Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723.
[Spaltenumbruch]
Bey Arm und Reichen hin und wieder, Bey dem Alter wie bey der Jugend Findt man wenig Weißheit und Tugend Wie man etwa fund bey den Alten [Spaltenumbruch]
Seins Gefallens thut ein jeder walten Des ist zukünfftg viel Ungemachs Der argen Welt, so spricht Hanß Sachs. §. XLVI. An statt des Herrn Quaerentis dritten Stücks will ichArtzney wieder die Hoffarth. selbigen das folgende Carmen des Nürnbergischen Poeten recommendiren, welches er besage seines fünfften Buchs andern Theiles p. 236. s. anno 1563. an 22. Maji verfertiget, und dem er den Titel gegeben; Artzeney wieder die Hoffarth. Der Herr Quaerent will par force ein cholerisches und ambitieus Temperament haben, und mithin wegen eines vortreflichen judicii gelobt seyn. Ich habe öffters erinnert, das diejenigen, die par force ehrgeitzig seyn wollen, eine recht ridicule Ambition besässen und wenig warhafftige Ehrgierde, noch weniger aber ein gut judicium hätten. Mich dünckt Hanß Sachse hat schon zu seiner Zeit, sonderlich in denen mit andern Buchstaben gedruckten Versen, einerley Meinung mit mir gehabt. [Spaltenumbruch] Petrarcha wieder die Hoffart, Und ihrer hochmütigen Art, Gibt uns ein heilsam Artzeney, Wie Hoffart zuvertreiben sey, Durch etliche Recept und Mittel Im hundert und eilften Capittel, In seinem Buch wieder das Unglück Beschreibt er kurtz gemeldtes Stück, Und spricht: sag an du Asch und Erden Wie kanst und magst hoffärtig werden? Wie kanst du dich erheben fast Mit aller schweren Sünden Last, Damit du hoch bist überladen, Die dir dräuen der Seelen Schaden? Wenn du dich gleich in Tugend üblest, Mit Hoffart du sie all betrübtest, GOtt ist der Hoffart mächtig feind, Wie in dem Lucifer erscheint, Der durch die Hoffart ist gefallen, Was blehst dich denn in Lastren allen Auff, der ohn Zahl stecken in dir, Wort, Werck, Gedancken und Begier. [Spaltenumbruch] Welches aus allen kanst dich rühmen, Dem Hochmuth zu schmücken u. blümen, Welchem kein Lob kan folgen nach, Sondern allein Schand, Pein und Schmach, Gedenck daran, daß du bist sterblich, Am Leib stets abnehmest verderblich, Denck auff tausentrley Kranckheit Art Die all Augenblick auff dich wart, Denck an dein ungewissen Todt, Und an hundertley Angst und Noth, Die dir allzeit heimlich nachstellen, Dich an Leib, Ehr und Gut zu fällen, Denck an der deinen Feind nachschleichen, Und auch an deiner Freund abweichen Denck an das hinfliegende Gelück, Denck des Unfalls an deinem Rück, Gedenck vergangner böser Tag, Und fürcht der zukünfftigen Plag, Denck, die Hoffnung allzeit zabelt In Forcht und Sorg auff und abwabelt,
[Spaltenumbruch]
Bey Arm und Reichen hin und wieder, Bey dem Alter wie bey der Jugend Findt man wenig Weißheit und Tugend Wie man etwa fund bey den Alten [Spaltenumbruch]
Seins Gefallens thut ein jeder walten Des ist zukünfftg viel Ungemachs Der argen Welt, so spricht Hanß Sachs. §. XLVI. An statt des Herrn Quaerentis dritten Stücks will ichArtzney wieder die Hoffarth. selbigen das folgende Carmen des Nürnbergischen Poeten recommendiren, welches er besage seines fünfften Buchs andern Theiles p. 236. s. anno 1563. an 22. Maji verfertiget, und dem er den Titel gegeben; Artzeney wieder die Hoffarth. Der Herr Quaerent will par force ein cholerisches und ambitieus Temperament haben, und mithin wegen eines vortreflichen judicii gelobt seyn. Ich habe öffters erinnert, das diejenigen, die par force ehrgeitzig seyn wollen, eine recht ridicule Ambition besässen und wenig warhafftige Ehrgierde, noch weniger aber ein gut judicium hätten. Mich dünckt Hanß Sachse hat schon zu seiner Zeit, sonderlich in denen mit andern Buchstaben gedruckten Versen, einerley Meinung mit mir gehabt. [Spaltenumbruch] Petrarcha wieder die Hoffart, Und ihrer hochmütigen Art, Gibt uns ein heilsam Artzeney, Wie Hoffart zuvertreiben sey, Durch etliche Recept und Mittel Im hundert und eilften Capittel, In seinem Buch wieder das Unglück Beschreibt er kurtz gemeldtes Stück, Und spricht: sag an du Asch und Erden Wie kanst und magst hoffärtig werden? Wie kanst du dich erheben fast Mit aller schweren Sünden Last, Damit du hoch bist überladen, Die dir dräuen der Seelen Schaden? Wenn du dich gleich in Tugend üblest, Mit Hoffart du sie all betrübtest, GOtt ist der Hoffart mächtig feind, Wie in dem Lucifer erscheint, Der durch die Hoffart ist gefallen, Was blehst dich denn in Lastren allen Auff, der ohn Zahl stecken in dir, Wort, Werck, Gedancken und Begier. [Spaltenumbruch] Welches aus allen kanst dich rühmen, Dem Hochmuth zu schmücken u. blümen, Welchem kein Lob kan folgen nach, Sondern allein Schand, Pein und Schmach, Gedenck daran, daß du bist sterblich, Am Leib stets abnehmest verderblich, Denck auff tausentrley Kranckheit Art Die all Augenblick auff dich wart, Denck an dein ungewissen Todt, Und an hundertley Angst und Noth, Die dir allzeit heimlich nachstellen, Dich an Leib, Ehr und Gut zu fällen, Denck an der deinen Feind nachschleichen, Und auch an deiner Freund abweichen Denck an das hinfliegende Gelück, Denck des Unfalls an deinem Rück, Gedenck vergangner böser Tag, Und fürcht der zukünfftigen Plag, Denck, die Hoffnung allzeit zabelt In Forcht und Sorg auff und abwabelt,<TEI> <text> <body> <div> <l><pb facs="#f0347" n="331"/><cb n="1"/> Bey Arm und Reichen hin und wieder, Bey dem Alter wie bey der Jugend Findt man wenig Weißheit und Tugend Wie man etwa fund bey den Alten <cb n="2"/> Seins Gefallens thut ein jeder walten Des ist zukünfftg viel Ungemachs Der argen Welt, so spricht Hanß Sachs.</l> <p>§. XLVI. An statt des Herrn Quaerentis dritten Stücks will ich<note place="right">Artzney wieder die Hoffarth.</note> selbigen das folgende Carmen des Nürnbergischen Poeten recommendiren, welches er besage seines fünfften Buchs andern Theiles p. 236. s. anno 1563. an 22. Maji verfertiget, und dem er den Titel gegeben; Artzeney wieder die Hoffarth. Der Herr Quaerent will par force ein cholerisches und ambitieus Temperament haben, und mithin wegen eines vortreflichen judicii gelobt seyn. Ich habe öffters erinnert, das diejenigen, die par force ehrgeitzig seyn wollen, eine recht ridicule Ambition besässen und wenig warhafftige Ehrgierde, noch weniger aber ein gut judicium hätten. Mich dünckt Hanß Sachse hat schon zu seiner Zeit, sonderlich in denen mit andern Buchstaben gedruckten Versen, einerley Meinung mit mir gehabt.</p> <cb n="1"/> <l>Petrarcha wieder die Hoffart, Und ihrer hochmütigen Art, Gibt uns ein heilsam Artzeney, Wie Hoffart zuvertreiben sey, Durch etliche Recept und Mittel Im hundert und eilften Capittel, In seinem Buch wieder das Unglück Beschreibt er kurtz gemeldtes Stück, Und spricht: sag an du Asch und Erden Wie kanst und magst hoffärtig werden? Wie kanst du dich erheben fast Mit aller schweren Sünden Last, Damit du hoch bist überladen, Die dir dräuen der Seelen Schaden? Wenn du dich gleich in Tugend üblest, Mit Hoffart du sie all betrübtest, GOtt ist der Hoffart mächtig feind, Wie in dem Lucifer erscheint, Der durch die Hoffart ist gefallen, Was blehst dich denn in Lastren allen Auff, der ohn Zahl stecken in dir, Wort, Werck, Gedancken und Begier. <cb n="2"/> Welches aus allen kanst dich rühmen, Dem Hochmuth zu schmücken u. blümen, Welchem kein Lob kan folgen nach, Sondern allein Schand, Pein und Schmach, Gedenck daran, daß du bist sterblich, Am Leib stets abnehmest verderblich, Denck auff tausentrley Kranckheit Art Die all Augenblick auff dich wart, Denck an dein ungewissen Todt, Und an hundertley Angst und Noth, Die dir allzeit heimlich nachstellen, Dich an Leib, Ehr und Gut zu fällen, Denck an der deinen Feind nachschleichen, Und auch an deiner Freund abweichen Denck an das hinfliegende Gelück, Denck des Unfalls an deinem Rück, Gedenck vergangner böser Tag, Und fürcht der zukünfftigen Plag, Denck, die Hoffnung allzeit zabelt In Forcht und Sorg auff und abwabelt, </l> </div> </body> </text> </TEI> [331/0347]
Bey Arm und Reichen hin und wieder, Bey dem Alter wie bey der Jugend Findt man wenig Weißheit und Tugend Wie man etwa fund bey den Alten
Seins Gefallens thut ein jeder walten Des ist zukünfftg viel Ungemachs Der argen Welt, so spricht Hanß Sachs. §. XLVI. An statt des Herrn Quaerentis dritten Stücks will ich selbigen das folgende Carmen des Nürnbergischen Poeten recommendiren, welches er besage seines fünfften Buchs andern Theiles p. 236. s. anno 1563. an 22. Maji verfertiget, und dem er den Titel gegeben; Artzeney wieder die Hoffarth. Der Herr Quaerent will par force ein cholerisches und ambitieus Temperament haben, und mithin wegen eines vortreflichen judicii gelobt seyn. Ich habe öffters erinnert, das diejenigen, die par force ehrgeitzig seyn wollen, eine recht ridicule Ambition besässen und wenig warhafftige Ehrgierde, noch weniger aber ein gut judicium hätten. Mich dünckt Hanß Sachse hat schon zu seiner Zeit, sonderlich in denen mit andern Buchstaben gedruckten Versen, einerley Meinung mit mir gehabt.
Artzney wieder die Hoffarth.
Petrarcha wieder die Hoffart, Und ihrer hochmütigen Art, Gibt uns ein heilsam Artzeney, Wie Hoffart zuvertreiben sey, Durch etliche Recept und Mittel Im hundert und eilften Capittel, In seinem Buch wieder das Unglück Beschreibt er kurtz gemeldtes Stück, Und spricht: sag an du Asch und Erden Wie kanst und magst hoffärtig werden? Wie kanst du dich erheben fast Mit aller schweren Sünden Last, Damit du hoch bist überladen, Die dir dräuen der Seelen Schaden? Wenn du dich gleich in Tugend üblest, Mit Hoffart du sie all betrübtest, GOtt ist der Hoffart mächtig feind, Wie in dem Lucifer erscheint, Der durch die Hoffart ist gefallen, Was blehst dich denn in Lastren allen Auff, der ohn Zahl stecken in dir, Wort, Werck, Gedancken und Begier.
Welches aus allen kanst dich rühmen, Dem Hochmuth zu schmücken u. blümen, Welchem kein Lob kan folgen nach, Sondern allein Schand, Pein und Schmach, Gedenck daran, daß du bist sterblich, Am Leib stets abnehmest verderblich, Denck auff tausentrley Kranckheit Art Die all Augenblick auff dich wart, Denck an dein ungewissen Todt, Und an hundertley Angst und Noth, Die dir allzeit heimlich nachstellen, Dich an Leib, Ehr und Gut zu fällen, Denck an der deinen Feind nachschleichen, Und auch an deiner Freund abweichen Denck an das hinfliegende Gelück, Denck des Unfalls an deinem Rück, Gedenck vergangner böser Tag, Und fürcht der zukünfftigen Plag, Denck, die Hoffnung allzeit zabelt In Forcht und Sorg auff und abwabelt,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in TEI.
(2012-11-23T14:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme der Wolfenbütteler Digitalen Bibliothek entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-11-23T14:00:00Z)
Frank Wiegand: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-11-23T14:00:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |