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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.

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sie gleich ante litis contestationem oder responsionem rei produciret hat, dennoch bey Verlust der Sache sie wiederum reproduciren muß. 4) Wann der Judex zur Publication eines jeden Interlocuts, z. E. darinn die Einlassung anbefohlen wird, partes citiren muß, 5) Wann in processu executivo dem Judici nicht solte freystehen, delationem juramenti zu admittiren, oder selbst das Suppletorium oder purgatorium zu injungiren. 6) Wann in solchen Sachen, da die Partheyen einig sind, als super recognitione Documentorum ohnnöthiger Weise Bescheid abgefasset wird, 7) Wann die temere litigantes nicht gestraffet, auch wohl gar nicht in die Unkosten condemniret, oder sonst das unwahrhaffte Vorgeben oder Leugnen derer Partheyen und Advocaten nicht gestraffet werden: So verordnen Wir hiermit, und wollen, daß obspecificirte Impedimenta und Inconvenientien abgeschaffet, und soviel den 1, 4, 5, 6 Punct anlanget, dem Judici nach Befinden zu verfahren nachgelassen seyn soll. Was ader den 7 betrifft, sollen die temere litigantes allerdings mit arbitrarischer Straffe belegt, und allemahl die Parthey, so verlieret, in die Unkosten condemniret, ein jedes unwahrhafftes Vorgeben oder Leugnen aber, mit 1. 2. 5. und mehr Gülden ohnnach läßig bestraffet werden, der Beklagte aber, so die Klage leugnet, und nachmahls überführet wird, daß ers gewust, die libellirte Post doppelt bezahlen, auch der Advocat, so ihn darzu instigiret, oder die Wahrheit zu sagen nicht ermahnet hat, halb so viel erlegen. Weil

15) Die Erfahrung giebt, daß das Summarissimum bisweilen sehr mißbraucht wird, so wollen wir, daß hinkünfftig dasselbe nur alsdenn, wenn periculum armorum oder in mora obhanden, statt haben solle.

16) Im übrigen lassen wir es so wohl in erster Instanz, als bey Leuterungen und Appellationen bey dem in hiesigem Gerichte recipirten modo procedendi, nur daß durchgehends die Termini (ausser denen fatalibus interponendae in des Judicis arbitrio stehen, und wenn er keinen angesetzt, der legalis von drey Wochen seyn, auch der Leuterant in casum Succumbentiae eine Summe Geldes a 5,10, 20 und mehr Reichsthaler deponiren soll, welches letztere jedoch in des Judicis arbitrio stehet, und die arme Partheyen, die solche Gelder nicht aufbringen können, und gleichwohl probabilem leuterandi causam haben, dennoch zu zulassen sind. Weil aber

17) Alle Verordnungen nicht hinlänglich sind, allen Künsteleyen und Boßheiten der Menschen, die GOtt nicht fürchten, zu begegnen, woferne sie nicht selbst zum Guten incliniren, So wollen wir nicht allein 1) Unsere Gerichte mit redlichen und solchen Personen, die den allgegenwärtigen und allwissenden Gott wahrhafftig fürchten, besetzen, sondern auch verordnen, daß 2) die Unterthanen zum öfftern in denen Predigten und Catechisationen von Processen abgemahnet, und daß sie lieber von

sie gleich ante litis contestationem oder responsionem rei produciret hat, dennoch bey Verlust der Sache sie wiederum reproduciren muß. 4) Wann der Judex zur Publication eines jeden Interlocuts, z. E. darinn die Einlassung anbefohlen wird, partes citiren muß, 5) Wann in processu executivo dem Judici nicht solte freystehen, delationem juramenti zu admittiren, oder selbst das Suppletorium oder purgatorium zu injungiren. 6) Wann in solchen Sachen, da die Partheyen einig sind, als super recognitione Documentorum ohnnöthiger Weise Bescheid abgefasset wird, 7) Wann die temere litigantes nicht gestraffet, auch wohl gar nicht in die Unkosten condemniret, oder sonst das unwahrhaffte Vorgeben oder Leugnen derer Partheyen und Advocaten nicht gestraffet werden: So verordnen Wir hiermit, und wollen, daß obspecificirte Impedimenta und Inconvenientien abgeschaffet, und soviel den 1, 4, 5, 6 Punct anlanget, dem Judici nach Befinden zu verfahren nachgelassen seyn soll. Was ader den 7 betrifft, sollen die temere litigantes allerdings mit arbitrarischer Straffe belegt, und allemahl die Parthey, so verlieret, in die Unkosten condemniret, ein jedes unwahrhafftes Vorgeben oder Leugnen aber, mit 1. 2. 5. und mehr Gülden ohnnach läßig bestraffet werden, der Beklagte aber, so die Klage leugnet, und nachmahls überführet wird, daß ers gewust, die libellirte Post doppelt bezahlen, auch der Advocat, so ihn darzu instigiret, oder die Wahrheit zu sagen nicht ermahnet hat, halb so viel erlegen. Weil

15) Die Erfahrung giebt, daß das Summarissimum bisweilen sehr mißbraucht wird, so wollen wir, daß hinkünfftig dasselbe nur alsdenn, wenn periculum armorum oder in mora obhanden, statt haben solle.

16) Im übrigen lassen wir es so wohl in erster Instanz, als bey Leuterungen und Appellationen bey dem in hiesigem Gerichte recipirten modo procedendi, nur daß durchgehends die Termini (ausser denen fatalibus interponendae in des Judicis arbitrio stehen, und wenn er keinen angesetzt, der legalis von drey Wochen seyn, auch der Leuterant in casum Succumbentiae eine Summe Geldes a 5,10, 20 und mehr Reichsthaler deponiren soll, welches letztere jedoch in des Judicis arbitrio stehet, und die arme Partheyen, die solche Gelder nicht aufbringen können, und gleichwohl probabilem leuterandi causam haben, dennoch zu zulassen sind. Weil aber

17) Alle Verordnungen nicht hinlänglich sind, allen Künsteleyen und Boßheiten der Menschen, die GOtt nicht fürchten, zu begegnen, woferne sie nicht selbst zum Guten incliniren, So wollen wir nicht allein 1) Unsere Gerichte mit redlichen und solchen Personen, die den allgegenwärtigen und allwissenden Gott wahrhafftig fürchten, besetzen, sondern auch verordnen, daß 2) die Unterthanen zum öfftern in denen Predigten und Catechisationen von Processen abgemahnet, und daß sie lieber von

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        <p>15) Die Erfahrung giebt, daß das Summarissimum bisweilen sehr mißbraucht wird, so                      wollen wir, daß hinkünfftig dasselbe nur alsdenn, wenn periculum armorum oder in                      mora obhanden, statt haben solle.</p>
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        <p>17) Alle Verordnungen nicht hinlänglich sind, allen Künsteleyen und Boßheiten der                      Menschen, die GOtt nicht fürchten, zu begegnen, woferne sie nicht selbst zum                      Guten incliniren, So wollen wir nicht allein 1) Unsere Gerichte mit redlichen                      und solchen Personen, die den allgegenwärtigen und allwissenden Gott wahrhafftig                      fürchten, besetzen, sondern auch verordnen, daß 2) die Unterthanen zum öfftern                      in denen Predigten und Catechisationen von Processen abgemahnet, und daß sie                      lieber von
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[141/0149] sie gleich ante litis contestationem oder responsionem rei produciret hat, dennoch bey Verlust der Sache sie wiederum reproduciren muß. 4) Wann der Judex zur Publication eines jeden Interlocuts, z. E. darinn die Einlassung anbefohlen wird, partes citiren muß, 5) Wann in processu executivo dem Judici nicht solte freystehen, delationem juramenti zu admittiren, oder selbst das Suppletorium oder purgatorium zu injungiren. 6) Wann in solchen Sachen, da die Partheyen einig sind, als super recognitione Documentorum ohnnöthiger Weise Bescheid abgefasset wird, 7) Wann die temere litigantes nicht gestraffet, auch wohl gar nicht in die Unkosten condemniret, oder sonst das unwahrhaffte Vorgeben oder Leugnen derer Partheyen und Advocaten nicht gestraffet werden: So verordnen Wir hiermit, und wollen, daß obspecificirte Impedimenta und Inconvenientien abgeschaffet, und soviel den 1, 4, 5, 6 Punct anlanget, dem Judici nach Befinden zu verfahren nachgelassen seyn soll. Was ader den 7 betrifft, sollen die temere litigantes allerdings mit arbitrarischer Straffe belegt, und allemahl die Parthey, so verlieret, in die Unkosten condemniret, ein jedes unwahrhafftes Vorgeben oder Leugnen aber, mit 1. 2. 5. und mehr Gülden ohnnach läßig bestraffet werden, der Beklagte aber, so die Klage leugnet, und nachmahls überführet wird, daß ers gewust, die libellirte Post doppelt bezahlen, auch der Advocat, so ihn darzu instigiret, oder die Wahrheit zu sagen nicht ermahnet hat, halb so viel erlegen. Weil 15) Die Erfahrung giebt, daß das Summarissimum bisweilen sehr mißbraucht wird, so wollen wir, daß hinkünfftig dasselbe nur alsdenn, wenn periculum armorum oder in mora obhanden, statt haben solle. 16) Im übrigen lassen wir es so wohl in erster Instanz, als bey Leuterungen und Appellationen bey dem in hiesigem Gerichte recipirten modo procedendi, nur daß durchgehends die Termini (ausser denen fatalibus interponendae in des Judicis arbitrio stehen, und wenn er keinen angesetzt, der legalis von drey Wochen seyn, auch der Leuterant in casum Succumbentiae eine Summe Geldes a 5,10, 20 und mehr Reichsthaler deponiren soll, welches letztere jedoch in des Judicis arbitrio stehet, und die arme Partheyen, die solche Gelder nicht aufbringen können, und gleichwohl probabilem leuterandi causam haben, dennoch zu zulassen sind. Weil aber 17) Alle Verordnungen nicht hinlänglich sind, allen Künsteleyen und Boßheiten der Menschen, die GOtt nicht fürchten, zu begegnen, woferne sie nicht selbst zum Guten incliniren, So wollen wir nicht allein 1) Unsere Gerichte mit redlichen und solchen Personen, die den allgegenwärtigen und allwissenden Gott wahrhafftig fürchten, besetzen, sondern auch verordnen, daß 2) die Unterthanen zum öfftern in denen Predigten und Catechisationen von Processen abgemahnet, und daß sie lieber von

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/149>, abgerufen am 24.11.2024.