Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.

Bild:
<< vorherige Seite
contradictiones und Aussetzungen fürgangen, daß man bald nicht weiß, zu wem man sich unter ihnen wenden solte; darum wohl nöthig wäre, daß man nach der Hand auf eine neue Concordiam gedächte. 13) und darum setze ich den Fall, daß auch gleich ich und alle andere E. F. G. Politische Räthe auf die formulam schwüren, was wären entweder wir, oder E. F. G. auch dero Dom-Capitel und Landschafft dessen gebessert. 14) Denn soll ich die Wahrheit sagen, so wird gewiß daran nichts fehlen, daß in dem gantzen Ertz-Stifft (wenn ich gleich gar viel sage) nicht 15. Theologi seyn, so die formulam, und die darinnen enthaltene schwere Apices Theologicos aus dem Grunde verstehen. Dasselbe werden E. F. G. erfahren, wenn dermahleinsten eine visitation gehalten wird. 15) Inter Politicos weiß ich gewißlich (jedoch niemand zu nahe geredt) keinen einigen, der sie verstünde, ja mancher mag nicht viel Blat darinn gelesen / mancher aber sie nie gesehen haben. Es ist auch ein jedweder, dieweil er seines Beruffs oder Profession halber darauf nicht gewidmet, darunter gar wohl entschuldiget; E. F. G. bedencken aber gnädigst, ob sie uns armen Leuten nicht dadurch Ursach zu sündigen geben, indem sie uns auf ein Ding schwören machen, welches wir nicht verstehen, und uns also mit einem fide implicita ecclesiae, (welches ich doch auf der Cantzel an dem Catholischen verdammen höre) behelffen, und darauf fundiren müssen. 16) Was uns solches anderer Oerter bey verständigen Leuten für einen Nahmen möchte machen, haben E. F. G. leichtlich auch zu ermessen. 17) Und wäre dann jemands darinnen gar wohl beschlagen, so wird er gewißlich wohl dabey bleiben, wenn gleich er nimmermehr Pflicht dazu erstattet. 18) Ich sehe auch hierüber und weiter nicht, was E. F. G. ich oder ein ander meines Orts vermittelst der formulae mehr Nutz seyn oder werden könte. Sintemahl sie in Politicis ausser den Schwenckfeldischen und Wiedertäufferischen locis, die doch ein jeder aus dem Wort Gottes ohne das weiß, davon gar wenig Unterricht giebt. 19) Neben den werden E. F. G. oder R Capitulum und die Landschafft E. F. G. Räthe (meines Verhoffens) für redliche Leute halten, oder sie müsten wieder etliche ungleiche suspiciones haben. Bestehets beym ersten, so ist gewißlich dieser obligation ad formulam unnöthig, denn, wer ehrlich ist, wird wohl ehrlich bleiben, wenn er gleich die form nicht gesehen; wäre aber einer anders, so wird er gewißlich nicht fromm werden, wenn er auch alle Tage mit derselben umgienge. Denn wenn GOttes heilige zehen Gebothe nicht fromm und treu machen, so werden gewißlich die schweren Theologischen Quaestiones nichts ausrichten. 20) Ja die Erfahrung giebts, daß offtermahls diejenigen, welche die Religion stets im Munde haben, und einen grossen zelum praetendiren, das wenigste verstehen,
contradictiones und Aussetzungen fürgangen, daß man bald nicht weiß, zu wem man sich unter ihnen wenden solte; darum wohl nöthig wäre, daß man nach der Hand auf eine neue Concordiam gedächte. 13) und darum setze ich den Fall, daß auch gleich ich und alle andere E. F. G. Politische Räthe auf die formulam schwüren, was wären entweder wir, oder E. F. G. auch dero Dom-Capitel und Landschafft dessen gebessert. 14) Denn soll ich die Wahrheit sagen, so wird gewiß daran nichts fehlen, daß in dem gantzen Ertz-Stifft (wenn ich gleich gar viel sage) nicht 15. Theologi seyn, so die formulam, und die darinnen enthaltene schwere Apices Theologicos aus dem Grunde verstehen. Dasselbe werden E. F. G. erfahren, wenn dermahleinsten eine visitation gehalten wird. 15) Inter Politicos weiß ich gewißlich (jedoch niemand zu nahe geredt) keinen einigen, der sie verstünde, ja mancher mag nicht viel Blat darinn gelesen / mancher aber sie nie gesehen haben. Es ist auch ein jedweder, dieweil er seines Beruffs oder Profession halber darauf nicht gewidmet, darunter gar wohl entschuldiget; E. F. G. bedencken aber gnädigst, ob sie uns armen Leuten nicht dadurch Ursach zu sündigen geben, indem sie uns auf ein Ding schwören machen, welches wir nicht verstehen, und uns also mit einem fide implicita ecclesiae, (welches ich doch auf der Cantzel an dem Catholischen verdammen höre) behelffen, und darauf fundiren müssen. 16) Was uns solches anderer Oerter bey verständigen Leuten für einen Nahmen möchte machen, haben E. F. G. leichtlich auch zu ermessen. 17) Und wäre dann jemands darinnen gar wohl beschlagen, so wird er gewißlich wohl dabey bleiben, wenn gleich er nimmermehr Pflicht dazu erstattet. 18) Ich sehe auch hierüber und weiter nicht, was E. F. G. ich oder ein ander meines Orts vermittelst der formulae mehr Nutz seyn oder werden könte. Sintemahl sie in Politicis ausser den Schwenckfeldischen und Wiedertäufferischen locis, die doch ein jeder aus dem Wort Gottes ohne das weiß, davon gar wenig Unterricht giebt. 19) Neben den werden E. F. G. oder R Capitulum und die Landschafft E. F. G. Räthe (meines Verhoffens) für redliche Leute halten, oder sie müsten wieder etliche ungleiche suspiciones haben. Bestehets beym ersten, so ist gewißlich dieser obligation ad formulam unnöthig, denn, wer ehrlich ist, wird wohl ehrlich bleiben, wenn er gleich die form nicht gesehen; wäre aber einer anders, so wird er gewißlich nicht fromm werden, wenn er auch alle Tage mit derselben umgienge. Denn wenn GOttes heilige zehen Gebothe nicht fromm und treu machen, so werden gewißlich die schweren Theologischen Quaestiones nichts ausrichten. 20) Ja die Erfahrung giebts, daß offtermahls diejenigen, welche die Religion stets im Munde haben, und einen grossen zelum praetendiren, das wenigste verstehen,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <l><pb facs="#f0214" n="206"/>
contradictiones und Aussetzungen                      fürgangen, daß man bald nicht weiß, zu wem man sich unter ihnen wenden solte;                      darum wohl nöthig wäre, daß man nach der Hand auf eine neue Concordiam gedächte.</l>
        <l>13) und darum setze ich den Fall, daß auch gleich ich und alle andere E. F. G.                      Politische Räthe auf die formulam schwüren, was wären entweder wir, oder E. F.                      G. auch dero Dom-Capitel und Landschafft dessen gebessert.</l>
        <l>14) Denn soll ich die Wahrheit sagen, so wird gewiß daran nichts fehlen, daß in                      dem gantzen Ertz-Stifft (wenn ich gleich gar viel sage) nicht 15. Theologi seyn,                      so die formulam, und die darinnen enthaltene schwere Apices Theologicos aus dem                      Grunde verstehen. Dasselbe werden E. F. G. erfahren, wenn dermahleinsten eine                      visitation gehalten wird.</l>
        <l>15) Inter Politicos weiß ich gewißlich (jedoch niemand zu nahe geredt) keinen                      einigen, der sie verstünde, ja mancher mag nicht viel Blat darinn gelesen /                      mancher aber sie nie gesehen haben. Es ist auch ein jedweder, dieweil er seines                      Beruffs oder Profession halber darauf nicht gewidmet, darunter gar wohl                      entschuldiget; E. F. G. bedencken aber gnädigst, ob sie uns armen Leuten nicht                      dadurch Ursach zu sündigen geben, indem sie uns auf ein Ding schwören machen,                      welches wir nicht verstehen, und uns also mit einem fide implicita ecclesiae,                      (welches ich doch auf der Cantzel an dem Catholischen verdammen höre) behelffen,                      und darauf fundiren müssen.</l>
        <l>16) Was uns solches anderer Oerter bey verständigen Leuten für einen Nahmen                      möchte machen, haben E. F. G. leichtlich auch zu ermessen.</l>
        <l>17) Und wäre dann jemands darinnen gar wohl beschlagen, so wird er gewißlich wohl                      dabey bleiben, wenn gleich er nimmermehr Pflicht dazu erstattet.</l>
        <l>18) Ich sehe auch hierüber und weiter nicht, was E. F. G. ich oder ein ander                      meines Orts vermittelst der formulae mehr Nutz seyn oder werden könte. Sintemahl                      sie in Politicis ausser den Schwenckfeldischen und Wiedertäufferischen locis,                      die doch ein jeder aus dem Wort Gottes ohne das weiß, davon gar wenig Unterricht                      giebt.</l>
        <l>19) Neben den werden E. F. G. oder R Capitulum und die Landschafft E. F. G.                      Räthe (meines Verhoffens) für redliche Leute halten, oder sie müsten wieder                      etliche ungleiche suspiciones haben. Bestehets beym ersten, so ist gewißlich                      dieser obligation ad formulam unnöthig, denn, wer ehrlich ist, wird wohl ehrlich                      bleiben, wenn er gleich die form nicht gesehen; wäre aber einer anders, so wird                      er gewißlich nicht fromm werden, wenn er auch alle Tage mit derselben umgienge.                      Denn wenn GOttes heilige zehen Gebothe nicht fromm und treu machen, so werden                      gewißlich die schweren Theologischen Quaestiones nichts ausrichten.</l>
        <l>20) Ja die Erfahrung giebts, daß offtermahls diejenigen, welche die Religion                      stets im Munde haben, und einen grossen zelum praetendiren, das wenigste                      verstehen,
</l>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[206/0214] contradictiones und Aussetzungen fürgangen, daß man bald nicht weiß, zu wem man sich unter ihnen wenden solte; darum wohl nöthig wäre, daß man nach der Hand auf eine neue Concordiam gedächte. 13) und darum setze ich den Fall, daß auch gleich ich und alle andere E. F. G. Politische Räthe auf die formulam schwüren, was wären entweder wir, oder E. F. G. auch dero Dom-Capitel und Landschafft dessen gebessert. 14) Denn soll ich die Wahrheit sagen, so wird gewiß daran nichts fehlen, daß in dem gantzen Ertz-Stifft (wenn ich gleich gar viel sage) nicht 15. Theologi seyn, so die formulam, und die darinnen enthaltene schwere Apices Theologicos aus dem Grunde verstehen. Dasselbe werden E. F. G. erfahren, wenn dermahleinsten eine visitation gehalten wird. 15) Inter Politicos weiß ich gewißlich (jedoch niemand zu nahe geredt) keinen einigen, der sie verstünde, ja mancher mag nicht viel Blat darinn gelesen / mancher aber sie nie gesehen haben. Es ist auch ein jedweder, dieweil er seines Beruffs oder Profession halber darauf nicht gewidmet, darunter gar wohl entschuldiget; E. F. G. bedencken aber gnädigst, ob sie uns armen Leuten nicht dadurch Ursach zu sündigen geben, indem sie uns auf ein Ding schwören machen, welches wir nicht verstehen, und uns also mit einem fide implicita ecclesiae, (welches ich doch auf der Cantzel an dem Catholischen verdammen höre) behelffen, und darauf fundiren müssen. 16) Was uns solches anderer Oerter bey verständigen Leuten für einen Nahmen möchte machen, haben E. F. G. leichtlich auch zu ermessen. 17) Und wäre dann jemands darinnen gar wohl beschlagen, so wird er gewißlich wohl dabey bleiben, wenn gleich er nimmermehr Pflicht dazu erstattet. 18) Ich sehe auch hierüber und weiter nicht, was E. F. G. ich oder ein ander meines Orts vermittelst der formulae mehr Nutz seyn oder werden könte. Sintemahl sie in Politicis ausser den Schwenckfeldischen und Wiedertäufferischen locis, die doch ein jeder aus dem Wort Gottes ohne das weiß, davon gar wenig Unterricht giebt. 19) Neben den werden E. F. G. oder R Capitulum und die Landschafft E. F. G. Räthe (meines Verhoffens) für redliche Leute halten, oder sie müsten wieder etliche ungleiche suspiciones haben. Bestehets beym ersten, so ist gewißlich dieser obligation ad formulam unnöthig, denn, wer ehrlich ist, wird wohl ehrlich bleiben, wenn er gleich die form nicht gesehen; wäre aber einer anders, so wird er gewißlich nicht fromm werden, wenn er auch alle Tage mit derselben umgienge. Denn wenn GOttes heilige zehen Gebothe nicht fromm und treu machen, so werden gewißlich die schweren Theologischen Quaestiones nichts ausrichten. 20) Ja die Erfahrung giebts, daß offtermahls diejenigen, welche die Religion stets im Munde haben, und einen grossen zelum praetendiren, das wenigste verstehen,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/214
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/214>, abgerufen am 02.06.2024.