Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723.

Bild:
<< vorherige Seite
Entwurff einer Poetischen Antwort des Büchleins an seinen lieben Papa, und ein kleines Specimen davon.

§. XL. Indessen ist mir beygefallen, ob etwan, wenn ich mich ein wenig nach dem Genio des Herrn Praetendenten accommodirte, und ihm meine Gedancken gleichfalls reimweise eröffnete, meine gute treuhertzige Erbarmniß und Ermahnung desto eher durchdringen möchte, weil er doch ein grosser Liebhaber von einer ingeniösen Poefie zu seyn scheinet. Nun mangelte es mir zwar eben an der invention nicht, und überlasse ich dem Leser zu judiciren, ob sie nicht zum wenigsten eben so ingeniös sey, als des Herrn Praetendenten seine. Es solte ein Antworts-Schreiben seyn, daß das arme abscheuliche Monstrum (repete supra dicta §. 24.) an seine liebe Mama, wie er sich oben betitelt, oder an seinen lieben Papa, wofür er sich hier ausgiebet, wiederum abgehen liesse, und ihm darinnen seinen bißhero mit lebendigen Farben abgemahlten elenden Zustand wehmüthig vorstellete, auch ihn, daß es hohe Zeit sey in sich zu gehen, und von seiner groben Atheisterey abzustehen, ernstlich vermahnete. Wegen der Materialien war gleichfalls keine Sorge zu tragen; denn der Haupt-Grund konte aus unserm Responso, das übrige aber und die illustrationes ex hactenus dictis genommen werden. Jedoch mangelte es mir am besten, nemlich daß ich kein Poete war, und per dicta §. 35. nicht gerne invita Minerva mich etwas unterfangen wolte. Nichts destoweniger, da sich ein guter Freund anbot, daß er die Ausarbeitung dieser invention über sich nehmen wolte, ließ ich es geschehen, aber da mir selbige gebracht wurde, sahe ich, daß der gute Freund in der Reim-Kunst so ein elender Stimper war, als ich, und mag also dem Herrn Praetendenten mit dem Abdruck des gantzen Gedichts, daß das Seinige an Grösse übertraff und bey nahe seiner §. 14. exhibirten Gegenschrifft, der Grösse nach, gleich kam, nicht verdrießlich fallen, jedoch wird er es nicht übel nehmen, wenn ich ein klein specimen daraus, und was nur itzo §. 38. sq. angeführet worden, hieher setze, damit er nicht dencke, als wenn dieser mein gantzer Vorwand ein Gedichte sey:

Ach hertzer lieber Vater mein Lügt nicht so in den Tag hinein. Ihr sprecht, daß ihr die Clerisey Nicht wolt verklagen. ey! ey! ey! Da doch die facti species Gar augenscheinlich weißt, daß es Sich in der That gantz anders b'find. O weh! o weh! ich armes Kind. Ich hätte Schlösser drauf gebaut, Daß der Papa mir armen Haut
Entwurff einer Poetischen Antwort des Büchleins an seinen lieben Papa, und ein kleines Specimen davon.

§. XL. Indessen ist mir beygefallen, ob etwan, wenn ich mich ein wenig nach dem Genio des Herrn Praetendenten accommodirte, und ihm meine Gedancken gleichfalls reimweise eröffnete, meine gute treuhertzige Erbarmniß und Ermahnung desto eher durchdringen möchte, weil er doch ein grosser Liebhaber von einer ingeniösen Poefie zu seyn scheinet. Nun mangelte es mir zwar eben an der invention nicht, und überlasse ich dem Leser zu judiciren, ob sie nicht zum wenigsten eben so ingeniös sey, als des Herrn Praetendenten seine. Es solte ein Antworts-Schreiben seyn, daß das arme abscheuliche Monstrum (repete supra dicta §. 24.) an seine liebe Mama, wie er sich oben betitelt, oder an seinen lieben Papa, wofür er sich hier ausgiebet, wiederum abgehen liesse, und ihm darinnen seinen bißhero mit lebendigen Farben abgemahlten elenden Zustand wehmüthig vorstellete, auch ihn, daß es hohe Zeit sey in sich zu gehen, und von seiner groben Atheisterey abzustehen, ernstlich vermahnete. Wegen der Materialien war gleichfalls keine Sorge zu tragen; denn der Haupt-Grund konte aus unserm Responso, das übrige aber und die illustrationes ex hactenus dictis genommen werden. Jedoch mangelte es mir am besten, nemlich daß ich kein Poete war, und per dicta §. 35. nicht gerne invita Minerva mich etwas unterfangen wolte. Nichts destoweniger, da sich ein guter Freund anbot, daß er die Ausarbeitung dieser invention über sich nehmen wolte, ließ ich es geschehen, aber da mir selbige gebracht wurde, sahe ich, daß der gute Freund in der Reim-Kunst so ein elender Stimper war, als ich, und mag also dem Herrn Praetendenten mit dem Abdruck des gantzen Gedichts, daß das Seinige an Grösse übertraff und bey nahe seiner §. 14. exhibirten Gegenschrifft, der Grösse nach, gleich kam, nicht verdrießlich fallen, jedoch wird er es nicht übel nehmen, wenn ich ein klein specimen daraus, und was nur itzo §. 38. sq. angeführet worden, hieher setze, damit er nicht dencke, als wenn dieser mein gantzer Vorwand ein Gedichte sey:

Ach hertzer lieber Vater mein Lügt nicht so in den Tag hinein. Ihr sprecht, daß ihr die Clerisey Nicht wolt verklagen. ey! ey! ey! Da doch die facti species Gar augenscheinlich weißt, daß es Sich in der That gantz anders b’find. O weh! o weh! ich armes Kind. Ich hätte Schlösser drauf gebaut, Daß der Papa mir armen Haut
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <pb facs="#f0338" n="322"/>
        <note place="left">Entwurff einer Poetischen Antwort des Büchleins an seinen                      lieben Papa, und ein kleines <hi rendition="#i">Specimen</hi> davon.</note>
        <p>§. XL. Indessen ist mir beygefallen, ob etwan, wenn ich mich ein wenig nach dem                      Genio des Herrn Praetendenten accommodirte, und ihm meine Gedancken gleichfalls                      reimweise eröffnete, meine gute treuhertzige Erbarmniß und Ermahnung desto eher                      durchdringen möchte, weil er doch ein grosser Liebhaber von einer ingeniösen                      Poefie zu seyn scheinet. Nun mangelte es mir zwar eben an der invention nicht,                      und überlasse ich dem Leser zu judiciren, ob sie nicht zum wenigsten eben so                      ingeniös sey, als des Herrn Praetendenten seine. Es solte ein Antworts-Schreiben                      seyn, daß das arme abscheuliche Monstrum (repete supra dicta §. 24.) an seine                      liebe Mama, wie er sich oben betitelt, oder an seinen lieben Papa, wofür er sich                      hier ausgiebet, wiederum abgehen liesse, und ihm darinnen seinen bißhero mit                      lebendigen Farben abgemahlten elenden Zustand wehmüthig vorstellete, auch ihn,                      daß es hohe Zeit sey in sich zu gehen, und von seiner groben Atheisterey                      abzustehen, ernstlich vermahnete. Wegen der Materialien war gleichfalls keine                      Sorge zu tragen; denn der Haupt-Grund konte aus unserm Responso, das übrige aber                      und die illustrationes ex hactenus dictis genommen werden. Jedoch mangelte es                      mir am besten, nemlich daß ich kein Poete war, und per dicta §. 35. nicht gerne                      invita Minerva mich etwas unterfangen wolte. Nichts destoweniger, da sich ein                      guter Freund anbot, daß er die Ausarbeitung dieser invention über sich nehmen                      wolte, ließ ich es geschehen, aber da mir selbige gebracht wurde, sahe ich, daß                      der gute Freund in der Reim-Kunst so ein elender Stimper war, als ich, und mag                      also dem Herrn Praetendenten mit dem Abdruck des gantzen Gedichts, daß das                      Seinige an Grösse übertraff und bey nahe seiner §. 14. exhibirten Gegenschrifft,                      der Grösse nach, gleich kam, nicht verdrießlich fallen, jedoch wird er es nicht                      übel nehmen, wenn ich ein klein specimen daraus, und was nur itzo §. 38. sq.                      angeführet worden, hieher setze, damit er nicht dencke, als wenn dieser mein                      gantzer Vorwand ein Gedichte sey:</p>
        <l>Ach hertzer lieber Vater mein Lügt nicht so in den Tag hinein. Ihr sprecht, daß                      ihr die Clerisey Nicht wolt verklagen. ey! ey! ey! Da doch die facti species Gar                      augenscheinlich weißt, daß es Sich in der That gantz anders b&#x2019;find. O weh! o                      weh! ich armes Kind. Ich hätte Schlösser drauf gebaut, Daß der Papa mir armen                      Haut
</l>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[322/0338] §. XL. Indessen ist mir beygefallen, ob etwan, wenn ich mich ein wenig nach dem Genio des Herrn Praetendenten accommodirte, und ihm meine Gedancken gleichfalls reimweise eröffnete, meine gute treuhertzige Erbarmniß und Ermahnung desto eher durchdringen möchte, weil er doch ein grosser Liebhaber von einer ingeniösen Poefie zu seyn scheinet. Nun mangelte es mir zwar eben an der invention nicht, und überlasse ich dem Leser zu judiciren, ob sie nicht zum wenigsten eben so ingeniös sey, als des Herrn Praetendenten seine. Es solte ein Antworts-Schreiben seyn, daß das arme abscheuliche Monstrum (repete supra dicta §. 24.) an seine liebe Mama, wie er sich oben betitelt, oder an seinen lieben Papa, wofür er sich hier ausgiebet, wiederum abgehen liesse, und ihm darinnen seinen bißhero mit lebendigen Farben abgemahlten elenden Zustand wehmüthig vorstellete, auch ihn, daß es hohe Zeit sey in sich zu gehen, und von seiner groben Atheisterey abzustehen, ernstlich vermahnete. Wegen der Materialien war gleichfalls keine Sorge zu tragen; denn der Haupt-Grund konte aus unserm Responso, das übrige aber und die illustrationes ex hactenus dictis genommen werden. Jedoch mangelte es mir am besten, nemlich daß ich kein Poete war, und per dicta §. 35. nicht gerne invita Minerva mich etwas unterfangen wolte. Nichts destoweniger, da sich ein guter Freund anbot, daß er die Ausarbeitung dieser invention über sich nehmen wolte, ließ ich es geschehen, aber da mir selbige gebracht wurde, sahe ich, daß der gute Freund in der Reim-Kunst so ein elender Stimper war, als ich, und mag also dem Herrn Praetendenten mit dem Abdruck des gantzen Gedichts, daß das Seinige an Grösse übertraff und bey nahe seiner §. 14. exhibirten Gegenschrifft, der Grösse nach, gleich kam, nicht verdrießlich fallen, jedoch wird er es nicht übel nehmen, wenn ich ein klein specimen daraus, und was nur itzo §. 38. sq. angeführet worden, hieher setze, damit er nicht dencke, als wenn dieser mein gantzer Vorwand ein Gedichte sey: Ach hertzer lieber Vater mein Lügt nicht so in den Tag hinein. Ihr sprecht, daß ihr die Clerisey Nicht wolt verklagen. ey! ey! ey! Da doch die facti species Gar augenscheinlich weißt, daß es Sich in der That gantz anders b’find. O weh! o weh! ich armes Kind. Ich hätte Schlösser drauf gebaut, Daß der Papa mir armen Haut

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in TEI. (2012-11-23T14:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme der Wolfenbütteler Digitalen Bibliothek entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-23T14:00:00Z)
Frank Wiegand: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-23T14:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/338
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/338>, abgerufen am 24.11.2024.