Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.

Bild:
<< vorherige Seite

der(3) Wegen der durch der A dvocatorum tergiversa sation entstehenden Interlocuten.diejenige Interlocut, welche in währenden gantzen Process von der Advocaten muthwilligen tergiversation und Verschleiffungen, oder auch geflissentlich dahin zielenden Erfindungen neuer Incidentien herrühren, dieses das einige kräfftigste Mittel, daß man dergleichen Inventiones denenselben im geringsten nicht verstattet, sondern so bald sie nur angemercket sind, (wie es dann offt levi solertia Judicis geschehen kan, die Autores sich auch zu weilen selbst verrathen) dieselben deswegen ernstlich und ohnnachläßlich bestraffet, oder doch in dubio, und zwar so bald ex officio, und ohne besonders Erkäntniß, ihnen das Gewißen gerühret, und vor Annehmung dergleichen Schrifften sie mit dem juramento malitiae beleget. (4) Wegen der übrigen Bey-Ucthel ante & post litis contestationem, probationem, executionem & c.Was aber die übrigen Bey-Urthel belanget, welchen in und nach der Litis Contestation, Probation, execution auf alle dabey vorfallende Dinge, und insonderheit gesuchten delationes und dergleichen mehr gerichtet, auch in gewisser massen nöthig sind, so kan 4) dem nun in modo & tempore über Hand genommenen Mißbrauch gewehret werden, wann nach gleichmäßiger Anweisung der angezogenen Landes Satzungen und Erledigung d. loc. an statt des ordentlichen Verfahrens und Urthelsprechens, oder wenn es heist, wie es da insgemein so lautet: daß die Partheyen ihre dißfalls habende Nothdurfft von Mund aus in die Feder ad Acta bringen und rechtlichen Erkäntnüß darüber gewarten sollen: auf kurtze schvifftliche oder auch nach Gelegenheit mündlich beschehene, und registirte supplicate, implorationes, summarische Weisungen, Bescheide oder resolu tiones sine omni ulteriori forma & strepitu judicii gegeben werden. Welches denn bey denen höhern Iudiciis, so mit legalen und geschickten Leuten besetzt / leicht, bey den niedrigen aber auch nicht schwer fället, daß, wann dieselben allenfalls dieser Dinge nicht mächtig seyn, sie sich bey jenen in möglichster Kürtze Bescheids erholen.

Herrlicher Nutzen und würckungen besagter Mittel / so wohl in Ansehung der Zeit; als der Rosten.

§. IIX. Auf diese Masse nun können alle Processe durchgehendes und auch in termnis executionis, da es, wie es schon berühret, offt noch vielles und fast ärgerliches Intenloquirens giebet, so ferne ausgearbeitet werden, daß bloß nach gesührtem Beweiß und Gegenbeweiß die sententiae definitivae zu ordentlichen Rechtsspruch übrig bleiben. der Effect aber, wann das Justitien-Werck nur in hoc puncto so eingerichtet, daß die sententiae Interlocutoriae entweder gäntzlich vermieden, oder auf vorhergehende Masse rectificiret worden, ist zum wenigsten dieser: daß was bishero sonderlich dey denen höhern Judiciis, so über dem Urthelsprechen nur jährlich zu gewisser Zeit sitzen, 20. bis 30. Rthlr. gekostet, (wie es dann mit jedem Interlocut, wenn man die Gericht- und Advocaten-

der(3) Wegen der durch der A dvocatorum tergiversa sation entstehenden Interlocuten.diejenige Interlocut, welche in währenden gantzen Process von der Advocaten muthwilligen tergiversation und Verschleiffungen, oder auch geflissentlich dahin zielenden Erfindungen neuer Incidentien herrühren, dieses das einige kräfftigste Mittel, daß man dergleichen Inventiones denenselben im geringsten nicht verstattet, sondern so bald sie nur angemercket sind, (wie es dann offt levi solertia Judicis geschehen kan, die Autores sich auch zu weilen selbst verrathen) dieselben deswegen ernstlich und ohnnachläßlich bestraffet, oder doch in dubio, und zwar so bald ex officio, und ohne besonders Erkäntniß, ihnen das Gewißen gerühret, und vor Annehmung dergleichen Schrifften sie mit dem juramento malitiae beleget. (4) Wegen der übrigen Bey-Ucthel ante & post litis contestationem, probationem, executionem & c.Was aber die übrigen Bey-Urthel belanget, welchen in und nach der Litis Contestation, Probation, execution auf alle dabey vorfallende Dinge, und insonderheit gesuchten delationes und dergleichen mehr gerichtet, auch in gewisser massen nöthig sind, so kan 4) dem nun in modo & tempore über Hand genommenen Mißbrauch gewehret werden, wann nach gleichmäßiger Anweisung der angezogenen Landes Satzungen und Erledigung d. loc. an statt des ordentlichen Verfahrens und Urthelsprechens, oder wenn es heist, wie es da insgemein so lautet: daß die Partheyen ihre dißfalls habende Nothdurfft von Mund aus in die Feder ad Acta bringen und rechtlichen Erkäntnüß darüber gewarten sollen: auf kurtze schvifftliche oder auch nach Gelegenheit mündlich beschehene, und registirte supplicate, implorationes, summarische Weisungen, Bescheide oder resolu tiones sine omni ulteriori forma & strepitu judicii gegeben werden. Welches denn bey denen höhern Iudiciis, so mit legalen und geschickten Leuten besetzt / leicht, bey den niedrigen aber auch nicht schwer fället, daß, wann dieselben allenfalls dieser Dinge nicht mächtig seyn, sie sich bey jenen in möglichster Kürtze Bescheids erholen.

Herrlicher Nutzen und würckungen besagter Mittel / so wohl in Ansehung der Zeit; als der Rosten.

§. IIX. Auf diese Masse nun können alle Processe durchgehendes und auch in termnis executionis, da es, wie es schon berühret, offt noch vielles und fast ärgerliches Intenloquirens giebet, so ferne ausgearbeitet werden, daß bloß nach gesührtem Beweiß und Gegenbeweiß die sententiae definitivae zu ordentlichen Rechtsspruch übrig bleiben. der Effect aber, wann das Justitien-Werck nur in hoc puncto so eingerichtet, daß die sententiae Interlocutoriae entweder gäntzlich vermieden, oder auf vorhergehende Masse rectificiret worden, ist zum wenigsten dieser: daß was bishero sonderlich dey denen höhern Judiciis, so über dem Urthelsprechen nur jährlich zu gewisser Zeit sitzen, 20. bis 30. Rthlr. gekostet, (wie es dann mit jedem Interlocut, wenn man die Gericht- und Advocaten-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0018" n="10"/>
der<note place="right">(3) Wegen</note>                      <note place="left">der durch der <hi rendition="#i">A dvocatorum                              tergiversa sation</hi> entstehenden <hi rendition="#i">Interlocuten</hi>.</note>diejenige Interlocut, welche in währenden gantzen                      Process von der Advocaten muthwilligen tergiversation und Verschleiffungen, oder                      auch geflissentlich dahin zielenden Erfindungen neuer Incidentien herrühren,                      dieses das einige kräfftigste Mittel, daß man dergleichen Inventiones                      denenselben im geringsten nicht verstattet, sondern so bald sie nur angemercket                      sind, (wie es dann offt levi solertia Judicis geschehen kan, die Autores sich                      auch zu weilen selbst verrathen) dieselben deswegen ernstlich und ohnnachläßlich                      bestraffet, oder doch in dubio, und zwar so bald ex officio, und ohne besonders                      Erkäntniß, ihnen das Gewißen gerühret, und vor Annehmung dergleichen Schrifften                      sie mit dem juramento malitiae beleget. <note place="left">(4) Wegen der                          übrigen Bey-Ucthel <hi rendition="#i">ante &amp; post litis                              contestationem, probationem, executionem &amp; c.</hi></note>Was                      aber die übrigen Bey-Urthel belanget, welchen in und nach der Litis                      Contestation, Probation, execution auf alle dabey vorfallende Dinge, und                      insonderheit gesuchten delationes und dergleichen mehr gerichtet, auch in                      gewisser massen nöthig sind, so kan 4) dem nun in modo &amp; tempore über                      Hand genommenen Mißbrauch gewehret werden, wann nach gleichmäßiger Anweisung der                      angezogenen Landes Satzungen und Erledigung d. loc. an statt des ordentlichen                      Verfahrens und Urthelsprechens, oder wenn es heist, wie es da insgemein so                      lautet: daß die Partheyen ihre dißfalls habende Nothdurfft von Mund aus in die                      Feder ad Acta bringen und rechtlichen Erkäntnüß darüber gewarten sollen: auf                      kurtze schvifftliche oder auch nach Gelegenheit mündlich beschehene, und                      registirte supplicate, implorationes, summarische Weisungen, Bescheide oder                      resolu tiones sine omni ulteriori forma &amp; strepitu judicii gegeben                      werden. Welches denn bey denen höhern Iudiciis, so mit legalen und geschickten                      Leuten besetzt / leicht, bey den niedrigen aber auch nicht schwer fället, daß,                      wann dieselben allenfalls dieser Dinge nicht mächtig seyn, sie sich bey jenen in                      möglichster Kürtze Bescheids erholen.</p>
        <note place="left">Herrlicher Nutzen und würckungen besagter Mittel / so wohl                      in Ansehung der Zeit; als der Rosten.</note>
        <p>§. IIX. Auf diese Masse nun können alle Processe durchgehendes und auch in                      termnis executionis, da es, wie es schon berühret, offt noch vielles und fast                      ärgerliches Intenloquirens giebet, so ferne ausgearbeitet werden, daß bloß nach                      gesührtem Beweiß und Gegenbeweiß die sententiae definitivae zu ordentlichen                      Rechtsspruch übrig bleiben. der Effect aber, wann das Justitien-Werck nur in hoc                      puncto so eingerichtet, daß die sententiae Interlocutoriae entweder gäntzlich                      vermieden, oder auf vorhergehende Masse rectificiret worden, ist zum wenigsten                      dieser: daß was bishero sonderlich dey denen höhern Judiciis, so über dem                      Urthelsprechen nur jährlich zu gewisser Zeit sitzen, 20. bis 30. Rthlr.                      gekostet, (wie es dann mit jedem Interlocut, wenn man die Gericht- und                          Advocaten-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[10/0018] der diejenige Interlocut, welche in währenden gantzen Process von der Advocaten muthwilligen tergiversation und Verschleiffungen, oder auch geflissentlich dahin zielenden Erfindungen neuer Incidentien herrühren, dieses das einige kräfftigste Mittel, daß man dergleichen Inventiones denenselben im geringsten nicht verstattet, sondern so bald sie nur angemercket sind, (wie es dann offt levi solertia Judicis geschehen kan, die Autores sich auch zu weilen selbst verrathen) dieselben deswegen ernstlich und ohnnachläßlich bestraffet, oder doch in dubio, und zwar so bald ex officio, und ohne besonders Erkäntniß, ihnen das Gewißen gerühret, und vor Annehmung dergleichen Schrifften sie mit dem juramento malitiae beleget. Was aber die übrigen Bey-Urthel belanget, welchen in und nach der Litis Contestation, Probation, execution auf alle dabey vorfallende Dinge, und insonderheit gesuchten delationes und dergleichen mehr gerichtet, auch in gewisser massen nöthig sind, so kan 4) dem nun in modo & tempore über Hand genommenen Mißbrauch gewehret werden, wann nach gleichmäßiger Anweisung der angezogenen Landes Satzungen und Erledigung d. loc. an statt des ordentlichen Verfahrens und Urthelsprechens, oder wenn es heist, wie es da insgemein so lautet: daß die Partheyen ihre dißfalls habende Nothdurfft von Mund aus in die Feder ad Acta bringen und rechtlichen Erkäntnüß darüber gewarten sollen: auf kurtze schvifftliche oder auch nach Gelegenheit mündlich beschehene, und registirte supplicate, implorationes, summarische Weisungen, Bescheide oder resolu tiones sine omni ulteriori forma & strepitu judicii gegeben werden. Welches denn bey denen höhern Iudiciis, so mit legalen und geschickten Leuten besetzt / leicht, bey den niedrigen aber auch nicht schwer fället, daß, wann dieselben allenfalls dieser Dinge nicht mächtig seyn, sie sich bey jenen in möglichster Kürtze Bescheids erholen. (3) Wegen der durch der A dvocatorum tergiversa sation entstehenden Interlocuten. (4) Wegen der übrigen Bey-Ucthel ante & post litis contestationem, probationem, executionem & c. §. IIX. Auf diese Masse nun können alle Processe durchgehendes und auch in termnis executionis, da es, wie es schon berühret, offt noch vielles und fast ärgerliches Intenloquirens giebet, so ferne ausgearbeitet werden, daß bloß nach gesührtem Beweiß und Gegenbeweiß die sententiae definitivae zu ordentlichen Rechtsspruch übrig bleiben. der Effect aber, wann das Justitien-Werck nur in hoc puncto so eingerichtet, daß die sententiae Interlocutoriae entweder gäntzlich vermieden, oder auf vorhergehende Masse rectificiret worden, ist zum wenigsten dieser: daß was bishero sonderlich dey denen höhern Judiciis, so über dem Urthelsprechen nur jährlich zu gewisser Zeit sitzen, 20. bis 30. Rthlr. gekostet, (wie es dann mit jedem Interlocut, wenn man die Gericht- und Advocaten-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/18
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/18>, abgerufen am 23.11.2024.