Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.

Bild:
<< vorherige Seite

damals im Begriff war, meine am 18. Martii darauf gehaltene disputationläuffiges votum darüber. auszuarbeiten, in welcher ich mich bemühet, ausführlich und deutlich darzuthun, daß die Ausbesserung des langweiligen Justiz-Wesens zwar weder leichte noch unmöglich, indessen aber sehr schwer sey, und mit grosser Behutsamkeit vorgenommen werden müsse; Dieweil ich aber mich bemühet hatte, in besagter disputation, die vor anderthalb hundert Jahren biß zu unserer Zeit gegebene Consilia vieler Juristen von allerhand Schrot und Korne, theils zu excerpiren, theils so deutlich als möglich, derer Unzulänglichkeit oder impracticabilität, u zugleich den Hauptsatz meiner disputation aus diesen gegebenen consiliis zu beweisen; so wurde ich noch mehr in dieser meiner Meynung durch die Durchlesung dieser uns geschickten neuen Ordnung bestärcket. Und dannenhero gieng mein vorläuffiges judicium privatum und votum dahin, daß zwar, wie allbereit erwehnet, die intention derselben sehr gut sey, es sey aber doch dem unerachtet zu befahren, daß der hierbey intendirte Zweck wohl schwerlich erhalten werden dürffte, indem nicht alleine viele aus denen votis singulorum zu colligirende, und in dem begehrten responso zu specificirende Ursachen dieses riethen, sondern auch noch zur Zeit allerdings ohnmöglich sey, die bißherige Langwierigkeit der Processe 1) im Teutschen Reich, 2) wenn gleich ein sehr mächtiger Reichs-Stand sich dessen unterfienge, 3) durch eine zu verfertigende neue Proceß-Ordnung, und wenn sie 4) noch so bedächtig und scharffsinnig aufgesetzet würde, 5) ohne handgreifflichen Schaden der gemeinen Wohlfahrt 6) so geschwinde und auf einmahl zu heben.

§. IV. Dieweil aber der sonderliche Zustand des in dieser SacheAbsonderliche vota seiner übrigen Herren Collegen. von uns begehrten responsi erforderte, daß ich ante plenam relationem den Aufsatz der neuen Ordnung einem jeden von meinen Herren Collegen insonderheit durchzulesen zustellen müste; als truge ich in dem nechsten Convent die Sache vor, nebst Vermeldung meines praeliminar voti, nebst Bitte, demselben unerachtet mir ihre offenhertzige Meynung von der Sache, nemlich ob und was sie etwan bey dem Aufsatz zu erinnern hätten, kurtz und gut, jedoch schrifftlich mitzutheilen, damit hernach in pleno ferner ein allgemeines conclusum darüber gemacht werden könte. Nun bescheide ich mich wohl, daß ich nach der gemeinen Natur aller collegiorum verbunden bin, nicht aus der Schule zu schwatzen, und die vota particularia nicht zu verrathen. Dieweil ich aber auch dem publico für nützlich achte, daß ich jederman zeige, daß das von mir elaborirte responsum nicht meine eigene Erfindung, sondern ein einmüthi

damals im Begriff war, meine am 18. Martii darauf gehaltene disputationläuffiges votum darüber. auszuarbeiten, in welcher ich mich bemühet, ausführlich und deutlich darzuthun, daß die Ausbesserung des langweiligen Justiz-Wesens zwar weder leichte noch unmöglich, indessen aber sehr schwer sey, und mit grosser Behutsamkeit vorgenommen werden müsse; Dieweil ich aber mich bemühet hatte, in besagter disputation, die vor anderthalb hundert Jahren biß zu unserer Zeit gegebene Consilia vieler Juristen von allerhand Schrot und Korne, theils zu excerpiren, theils so deutlich als möglich, derer Unzulänglichkeit oder impracticabilität, u zugleich den Hauptsatz meiner disputation aus diesen gegebenen consiliis zu beweisen; so wurde ich noch mehr in dieser meiner Meynung durch die Durchlesung dieser uns geschickten neuen Ordnung bestärcket. Und dannenhero gieng mein vorläuffiges judicium privatum und votum dahin, daß zwar, wie allbereit erwehnet, die intention derselben sehr gut sey, es sey aber doch dem unerachtet zu befahren, daß der hierbey intendirte Zweck wohl schwerlich erhalten werden dürffte, indem nicht alleine viele aus denen votis singulorum zu colligirende, und in dem begehrten responso zu specificirende Ursachen dieses riethen, sondern auch noch zur Zeit allerdings ohnmöglich sey, die bißherige Langwierigkeit der Processe 1) im Teutschen Reich, 2) wenn gleich ein sehr mächtiger Reichs-Stand sich dessen unterfienge, 3) durch eine zu verfertigende neue Proceß-Ordnung, und wenn sie 4) noch so bedächtig und scharffsinnig aufgesetzet würde, 5) ohne handgreifflichen Schaden der gemeinen Wohlfahrt 6) so geschwinde und auf einmahl zu heben.

§. IV. Dieweil aber der sonderliche Zustand des in dieser SacheAbsonderliche vota seiner übrigen Herren Collegen. von uns begehrten responsi erforderte, daß ich ante plenam relationem den Aufsatz der neuen Ordnung einem jeden von meinen Herren Collegen insonderheit durchzulesen zustellen müste; als truge ich in dem nechsten Convent die Sache vor, nebst Vermeldung meines praeliminar voti, nebst Bitte, demselben unerachtet mir ihre offenhertzige Meynung von der Sache, nemlich ob und was sie etwan bey dem Aufsatz zu erinnern hätten, kurtz und gut, jedoch schrifftlich mitzutheilen, damit hernach in pleno ferner ein allgemeines conclusum darüber gemacht werden könte. Nun bescheide ich mich wohl, daß ich nach der gemeinen Natur aller collegiorum verbunden bin, nicht aus der Schule zu schwatzen, und die vota particularia nicht zu verrathen. Dieweil ich aber auch dem publico für nützlich achte, daß ich jederman zeige, daß das von mir elaborirte responsum nicht meine eigene Erfindung, sondern ein einmüthi

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0151" n="143"/>
damals im Begriff war, meine am 18.                      Martii darauf gehaltene disputation<note place="right">läuffiges <hi rendition="#i">votum</hi> darüber.</note> auszuarbeiten, in welcher ich                      mich bemühet, ausführlich und deutlich darzuthun, daß die Ausbesserung des                      langweiligen Justiz-Wesens zwar weder leichte noch unmöglich, indessen aber sehr                      schwer sey, und mit grosser Behutsamkeit vorgenommen werden müsse; Dieweil ich                      aber mich bemühet hatte, in besagter disputation, die vor anderthalb hundert                      Jahren biß zu unserer Zeit gegebene Consilia vieler Juristen von allerhand                      Schrot und Korne, theils zu excerpiren, theils so deutlich als möglich, derer                      Unzulänglichkeit oder impracticabilität, u zugleich den Hauptsatz meiner                      disputation aus diesen gegebenen consiliis zu beweisen; so wurde ich noch mehr                      in dieser meiner Meynung durch die Durchlesung dieser uns geschickten neuen                      Ordnung bestärcket. Und dannenhero gieng mein vorläuffiges judicium privatum und                      votum dahin, daß zwar, wie allbereit erwehnet, die intention derselben sehr gut                      sey, es sey aber doch dem unerachtet zu befahren, daß der hierbey intendirte                      Zweck wohl schwerlich erhalten werden dürffte, indem nicht alleine viele aus                      denen votis singulorum zu colligirende, und in dem begehrten responso zu                      specificirende Ursachen dieses riethen, sondern auch noch zur Zeit allerdings                      ohnmöglich sey, die bißherige Langwierigkeit der Processe 1) im Teutschen Reich,                      2) wenn gleich ein sehr mächtiger Reichs-Stand sich dessen unterfienge, 3) durch                      eine zu verfertigende neue Proceß-Ordnung, und wenn sie 4) noch so bedächtig und                      scharffsinnig aufgesetzet würde, 5) ohne handgreifflichen Schaden der gemeinen                      Wohlfahrt 6) so geschwinde und auf einmahl zu heben.</p>
        <p>§. IV. Dieweil aber der sonderliche Zustand des in dieser Sache<note place="right">Absonderliche <hi rendition="#i">vota</hi> seiner                          übrigen Herren <hi rendition="#i">Collegen</hi>.</note> von uns begehrten                      responsi erforderte, daß ich ante plenam relationem den Aufsatz der neuen                      Ordnung einem jeden von meinen Herren Collegen insonderheit durchzulesen                      zustellen müste; als truge ich in dem nechsten Convent die Sache vor, nebst                      Vermeldung meines praeliminar voti, nebst Bitte, demselben unerachtet mir ihre                      offenhertzige Meynung von der Sache, nemlich ob und was sie etwan bey dem                      Aufsatz zu erinnern hätten, kurtz und gut, jedoch schrifftlich mitzutheilen,                      damit hernach in pleno ferner ein allgemeines conclusum darüber gemacht werden                      könte. Nun bescheide ich mich wohl, daß ich nach der gemeinen Natur aller                      collegiorum verbunden bin, nicht aus der Schule zu schwatzen, und die vota                      particularia nicht zu verrathen. Dieweil ich aber auch dem publico für nützlich                      achte, daß ich jederman zeige, daß das von mir elaborirte responsum nicht meine                      eigene Erfindung, sondern ein einmüthi
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[143/0151] damals im Begriff war, meine am 18. Martii darauf gehaltene disputation auszuarbeiten, in welcher ich mich bemühet, ausführlich und deutlich darzuthun, daß die Ausbesserung des langweiligen Justiz-Wesens zwar weder leichte noch unmöglich, indessen aber sehr schwer sey, und mit grosser Behutsamkeit vorgenommen werden müsse; Dieweil ich aber mich bemühet hatte, in besagter disputation, die vor anderthalb hundert Jahren biß zu unserer Zeit gegebene Consilia vieler Juristen von allerhand Schrot und Korne, theils zu excerpiren, theils so deutlich als möglich, derer Unzulänglichkeit oder impracticabilität, u zugleich den Hauptsatz meiner disputation aus diesen gegebenen consiliis zu beweisen; so wurde ich noch mehr in dieser meiner Meynung durch die Durchlesung dieser uns geschickten neuen Ordnung bestärcket. Und dannenhero gieng mein vorläuffiges judicium privatum und votum dahin, daß zwar, wie allbereit erwehnet, die intention derselben sehr gut sey, es sey aber doch dem unerachtet zu befahren, daß der hierbey intendirte Zweck wohl schwerlich erhalten werden dürffte, indem nicht alleine viele aus denen votis singulorum zu colligirende, und in dem begehrten responso zu specificirende Ursachen dieses riethen, sondern auch noch zur Zeit allerdings ohnmöglich sey, die bißherige Langwierigkeit der Processe 1) im Teutschen Reich, 2) wenn gleich ein sehr mächtiger Reichs-Stand sich dessen unterfienge, 3) durch eine zu verfertigende neue Proceß-Ordnung, und wenn sie 4) noch so bedächtig und scharffsinnig aufgesetzet würde, 5) ohne handgreifflichen Schaden der gemeinen Wohlfahrt 6) so geschwinde und auf einmahl zu heben. läuffiges votum darüber. §. IV. Dieweil aber der sonderliche Zustand des in dieser Sache von uns begehrten responsi erforderte, daß ich ante plenam relationem den Aufsatz der neuen Ordnung einem jeden von meinen Herren Collegen insonderheit durchzulesen zustellen müste; als truge ich in dem nechsten Convent die Sache vor, nebst Vermeldung meines praeliminar voti, nebst Bitte, demselben unerachtet mir ihre offenhertzige Meynung von der Sache, nemlich ob und was sie etwan bey dem Aufsatz zu erinnern hätten, kurtz und gut, jedoch schrifftlich mitzutheilen, damit hernach in pleno ferner ein allgemeines conclusum darüber gemacht werden könte. Nun bescheide ich mich wohl, daß ich nach der gemeinen Natur aller collegiorum verbunden bin, nicht aus der Schule zu schwatzen, und die vota particularia nicht zu verrathen. Dieweil ich aber auch dem publico für nützlich achte, daß ich jederman zeige, daß das von mir elaborirte responsum nicht meine eigene Erfindung, sondern ein einmüthi Absonderliche vota seiner übrigen Herren Collegen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/151
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/151>, abgerufen am 24.11.2024.