Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.ne Sachen, so kaum in ihrem gantzen Werth 5. oder 10. Rthlr. importiret, unter diesem abusu und dem ungerechten Trieb böser Advocaten, darinnen ihnen noch des Parths Unverstand und einfältige Hoffarth gedienet, wiederum in neue kostbare Weitläufftigkeit, und so viel sententias interlocutorias gesetzt und verwickelt haben, daß nach grossen und sich wohl an die 1000. Rthlr. erstreckten oder den berührten Werth hundert und mehrmahl übertroffenen Aufwand, die Partheyen nicht gewust, woran sie seyn, und so zu sagen weder Anfang noch Ende vor sich gesehen, biß sie endlich, und zumahl der aus Unwissenheit in einsältiger Einbildung verführte und gantz enervirte Theil, mit Kummer und Jammer von dem Appellations Process abstrahiret, und sich zu dem ersten Zweck legen müssen, anderer contra veritatem darbey vorgefallener ungebührlichen Dinge und depravationen nicht zu gedencken. Und ob man gleich den Respect, welcher dem Judici ad quem hierunter gebühret / vorwendet; so wird doch damit, wann man solcher Gestalt das hohe officium Judicis denen Appellanten gleichsam Preiß giebet, und in ministerio instrumentali in der Ausübung ihres bösen Beginnens dienen lässet, dessen Reputation und Authorität gar nicht vermehret, sondern vielmehr um ein merckliches dehonestiret / und vermindert. Hingegen bestehet desselben Respect wahrhafftig und wesentlich darinnen, wann, wie es in judiciaria vor andern billig seyn solte, alle andere Respectus der Justiz weichen müsten, und derselben, besonders in diesem Stück, ein wachsames Auge darauf schläget, wohin viel löbliche Regenten mit guten Gesetzen gesehen: ne unquam frivolae Appellationis diffugium detur, nec remedium Appellationis ad detensionem iniquitatis aut exhibitionem patrocinii nequitiae; sed ad praesidium innocentiae sit institutum. Wie unter andern in denen Canonischen Rechten, als welche besonders in processualibus dem Juri Civili praevaliren, in cap. 61. junct. cap. 3. extr. de appellat. & in Concilio Trident. Sess. 13. C. 1. de Reformatione heilsamlich verordnet; dann anderer Gestalt macht sich der Judex fremder Sünden theilhafftig, wieder die Regul Pauli 1. ad Tim. c. V. v. 22. wie hiervon ein guter Jurist dieser Lande vom rechtschaffenen ungefärbten Christenthum, oder auch nur von einer reinen Moralität (wäre zu wünschen daß dergleichen noch viel wären) gar nachdencklich geschrieben hat. Quicquid igitur peccat temere Appellans, id totum suum facit Judex temeritatem illam non coercens nec impediens; & incidit simul Judex in ista delicta omnia, qui non impedivit, quod impedire potuit. Ziegl. in Dicast. de offic. Jud. & Peccat. Concl. ult. §. 11. ne Sachen, so kaum in ihrem gantzen Werth 5. oder 10. Rthlr. importiret, unter diesem abusu und dem ungerechten Trieb böser Advocaten, darinnen ihnen noch des Parths Unverstand und einfältige Hoffarth gedienet, wiederum in neue kostbare Weitläufftigkeit, und so viel sententias interlocutorias gesetzt und verwickelt haben, daß nach grossen und sich wohl an die 1000. Rthlr. erstreckten oder den berührten Werth hundert und mehrmahl übertroffenen Aufwand, die Partheyen nicht gewust, woran sie seyn, und so zu sagen weder Anfang noch Ende vor sich gesehen, biß sie endlich, und zumahl der aus Unwissenheit in einsältiger Einbildung verführte und gantz enervirte Theil, mit Kummer und Jammer von dem Appellations Process abstrahiret, und sich zu dem ersten Zweck legen müssen, anderer contra veritatem darbey vorgefallener ungebührlichen Dinge und depravationen nicht zu gedencken. Und ob man gleich den Respect, welcher dem Judici ad quem hierunter gebühret / vorwendet; so wird doch damit, wann man solcher Gestalt das hohe officium Judicis denen Appellanten gleichsam Preiß giebet, und in ministerio instrumentali in der Ausübung ihres bösen Beginnens dienen lässet, dessen Reputation und Authorität gar nicht vermehret, sondern vielmehr um ein merckliches dehonestiret / und vermindert. Hingegen bestehet desselben Respect wahrhafftig und wesentlich darinnen, wann, wie es in judiciaria vor andern billig seyn solte, alle andere Respectus der Justiz weichen müsten, und derselben, besonders in diesem Stück, ein wachsames Auge darauf schläget, wohin viel löbliche Regenten mit guten Gesetzen gesehen: ne unquam frivolae Appellationis diffugium detur, nec remedium Appellationis ad detensionem iniquitatis aut exhibitionem patrocinii nequitiae; sed ad praesidium innocentiae sit institutum. Wie unter andern in denen Canonischen Rechten, als welche besonders in processualibus dem Juri Civili praevaliren, in cap. 61. junct. cap. 3. extr. de appellat. & in Concilio Trident. Sess. 13. C. 1. de Reformatione heilsamlich verordnet; dann anderer Gestalt macht sich der Judex fremder Sünden theilhafftig, wieder die Regul Pauli 1. ad Tim. c. V. v. 22. wie hiervon ein guter Jurist dieser Lande vom rechtschaffenen ungefärbten Christenthum, oder auch nur von einer reinen Moralität (wäre zu wünschen daß dergleichen noch viel wären) gar nachdencklich geschrieben hat. Quicquid igitur peccat temere Appellans, id totum suum facit Judex temeritatem illam non coercens nec impediens; & incidit simul Judex in ista delicta omnia, qui non impedivit, quod impedire potuit. Ziegl. in Dicast. de offic. Jud. & Peccat. Concl. ult. §. 11. <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0021" n="13"/> ne Sachen, so kaum in ihrem gantzen Werth 5. oder 10. Rthlr. importiret, unter diesem abusu und dem ungerechten Trieb böser Advocaten, darinnen ihnen noch des Parths Unverstand und einfältige Hoffarth gedienet, wiederum in neue kostbare Weitläufftigkeit, und so viel sententias interlocutorias gesetzt und verwickelt haben, daß nach grossen und sich wohl an die 1000. Rthlr. erstreckten oder den berührten Werth hundert und mehrmahl übertroffenen Aufwand, die Partheyen nicht gewust, woran sie seyn, und so zu sagen weder Anfang noch Ende vor sich gesehen, biß sie endlich, und zumahl der aus Unwissenheit in einsältiger Einbildung verführte und gantz enervirte Theil, mit Kummer und Jammer von dem Appellations Process abstrahiret, und sich zu dem ersten Zweck legen müssen, anderer contra veritatem darbey vorgefallener ungebührlichen Dinge und depravationen nicht zu gedencken. Und ob man gleich den Respect, welcher dem Judici ad quem hierunter gebühret / vorwendet; so wird doch damit, wann man solcher Gestalt das hohe officium Judicis denen Appellanten gleichsam Preiß giebet, und in ministerio instrumentali in der Ausübung ihres bösen Beginnens dienen lässet, dessen Reputation und Authorität gar nicht vermehret, sondern vielmehr um ein merckliches dehonestiret / und vermindert. Hingegen bestehet desselben Respect wahrhafftig und wesentlich darinnen, wann, wie es in judiciaria vor andern billig seyn solte, alle andere Respectus der Justiz weichen müsten, und derselben, besonders in diesem Stück, ein wachsames Auge darauf schläget, wohin viel löbliche Regenten mit guten Gesetzen gesehen: ne unquam frivolae Appellationis diffugium detur, nec remedium Appellationis ad detensionem iniquitatis aut exhibitionem patrocinii nequitiae; sed ad praesidium innocentiae sit institutum. Wie unter andern in denen Canonischen Rechten, als welche besonders in processualibus dem Juri Civili praevaliren, in cap. 61. junct. cap. 3. extr. de appellat. & in Concilio Trident. Sess. 13. C. 1. de Reformatione heilsamlich verordnet; dann anderer Gestalt macht sich der Judex fremder Sünden theilhafftig, wieder die Regul Pauli 1. ad Tim. c. V. v. 22. wie hiervon ein guter Jurist dieser Lande vom rechtschaffenen ungefärbten Christenthum, oder auch nur von einer reinen Moralität (wäre zu wünschen daß dergleichen noch viel wären) gar nachdencklich geschrieben hat. Quicquid igitur peccat temere Appellans, id totum suum facit Judex temeritatem illam non coercens nec impediens; & incidit simul Judex in ista delicta omnia, qui non impedivit, quod impedire potuit. Ziegl. in Dicast. de offic. Jud. & Peccat. Concl. ult. §. 11.</p> </div> </body> </text> </TEI> [13/0021]
ne Sachen, so kaum in ihrem gantzen Werth 5. oder 10. Rthlr. importiret, unter diesem abusu und dem ungerechten Trieb böser Advocaten, darinnen ihnen noch des Parths Unverstand und einfältige Hoffarth gedienet, wiederum in neue kostbare Weitläufftigkeit, und so viel sententias interlocutorias gesetzt und verwickelt haben, daß nach grossen und sich wohl an die 1000. Rthlr. erstreckten oder den berührten Werth hundert und mehrmahl übertroffenen Aufwand, die Partheyen nicht gewust, woran sie seyn, und so zu sagen weder Anfang noch Ende vor sich gesehen, biß sie endlich, und zumahl der aus Unwissenheit in einsältiger Einbildung verführte und gantz enervirte Theil, mit Kummer und Jammer von dem Appellations Process abstrahiret, und sich zu dem ersten Zweck legen müssen, anderer contra veritatem darbey vorgefallener ungebührlichen Dinge und depravationen nicht zu gedencken. Und ob man gleich den Respect, welcher dem Judici ad quem hierunter gebühret / vorwendet; so wird doch damit, wann man solcher Gestalt das hohe officium Judicis denen Appellanten gleichsam Preiß giebet, und in ministerio instrumentali in der Ausübung ihres bösen Beginnens dienen lässet, dessen Reputation und Authorität gar nicht vermehret, sondern vielmehr um ein merckliches dehonestiret / und vermindert. Hingegen bestehet desselben Respect wahrhafftig und wesentlich darinnen, wann, wie es in judiciaria vor andern billig seyn solte, alle andere Respectus der Justiz weichen müsten, und derselben, besonders in diesem Stück, ein wachsames Auge darauf schläget, wohin viel löbliche Regenten mit guten Gesetzen gesehen: ne unquam frivolae Appellationis diffugium detur, nec remedium Appellationis ad detensionem iniquitatis aut exhibitionem patrocinii nequitiae; sed ad praesidium innocentiae sit institutum. Wie unter andern in denen Canonischen Rechten, als welche besonders in processualibus dem Juri Civili praevaliren, in cap. 61. junct. cap. 3. extr. de appellat. & in Concilio Trident. Sess. 13. C. 1. de Reformatione heilsamlich verordnet; dann anderer Gestalt macht sich der Judex fremder Sünden theilhafftig, wieder die Regul Pauli 1. ad Tim. c. V. v. 22. wie hiervon ein guter Jurist dieser Lande vom rechtschaffenen ungefärbten Christenthum, oder auch nur von einer reinen Moralität (wäre zu wünschen daß dergleichen noch viel wären) gar nachdencklich geschrieben hat. Quicquid igitur peccat temere Appellans, id totum suum facit Judex temeritatem illam non coercens nec impediens; & incidit simul Judex in ista delicta omnia, qui non impedivit, quod impedire potuit. Ziegl. in Dicast. de offic. Jud. & Peccat. Concl. ult. §. 11.
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