mit ihm so gelinde verfahren, und mit dem blossen Consilio abeundi zu frieden sey, auch nach seinen eigenen Lehren nicht mit Arrestirung und scharffer Leib- und Lebens-Straffe wieder ihn verfahren habe, zumahlen da nach der Lehre der allermeisten Gelehrten in allen dreyen in Römischen Reich tolerirten Religionen die Atheisten und Vertheydiger solcher gottlosen Lehren mit dem Feuer gestrafft werden können und sollen,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0272" n="256"/>
ein ungezäumtes und ruchloses oder                      gesetzloses Leben für den rechten Stand der Unschuld ausgegeben, §. 12. p. 40.                      Hurerey, Ehebruch, Mord und Todtschlag für zuläßlich gehalten, §. 17. seq. p.                      42. alle Religionen, alle Gesetze, (auch das natürliche und Völckerrecht nicht                      ausgeschlossen,) alle Belohnungen und Straffen, alle Tugenden und Laster für                      chimaeren und blosse Früchte des menschlichen Ehrgeitzes und der Tyranney                      ausgeruffen. Bey diesen Umständen allen, und da auch Spinosa selbst, der Vater                      dergleichen Atheistischen Lehr-Sätze so frech und tollkühne nicht geschrieben,                      sondern seine gottlose und ärgerliche Meinungen doch noch in etwas zu verstecken                      getrachtet, auch selbige bey <note place="left">SECUNDA.</note>seinem                      Leben zu publiciren sich gescheuet, Titius aber 2. sich nicht entblödet, die                      obspecificirte ärgerliche und Seelenschädliche Irrthümer in einer freyen                      Reichs-Stadt durch den Druck zu publiciren, und hernach für sein Werck zu                      bekennen, ist nicht abzusehen, wie das Evangelische Ministerium und der                      Stadt-Magistrat anders als mit Confiscation der Schrifft, und mit ihm selbst                      glimpflicher, als mit dem gegebenen Consilio abeundi und Warnung für einen                      grössern Schimpffe verfahren können, zumahlen da Titius selbst anderswo in                      seinen Entwurff einer wohl eingerichteten Policey (zu der er sich in der uns                      übergebenen specie facti gleichfalls bekennet) p. 72. 75. &amp; 77.                      gelehret, daß die allgemeine Ruhe durch dergleichen scandaleuse Schrifften                      gröblich gestöhret, und nicht alleine die Buchdrucker, sondern auch die Autores                      derselben, ingleichen diejenigen, so sie entweder selbst oder durch heimliche                      Verkäuffer unter die Leute bringen liessen, ja auch die Obrigkeiten, die mit                      solchen Delinquenten colludirten und ihnen durch die Finger sähen, auf das                      schärffste gestrafft und unehrlich gemacht werden solten. Wannenhero ihm auch                      sein eigenes <note place="left">TER TIA.</note>böses Gewissen 3.                      vorhergesagt, daß es ihm so ergehen werde, oder daß er noch wohl ein mehreres                      verdienet, indem er in der Vorrede p. 4. &amp; 5. von sich geschrieben, wie                      er wohl vorher sähe, daß man wieder sein Buch mit Verdammung, Verbrennung und                      Confiscirung verfahren, ihn selbst aber mit dem Zunahmen eines Ketzers,                      Atheisten, Spinosisten oder wohl <note place="left">QUARTA.</note>mit                      noch schändlichern Titeln belegen werde; Vielmehr hat Titius 4. Ursache, dem                      Magistrat der Stadt so zu sagen auf den Knien zu dancken, daß man mit ihm so                      gelinde verfahren, und mit dem blossen Consilio abeundi zu frieden sey, auch                      nach seinen eigenen Lehren nicht mit Arrestirung und scharffer Leib- und                      Lebens-Straffe wieder ihn verfahren habe, zumahlen da nach der Lehre der                      allermeisten Gelehrten in allen dreyen in Römischen Reich tolerirten Religionen                      die Atheisten und Vertheydiger solcher gottlosen Lehren mit dem Feuer gestrafft                      werden können und sollen,
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[256/0272] ein ungezäumtes und ruchloses oder gesetzloses Leben für den rechten Stand der Unschuld ausgegeben, §. 12. p. 40. Hurerey, Ehebruch, Mord und Todtschlag für zuläßlich gehalten, §. 17. seq. p. 42. alle Religionen, alle Gesetze, (auch das natürliche und Völckerrecht nicht ausgeschlossen,) alle Belohnungen und Straffen, alle Tugenden und Laster für chimaeren und blosse Früchte des menschlichen Ehrgeitzes und der Tyranney ausgeruffen. Bey diesen Umständen allen, und da auch Spinosa selbst, der Vater dergleichen Atheistischen Lehr-Sätze so frech und tollkühne nicht geschrieben, sondern seine gottlose und ärgerliche Meinungen doch noch in etwas zu verstecken getrachtet, auch selbige bey seinem Leben zu publiciren sich gescheuet, Titius aber 2. sich nicht entblödet, die obspecificirte ärgerliche und Seelenschädliche Irrthümer in einer freyen Reichs-Stadt durch den Druck zu publiciren, und hernach für sein Werck zu bekennen, ist nicht abzusehen, wie das Evangelische Ministerium und der Stadt-Magistrat anders als mit Confiscation der Schrifft, und mit ihm selbst glimpflicher, als mit dem gegebenen Consilio abeundi und Warnung für einen grössern Schimpffe verfahren können, zumahlen da Titius selbst anderswo in seinen Entwurff einer wohl eingerichteten Policey (zu der er sich in der uns übergebenen specie facti gleichfalls bekennet) p. 72. 75. & 77. gelehret, daß die allgemeine Ruhe durch dergleichen scandaleuse Schrifften gröblich gestöhret, und nicht alleine die Buchdrucker, sondern auch die Autores derselben, ingleichen diejenigen, so sie entweder selbst oder durch heimliche Verkäuffer unter die Leute bringen liessen, ja auch die Obrigkeiten, die mit solchen Delinquenten colludirten und ihnen durch die Finger sähen, auf das schärffste gestrafft und unehrlich gemacht werden solten. Wannenhero ihm auch sein eigenes böses Gewissen 3. vorhergesagt, daß es ihm so ergehen werde, oder daß er noch wohl ein mehreres verdienet, indem er in der Vorrede p. 4. & 5. von sich geschrieben, wie er wohl vorher sähe, daß man wieder sein Buch mit Verdammung, Verbrennung und Confiscirung verfahren, ihn selbst aber mit dem Zunahmen eines Ketzers, Atheisten, Spinosisten oder wohl mit noch schändlichern Titeln belegen werde; Vielmehr hat Titius 4. Ursache, dem Magistrat der Stadt so zu sagen auf den Knien zu dancken, daß man mit ihm so gelinde verfahren, und mit dem blossen Consilio abeundi zu frieden sey, auch nach seinen eigenen Lehren nicht mit Arrestirung und scharffer Leib- und Lebens-Straffe wieder ihn verfahren habe, zumahlen da nach der Lehre der allermeisten Gelehrten in allen dreyen in Römischen Reich tolerirten Religionen die Atheisten und Vertheydiger solcher gottlosen Lehren mit dem Feuer gestrafft werden können und sollen, SECUNDA. TER TIA. QUARTA.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in TEI. (2012-11-23T14:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme der Wolfenbütteler Digitalen Bibliothek entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-23T14:00:00Z)
Frank Wiegand: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-23T14:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/272
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/272>, abgerufen am 22.11.2024.