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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.

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miniret, da ist es unstreitig, daß nicht einmahl eine wahrhafftige Ambitio passio dominans sey. Denn diese, ob sie gleich auch nicht lobwürdig ist, so ist sie doch mit einem guten judicio vergesellschafftet. Aber Prahlerey hat ne micam quidem judicii, sondern bestehet bloß in einer lächerlichen, oder auch nach Gelegenheit Beweinungs-würdigen Einbildung. So wenig nun als auch junge Leute sich wünschen würden an der Stelle eines armen rasenden Menschen zu seyn, der kein gantz Kleid am Leibe hat, und in der äusersten Armuth stecket, der voller Läuse, Geschwären und Krätze auf dem Miste sitzt, und sich dabey einbildet, als ob er ein grosser Potentat sey, alle Vorübergehende für seine Diener und Sclaven hält, auch daneben allezeit frölich und gutes Muths ist, dieweil seine rasende Einbildung ihn diese thörichte Sachen beredet: so wenig sollen sich auch selbige durch die falsche Einbildung solcher Prahlenden Gemüther verleiten lassen, ihrem Exempel zu folgen, und in deren Fußstapffen zu treten.

§. X. Noch eine andere Frage: Ob denn dieses für ein unbetrüglichesUnd noch einer andern Frage. Was davon zu halten sey; Wenn Leute von bürgerlichen Stande Adeliche und noch höhern Standes Damen zu Verheyrathung mit ihnen verleiten. Kennzeichen einer wahren GOttesfurcht und Verachtung der hoffärtigen Welt zu halten sey, wenn z. E. Leute von geringer, bürgerlichen und dergleichen extraction sich bemühen, Adeliche, Gräffliche, Fürstliche Dames zu heyrathen und zur Verehlichung mit ihnen zu bereden. Die Beantwortung dieser Frage ist etwas delicat und kützlich, und ich weiß wohl, was zuweilen für argumenta zu Bejahung derselben pflegen fürgebracht zu werden. Also will ich nur dem unpartheyischen Leser zu überlegen geben, was auf folgende objection etwan zu antworten sey. Denn als ich schon vor vielen Jahren mit dem scharffsinnigen Königlichen Preußischen Geheimen Rath und Cantzler bey der Magdeburgischen Regierung, Herrn Gottfried von Jena über dieser Materie einmahl in Discurs verfiel, und nach meinem damahligen Zustand dergleichen Ehen nach Vermögen vertheidigte, hörete er mich mit grosser Gelassenheit an, und ließ mich völlig ausreden. Hernach sprach er gantz glimpflich zu mir: Er häte mich, ich möchte ihm doch eine vernünfftige Ursach geben, wenn dergleichen ungleiche Ehen ein unfehlbahres oder doch nur wahrscheinliches Zeichen einer wahren Gelassenheit und Verachung der eitelen Ehre der Welt seyn solten, wie es doch käme, daß NB. dergleichen Manns-Personen (denn ausser denenselben bescheidete er sich, daß es auch genug Exempel von dem, das er jetzo erwehnen wolte, geben möchte) sich nur bemüheten, vornehmere Damen als ihr geringer Stand wäre, zu heyrathen, und warum sie nicht auch zu Be

miniret, da ist es unstreitig, daß nicht einmahl eine wahrhafftige Ambitio passio dominans sey. Denn diese, ob sie gleich auch nicht lobwürdig ist, so ist sie doch mit einem guten judicio vergesellschafftet. Aber Prahlerey hat ne micam quidem judicii, sondern bestehet bloß in einer lächerlichen, oder auch nach Gelegenheit Beweinungs-würdigen Einbildung. So wenig nun als auch junge Leute sich wünschen würden an der Stelle eines armen rasenden Menschen zu seyn, der kein gantz Kleid am Leibe hat, und in der äusersten Armuth stecket, der voller Läuse, Geschwären und Krätze auf dem Miste sitzt, und sich dabey einbildet, als ob er ein grosser Potentat sey, alle Vorübergehende für seine Diener und Sclaven hält, auch daneben allezeit frölich und gutes Muths ist, dieweil seine rasende Einbildung ihn diese thörichte Sachen beredet: so wenig sollen sich auch selbige durch die falsche Einbildung solcher Prahlenden Gemüther verleiten lassen, ihrem Exempel zu folgen, und in deren Fußstapffen zu treten.

§. X. Noch eine andere Frage: Ob denn dieses für ein unbetrüglichesUnd noch einer andern Frage. Was davon zu halten sey; Wenn Leute von bürgerlichen Stande Adeliche und noch höhern Standes Damen zu Verheyrathung mit ihnen verleiten. Kennzeichen einer wahren GOttesfurcht und Verachtung der hoffärtigen Welt zu halten sey, wenn z. E. Leute von geringer, bürgerlichen und dergleichen extraction sich bemühen, Adeliche, Gräffliche, Fürstliche Dames zu heyrathen und zur Verehlichung mit ihnen zu bereden. Die Beantwortung dieser Frage ist etwas delicat und kützlich, und ich weiß wohl, was zuweilen für argumenta zu Bejahung derselben pflegen fürgebracht zu werden. Also will ich nur dem unpartheyischen Leser zu überlegen geben, was auf folgende objection etwan zu antworten sey. Denn als ich schon vor vielen Jahren mit dem scharffsinnigen Königlichen Preußischen Geheimen Rath und Cantzler bey der Magdeburgischen Regierung, Herrn Gottfried von Jena über dieser Materie einmahl in Discurs verfiel, und nach meinem damahligen Zustand dergleichen Ehen nach Vermögen vertheidigte, hörete er mich mit grosser Gelassenheit an, und ließ mich völlig ausreden. Hernach sprach er gantz glimpflich zu mir: Er häte mich, ich möchte ihm doch eine vernünfftige Ursach geben, wenn dergleichen ungleiche Ehen ein unfehlbahres oder doch nur wahrscheinliches Zeichen einer wahren Gelassenheit und Verachung der eitelen Ehre der Welt seyn solten, wie es doch käme, daß NB. dergleichen Manns-Personen (denn ausser denenselben bescheidete er sich, daß es auch genug Exempel von dem, das er jetzo erwehnen wolte, geben möchte) sich nur bemüheten, vornehmere Damen als ihr geringer Stand wäre, zu heyrathen, und warum sie nicht auch zu Be

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[137/0145] miniret, da ist es unstreitig, daß nicht einmahl eine wahrhafftige Ambitio passio dominans sey. Denn diese, ob sie gleich auch nicht lobwürdig ist, so ist sie doch mit einem guten judicio vergesellschafftet. Aber Prahlerey hat ne micam quidem judicii, sondern bestehet bloß in einer lächerlichen, oder auch nach Gelegenheit Beweinungs-würdigen Einbildung. So wenig nun als auch junge Leute sich wünschen würden an der Stelle eines armen rasenden Menschen zu seyn, der kein gantz Kleid am Leibe hat, und in der äusersten Armuth stecket, der voller Läuse, Geschwären und Krätze auf dem Miste sitzt, und sich dabey einbildet, als ob er ein grosser Potentat sey, alle Vorübergehende für seine Diener und Sclaven hält, auch daneben allezeit frölich und gutes Muths ist, dieweil seine rasende Einbildung ihn diese thörichte Sachen beredet: so wenig sollen sich auch selbige durch die falsche Einbildung solcher Prahlenden Gemüther verleiten lassen, ihrem Exempel zu folgen, und in deren Fußstapffen zu treten. §. X. Noch eine andere Frage: Ob denn dieses für ein unbetrügliches Kennzeichen einer wahren GOttesfurcht und Verachtung der hoffärtigen Welt zu halten sey, wenn z. E. Leute von geringer, bürgerlichen und dergleichen extraction sich bemühen, Adeliche, Gräffliche, Fürstliche Dames zu heyrathen und zur Verehlichung mit ihnen zu bereden. Die Beantwortung dieser Frage ist etwas delicat und kützlich, und ich weiß wohl, was zuweilen für argumenta zu Bejahung derselben pflegen fürgebracht zu werden. Also will ich nur dem unpartheyischen Leser zu überlegen geben, was auf folgende objection etwan zu antworten sey. Denn als ich schon vor vielen Jahren mit dem scharffsinnigen Königlichen Preußischen Geheimen Rath und Cantzler bey der Magdeburgischen Regierung, Herrn Gottfried von Jena über dieser Materie einmahl in Discurs verfiel, und nach meinem damahligen Zustand dergleichen Ehen nach Vermögen vertheidigte, hörete er mich mit grosser Gelassenheit an, und ließ mich völlig ausreden. Hernach sprach er gantz glimpflich zu mir: Er häte mich, ich möchte ihm doch eine vernünfftige Ursach geben, wenn dergleichen ungleiche Ehen ein unfehlbahres oder doch nur wahrscheinliches Zeichen einer wahren Gelassenheit und Verachung der eitelen Ehre der Welt seyn solten, wie es doch käme, daß NB. dergleichen Manns-Personen (denn ausser denenselben bescheidete er sich, daß es auch genug Exempel von dem, das er jetzo erwehnen wolte, geben möchte) sich nur bemüheten, vornehmere Damen als ihr geringer Stand wäre, zu heyrathen, und warum sie nicht auch zu Be Und noch einer andern Frage. Was davon zu halten sey; Wenn Leute von bürgerlichen Stande Adeliche und noch höhern Standes Damen zu Verheyrathung mit ihnen verleiten.

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/145>, abgerufen am 24.11.2024.