Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723.
[Spaltenumbruch]
So hat mein Freundschafft auch ein End. So tracht ich darnach zu eim andern. Ich will gehn zu dem Nachtmahl wandern, Da ich will gute Bißlein finnen, Du kanst dir kaum Brods gnug gwinnen Mit deinr Freundschafft du bist veracht Alde, Alde, zu guter Nacht. Der Heuchler gehet ab AMICE der alt beschleust Ihr Herrn, hie mügt ihr mercken bey, Wie seltsam die wahr Freundschafft sey Zu dieser Zeit in allen Ständen, In geistlich weltlich Regimenten, Da ist Heuchlerey so gemein Ein jeder will der förderst seyn, Daß er dem Herren die Ohren melck. Durch diese heuchlerische Schälck Die Obrigkeit oft wird verhetzt, Zu einer Sach, darob zuletzt, Komt Land und Leut in Noth und Angst, [Spaltenumbruch]
Drum hat Diogenes vor langst, Den Heuchler schnöd vergleichet schier Auf Erden dem schädlichsten Thier. Nicosias der nennt sie Mucken Die eim sein Gut und Blut verschlucken, Antistenes wolt lieber haben, Daß er zu Theil hie würd den Raben, Dann den Heuchlern in seinem Leben Derhalb auch solche Heuchler eben, Keyser Severus Alexander Von seinem Hoff trieb alle sander, Daß er nicht würd von ihn verführt, Und groß Unkost erspahren würd. Hiebey so nehm ein jeder ab, Was er selber für Freunde hab, Und treib von ihm all Heuchler aus Behalt die Freund in seinem Hauß, Durch welch sein Gut und Ehr ihm wachs Wünscht euch mit guter Nacht Hanß Sachs. Die Personen in das Spiel. 1. Der Heuchler mit den Fuchsschwäntzen. 2. Der Jüngling fein wohl gekleidet. 3. Amice der alt Freund bartet und alt bekleidet. Noch eine kleine Erinnerung. §. LVII. An statt der von dem Herrn Praetendenten gegen das Ende seiner Gegenschrifft angehängten captationis benevolentiae, will ich zum Beschluß noch eine kleine Erinnerung an felbigen hier anfügen, daß weil ihm unvergessen seyn wird, wie er einer von denen ältesten bey unserer Facultät examinirten Candidatis Juris gewesen; er dannenhero um so viel eher mit der an uns überschickten anzüglichen Gegenschrifft hätte an sich halten sollen; jemehr sonst die Regeln einer honneten ambition (die er seine herrschende passion zu seyn, die Leute par force bereden will) ihm solches würden gerathen haben, wenn er derselben hätte Gehör geben wollen. Zu geschweigen, daß, wie allbereit oben gedacht worden, kein vernünfftiger Mensch wird begreiffen können, zu was für einen raisonablen Zweck diese Gegenschrifft hätte dienen sollen. Jedoch ist nichts so wunderlich und wieder
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So hat mein Freundschafft auch ein End. So tracht ich darnach zu eim andern. Ich will gehn zu dem Nachtmahl wandern, Da ich will gute Bißlein finnen, Du kanst dir kaum Brods gnug gwinnen Mit deinr Freundschafft du bist veracht Alde, Alde, zu guter Nacht. Der Heuchler gehet ab AMICE der alt beschleust Ihr Herrn, hie mügt ihr mercken bey, Wie seltsam die wahr Freundschafft sey Zu dieser Zeit in allen Ständen, In geistlich weltlich Regimenten, Da ist Heuchlerey so gemein Ein jeder will der förderst seyn, Daß er dem Herren die Ohren melck. Durch diese heuchlerische Schälck Die Obrigkeit oft wird verhetzt, Zu einer Sach, darob zuletzt, Komt Land und Leut in Noth und Angst, [Spaltenumbruch]
Drum hat Diogenes vor langst, Den Heuchler schnöd vergleichet schier Auf Erden dem schädlichsten Thier. Nicosias der nennt sie Mucken Die eim sein Gut und Blut verschlucken, Antistenes wolt lieber haben, Daß er zu Theil hie würd den Raben, Dann den Heuchlern in seinem Leben Derhalb auch solche Heuchler eben, Keyser Severus Alexander Von seinem Hoff trieb alle sander, Daß er nicht würd von ihn verführt, Und groß Unkost erspahren würd. Hiebey so nehm ein jeder ab, Was er selber für Freunde hab, Und treib von ihm all Heuchler aus Behalt die Freund in seinem Hauß, Durch welch sein Gut und Ehr ihm wachs Wünscht euch mit guter Nacht Hanß Sachs. Die Personen in das Spiel. 1. Der Heuchler mit den Fuchsschwäntzen. 2. Der Jüngling fein wohl gekleidet. 3. Amice der alt Freund bartet und alt bekleidet. Noch eine kleine Erinnerung. §. LVII. An statt der von dem Herrn Praetendenten gegen das Ende seiner Gegenschrifft angehängten captationis benevolentiae, will ich zum Beschluß noch eine kleine Erinnerung an felbigen hier anfügen, daß weil ihm unvergessen seyn wird, wie er einer von denen ältesten bey unserer Facultät examinirten Candidatis Juris gewesen; er dannenhero um so viel eher mit der an uns überschickten anzüglichen Gegenschrifft hätte an sich halten sollen; jemehr sonst die Regeln einer honneten ambition (die er seine herrschende passion zu seyn, die Leute par force bereden will) ihm solches würden gerathen haben, wenn er derselben hätte Gehör geben wollen. Zu geschweigen, daß, wie allbereit oben gedacht worden, kein vernünfftiger Mensch wird begreiffen können, zu was für einen raisonablen Zweck diese Gegenschrifft hätte dienen sollen. Jedoch ist nichts so wunderlich und wieder <TEI> <text> <body> <div> <l><pb facs="#f0372" n="356"/><cb n="1"/> So hat mein Freundschafft auch ein End. So tracht ich darnach zu eim andern. Ich will gehn zu dem Nachtmahl wandern, Da ich will gute Bißlein finnen, Du kanst dir kaum Brods gnug gwinnen Mit deinr Freundschafft du bist veracht Alde, Alde, zu guter Nacht.</l> </div> <div> <head>Der Heuchler gehet ab AMICE der alt beschleust</head><lb/> <l>Ihr Herrn, hie mügt ihr mercken bey, Wie seltsam die wahr Freundschafft sey Zu dieser Zeit in allen Ständen, In geistlich weltlich Regimenten, Da ist Heuchlerey so gemein Ein jeder will der förderst seyn, Daß er dem Herren die Ohren melck. Durch diese heuchlerische Schälck Die Obrigkeit oft wird verhetzt, Zu einer Sach, darob zuletzt, Komt Land und Leut in Noth und Angst, <cb n="2"/> Drum hat Diogenes vor langst, Den Heuchler schnöd vergleichet schier Auf Erden dem schädlichsten Thier. Nicosias der nennt sie Mucken Die eim sein Gut und Blut verschlucken, Antistenes wolt lieber haben, Daß er zu Theil hie würd den Raben, Dann den Heuchlern in seinem Leben Derhalb auch solche Heuchler eben, Keyser Severus Alexander Von seinem Hoff trieb alle sander, Daß er nicht würd von ihn verführt, Und groß Unkost erspahren würd. Hiebey so nehm ein jeder ab, Was er selber für Freunde hab, Und treib von ihm all Heuchler aus Behalt die Freund in seinem Hauß, Durch welch sein Gut und Ehr ihm wachs Wünscht euch mit guter Nacht Hanß Sachs.</l> </div> <div> <head>Die Personen in das Spiel.</head><lb/> <l>1. Der Heuchler mit den Fuchsschwäntzen. 2. Der Jüngling fein wohl gekleidet. 3. Amice der alt Freund bartet und alt bekleidet.</l> <note place="left">Noch eine kleine Erinnerung.</note> <p>§. LVII. An statt der von dem Herrn Praetendenten gegen das Ende seiner Gegenschrifft angehängten captationis benevolentiae, will ich zum Beschluß noch eine kleine Erinnerung an felbigen hier anfügen, daß weil ihm unvergessen seyn wird, wie er einer von denen ältesten bey unserer Facultät examinirten Candidatis Juris gewesen; er dannenhero um so viel eher mit der an uns überschickten anzüglichen Gegenschrifft hätte an sich halten sollen; jemehr sonst die Regeln einer honneten ambition (die er seine herrschende passion zu seyn, die Leute par force bereden will) ihm solches würden gerathen haben, wenn er derselben hätte Gehör geben wollen. Zu geschweigen, daß, wie allbereit oben gedacht worden, kein vernünfftiger Mensch wird begreiffen können, zu was für einen raisonablen Zweck diese Gegenschrifft hätte dienen sollen. Jedoch ist nichts so wunderlich und wieder </p> </div> </body> </text> </TEI> [356/0372]
So hat mein Freundschafft auch ein End. So tracht ich darnach zu eim andern. Ich will gehn zu dem Nachtmahl wandern, Da ich will gute Bißlein finnen, Du kanst dir kaum Brods gnug gwinnen Mit deinr Freundschafft du bist veracht Alde, Alde, zu guter Nacht. Der Heuchler gehet ab AMICE der alt beschleust
Ihr Herrn, hie mügt ihr mercken bey, Wie seltsam die wahr Freundschafft sey Zu dieser Zeit in allen Ständen, In geistlich weltlich Regimenten, Da ist Heuchlerey so gemein Ein jeder will der förderst seyn, Daß er dem Herren die Ohren melck. Durch diese heuchlerische Schälck Die Obrigkeit oft wird verhetzt, Zu einer Sach, darob zuletzt, Komt Land und Leut in Noth und Angst,
Drum hat Diogenes vor langst, Den Heuchler schnöd vergleichet schier Auf Erden dem schädlichsten Thier. Nicosias der nennt sie Mucken Die eim sein Gut und Blut verschlucken, Antistenes wolt lieber haben, Daß er zu Theil hie würd den Raben, Dann den Heuchlern in seinem Leben Derhalb auch solche Heuchler eben, Keyser Severus Alexander Von seinem Hoff trieb alle sander, Daß er nicht würd von ihn verführt, Und groß Unkost erspahren würd. Hiebey so nehm ein jeder ab, Was er selber für Freunde hab, Und treib von ihm all Heuchler aus Behalt die Freund in seinem Hauß, Durch welch sein Gut und Ehr ihm wachs Wünscht euch mit guter Nacht Hanß Sachs. Die Personen in das Spiel.
1. Der Heuchler mit den Fuchsschwäntzen. 2. Der Jüngling fein wohl gekleidet. 3. Amice der alt Freund bartet und alt bekleidet. §. LVII. An statt der von dem Herrn Praetendenten gegen das Ende seiner Gegenschrifft angehängten captationis benevolentiae, will ich zum Beschluß noch eine kleine Erinnerung an felbigen hier anfügen, daß weil ihm unvergessen seyn wird, wie er einer von denen ältesten bey unserer Facultät examinirten Candidatis Juris gewesen; er dannenhero um so viel eher mit der an uns überschickten anzüglichen Gegenschrifft hätte an sich halten sollen; jemehr sonst die Regeln einer honneten ambition (die er seine herrschende passion zu seyn, die Leute par force bereden will) ihm solches würden gerathen haben, wenn er derselben hätte Gehör geben wollen. Zu geschweigen, daß, wie allbereit oben gedacht worden, kein vernünfftiger Mensch wird begreiffen können, zu was für einen raisonablen Zweck diese Gegenschrifft hätte dienen sollen. Jedoch ist nichts so wunderlich und wieder
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Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723, S. 356. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/372>, abgerufen am 16.02.2025. |