Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723.
[Spaltenumbruch]
Denck an die Blindheit deins Gemüths, Und an die Schwachheit deins Geblüths Denck an dein rachseliges Hertz, Denck an deins kalten Neides Schmertz Denck an dein schnöd geitzigen Mut, Denck an dein geil unkeusches Blut, Damit dein Jugend hast zubracht, Mit Wort, Gedanck, Werck ungeschlacht Denck an dein Lüg, Betrüg und List Damit du stets umgeben bist / Denck an all dein Gewohnheit schnöd, Denck wie du bist an Tugend blöd / Wie magst in so viel Gbrechen dein Hoffärtig und hochmütig seyn: Denck, daß du durch der Hoffart Pracht Bey GOtt und Menschen wirst veracht, Wer in der Hoffart thut verharren, Den hält der weiß Mann für ein Narren Sglomon spricht, die Hoffart schwer Die geht vor dem Verderben her. [Spaltenumbruch]
Homerus spricht, es sey auf Erden Kein ärmer Thier voll mit Beschwerden, Denn der Mensch, der zu aller Zeit Voll ist aller Gebrechlichkeit, Deshalb Mensch, wo du das bedenckest Der Hoffart Wurtzel du bald kränckest. Der Beschluß. Weil man bey dieser Lehr verstaht, Daß ein Mensch so viel Brechens hat Die sein Leib und Gmüth hangen an, Soll er der Hoffart müßig gahn, Weil er mit stoltz, hochmütgen prangen Auf Erden gar nichts thut erlangen, Denn Feindschafft, Ungunst, Neid und Haß Bey jedermann, drum steht ihm baß, Daß jeder sich hält nach seim Stand, Und veracht aus Hochmuth niemand, Halt sich eingezogen und demütig, Gegn jedermann freundlich und gütig, Mit Worten, Wercken und Gebehr, So wird auch lieb gehalten er, Daß ihm auch viel Freundschafft auffwachs Bey jedermann, so spricht Hanß Sachs. Das andre Stück der andern Beylage des Herrn Quaerenten. §. XLVII. Nun folget das an unsere Facultät und mich gesendete andre Stück der andern Beylage. Der Titel und Inhalt desselben ist schon oben §. 31. zu finden. So kan auch dasjenige, was daselbst §. 32. 33. 34. 35. allbereit erinnert worden, so wohl in genere wegen der auch hier befindlichen dreyen Classen wieder repetiret werden, als insonderheit die Anmerckung §. 37. wieder die ersten beyden numeros. I. 1. Verdamme niemand, ehe du die Sache zuvor erkennest: erkenne es zuvor und straffe es denn. Du solt nicht urtheilen, ehe du die Sache hörest, und laß die Leute zuvor ausreden. Jesus Syrach c. 11. v. 7. 8. 2. Euer Rede sey allezeit lieblich und mit Saltz gewürtzt, daß ihr wisset, wie ihr einem jeglichen antworten sollet. Coloss. 4. v. 6.
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Denck an die Blindheit deins Gemüths, Und an die Schwachheit deins Geblüths Denck an dein rachseliges Hertz, Denck an deins kalten Neides Schmertz Denck an dein schnöd geitzigẽ Mut, Denck an dein geil unkeusches Blut, Damit dein Jugend hast zubracht, Mit Wort, Gedanck, Werck ungeschlacht Denck an dein Lüg, Betrüg und List Damit du stets umgeben bist / Denck an all dein Gewohnheit schnöd, Denck wie du bist an Tugend blöd / Wie magst in so viel Gbrechen dein Hoffärtig und hochmütig seyn: Denck, daß du durch der Hoffart Pracht Bey GOtt und Menschen wirst veracht, Wer in der Hoffart thut verharren, Den hält der weiß Mann für ein Narren Sglomon spricht, die Hoffart schwer Die geht vor dem Verderben her. [Spaltenumbruch]
Homerus spricht, es sey auf Erden Kein ärmer Thier voll mit Beschwerden, Denn der Mensch, der zu aller Zeit Voll ist aller Gebrechlichkeit, Deshalb Mensch, wo du das bedenckest Der Hoffart Wurtzel du bald kränckest. Der Beschluß. Weil man bey dieser Lehr verstaht, Daß ein Mensch so viel Brechens hat Die sein Leib und Gmüth hangen an, Soll er der Hoffart müßig gahn, Weil er mit stoltz, hochmütgen prangen Auf Erden gar nichts thut erlangen, Denn Feindschafft, Ungunst, Neid und Haß Bey jedermann, drum steht ihm baß, Daß jeder sich hält nach seim Stand, Und veracht aus Hochmuth niemand, Halt sich eingezogen und demütig, Gegn jedermann freundlich und gütig, Mit Worten, Wercken und Gebehr, So wird auch lieb gehalten er, Daß ihm auch viel Freundschafft auffwachs Bey jedermann, so spricht Hanß Sachs. Das andre Stück der andern Beylage des Herrn Quaerenten. §. XLVII. Nun folget das an unsere Facultät und mich gesendete andre Stück der andern Beylage. Der Titel und Inhalt desselben ist schon oben §. 31. zu finden. So kan auch dasjenige, was daselbst §. 32. 33. 34. 35. allbereit erinnert worden, so wohl in genere wegen der auch hier befindlichen dreyen Classen wieder repetiret werden, als insonderheit die Anmerckung §. 37. wieder die ersten beyden numeros. I. 1. Verdamme niemand, ehe du die Sache zuvor erkennest: erkenne es zuvor und straffe es denn. Du solt nicht urtheilen, ehe du die Sache hörest, und laß die Leute zuvor ausreden. Jesus Syrach c. 11. v. 7. 8. 2. Euer Rede sey allezeit lieblich und mit Saltz gewürtzt, daß ihr wisset, wie ihr einem jeglichen antworten sollet. Coloss. 4. v. 6.
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Denck an die Blindheit deins Gemüths, Und an die Schwachheit deins Geblüths Denck an dein rachseliges Hertz, Denck an deins kalten Neides Schmertz Denck an dein schnöd geitzigẽ Mut, Denck an dein geil unkeusches Blut, Damit dein Jugend hast zubracht, Mit Wort, Gedanck, Werck ungeschlacht Denck an dein Lüg, Betrüg und List Damit du stets umgeben bist / Denck an all dein Gewohnheit schnöd, Denck wie du bist an Tugend blöd / Wie magst in so viel Gbrechen dein Hoffärtig und hochmütig seyn: Denck, daß du durch der Hoffart Pracht Bey GOtt und Menschen wirst veracht, Wer in der Hoffart thut verharren, Den hält der weiß Mann für ein Narren Sglomon spricht, die Hoffart schwer Die geht vor dem Verderben her.
Homerus spricht, es sey auf Erden Kein ärmer Thier voll mit Beschwerden, Denn der Mensch, der zu aller Zeit Voll ist aller Gebrechlichkeit, Deshalb Mensch, wo du das bedenckest Der Hoffart Wurtzel du bald kränckest. Der Beschluß.
Weil man bey dieser Lehr verstaht, Daß ein Mensch so viel Brechens hat Die sein Leib und Gmüth hangen an, Soll er der Hoffart müßig gahn, Weil er mit stoltz, hochmütgen prangen Auf Erden gar nichts thut erlangen, Denn Feindschafft, Ungunst, Neid und Haß Bey jedermann, drum steht ihm baß, Daß jeder sich hält nach seim Stand, Und veracht aus Hochmuth niemand, Halt sich eingezogen und demütig, Gegn jedermann freundlich und gütig, Mit Worten, Wercken und Gebehr, So wird auch lieb gehalten er, Daß ihm auch viel Freundschafft auffwachs Bey jedermann, so spricht Hanß Sachs. §. XLVII. Nun folget das an unsere Facultät und mich gesendete andre Stück der andern Beylage. Der Titel und Inhalt desselben ist schon oben §. 31. zu finden. So kan auch dasjenige, was daselbst §. 32. 33. 34. 35. allbereit erinnert worden, so wohl in genere wegen der auch hier befindlichen dreyen Classen wieder repetiret werden, als insonderheit die Anmerckung §. 37. wieder die ersten beyden numeros.
I.
1. Verdamme niemand, ehe du die Sache zuvor erkennest: erkenne es zuvor und straffe es denn. Du solt nicht urtheilen, ehe du die Sache hörest, und laß die Leute zuvor ausreden. Jesus Syrach c. 11. v. 7. 8. 2. Euer Rede sey allezeit lieblich und mit Saltz gewürtzt, daß ihr wisset, wie ihr einem jeglichen antworten sollet. Coloss. 4. v. 6.
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Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723, S. 332. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/348>, abgerufen am 01.07.2024. |