Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.

Bild:
<< vorherige Seite

Leben führen. In dem vierdten, von der Ehescheidung, aus nöthigen, wichtigen und redlichen Ursachen. Item von allen Umständen und Ursachen der Ehescheidung, aus natürlichen, Göttlichen, Käyserlichen und Päpstischen Rechten. Uber das hat er auch zu diesem Theil etliche Fälle in Ehe-Sachen hinzugethan, samt etlicher Gelehrten Rathschläge drüber. Er gestehet ferner, daß die Schrifften und Rathschläge in diesem Ehebuche nicht einerley Gattung wären, indem auch zwischen denen Theologis, so selbige geschrieben, ein grosser Unterschied wäre / darum hätte es einer etwa recht getroffen, der andere nicht: Man müsse auch unterschiedlich reden von den Ehen, eher sie vollzogen würden, und wann sie bereits vollzogen wären, (siehe allerdings, was allbereit oben p. 258. von dieser albernen distinction erwehnet worden, §. 1. prope finem) damit denen armen Gewissen möge geholffen werden, die etwa aus Unverstand, oder durch Nachlassung oder dispensation des Papsts wieder das Recht ihre Ehen angefangen hätten. Denn wenn ein Ding geschehen wäre, müste man das beste darzu reden Derowegen müste man die Consilia, die nach vollzogener Ehe den armen Gewissen zu helffen, gesprochen wären, bey Leibe nicht mißbrauchen zu Vertheydigung dergleichen Ehen wenn sie noch nicht geschlossen wären. In eben diesem 1553. Jahre ließ gleichfalls D. Melchior Klinge einen Tractatum Methodicum causarum matrimonialium zu Franckfurt drücken, in welchen er sich hauptsächlich bemühete die Ehefälle nach den Canonischen Rechten zu decidiren, auch in der Vorrede sich bemühte, diese hypothesin contra dissentientes und die sich immer auf das Mosaische Gesetz bezogen (iedoch bescheiden) zu verantworten. Er führet auch vielfältig den dissensum Theologorum in dieser Schrifft an und decidiret in dergleichen Fällen entweder gar nicht oder doch sehr selten, sondern entschuldiget sich gemeiniglich, daß ihm nicht zustehe, die Sache zu decidiren. Ob nun diese beyde Schrifften, die zu gleicher Zeit heraus kommen, aus aemulation entweder beyder Partheyen, oder doch beyder Autorum gedruckt worden, und wer hierzu den Anfang gemacht, kan ich eben nicht sagen. Jedoch scheinets, daß weil Klinge im Latein, Sarcerius aber Teutsch geschrieben hatte, und über dieses Klingens Buch kaum 14. oder 16. Bogen austrug, da hingegen Sarcerii seines in etlichen Alphabeten bestunde, daß Sarcerii Werck (zumahl da er viel freyer, jedoch auch gar bescheiden, sich aufführete, wenn er von denen Juristen dissentirte) bey vielen, die nicht Juristen waren, noch studiret hatten, und also auch bey vielen an den Höffen, grössern applausum funde, als Klingens sein Werckgen. Zum wenigsten ist nunmehr dieses bekannt / daß zwischen diesen bey

Leben führen. In dem vierdten, von der Ehescheidung, aus nöthigen, wichtigen und redlichen Ursachen. Item von allen Umständen und Ursachen der Ehescheidung, aus natürlichen, Göttlichen, Käyserlichen und Päpstischen Rechten. Uber das hat er auch zu diesem Theil etliche Fälle in Ehe-Sachen hinzugethan, samt etlicher Gelehrten Rathschläge drüber. Er gestehet ferner, daß die Schrifften und Rathschläge in diesem Ehebuche nicht einerley Gattung wären, indem auch zwischen denen Theologis, so selbige geschrieben, ein grosser Unterschied wäre / darum hätte es einer etwa recht getroffen, der andere nicht: Man müsse auch unterschiedlich reden von den Ehen, eher sie vollzogen würden, und wann sie bereits vollzogen wären, (siehe allerdings, was allbereit oben p. 258. von dieser albernen distinction erwehnet worden, §. 1. prope finem) damit denẽ armen Gewissen möge geholffen werden, die etwa aus Unverstand, oder durch Nachlassung oder dispensation des Papsts wieder das Recht ihre Ehen angefangen hätten. Denn wenn ein Ding geschehen wäre, müste man das beste darzu reden Derowegen müste man die Consilia, die nach vollzogener Ehe den armen Gewissen zu helffen, gesprochen wären, bey Leibe nicht mißbrauchen zu Vertheydigung dergleichen Ehen wenn sie noch nicht geschlossen wären. In eben diesem 1553. Jahre ließ gleichfalls D. Melchior Klinge einen Tractatum Methodicum causarum matrimonialium zu Franckfurt drücken, in welchen er sich hauptsächlich bemühete die Ehefälle nach den Canonischen Rechten zu decidiren, auch in der Vorrede sich bemühte, diese hypothesin contra dissentientes und die sich immer auf das Mosaische Gesetz bezogen (iedoch bescheiden) zu verantworten. Er führet auch vielfältig den dissensum Theologorum in dieser Schrifft an und decidiret in dergleichen Fällen entweder gar nicht oder doch sehr selten, sondern entschuldiget sich gemeiniglich, daß ihm nicht zustehe, die Sache zu decidiren. Ob nun diese beyde Schrifften, die zu gleicher Zeit heraus kommen, aus aemulation entweder beyder Partheyen, oder doch beyder Autorum gedruckt worden, und wer hierzu den Anfang gemacht, kan ich eben nicht sagen. Jedoch scheinets, daß weil Klinge im Latein, Sarcerius aber Teutsch geschrieben hatte, und über dieses Klingens Buch kaum 14. oder 16. Bogen austrug, da hingegen Sarcerii seines in etlichen Alphabeten bestunde, daß Sarcerii Werck (zumahl da er viel freyer, jedoch auch gar bescheiden, sich aufführete, wenn er von denen Juristen dissentirte) bey vielen, die nicht Juristen waren, noch studiret hatten, und also auch bey vielen an den Höffen, grössern applausum funde, als Klingens sein Werckgen. Zum wenigsten ist nunmehr dieses bekannt / daß zwischen diesen bey

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0272" n="264"/>
Leben führen. In dem vierdten, von der Ehescheidung, aus nöthigen,                      wichtigen und redlichen Ursachen. Item von allen Umständen und Ursachen der                      Ehescheidung, aus natürlichen, Göttlichen, Käyserlichen und Päpstischen Rechten.                      Uber das hat er auch zu diesem Theil etliche Fälle in Ehe-Sachen hinzugethan,                      samt etlicher Gelehrten Rathschläge drüber. Er gestehet ferner, daß die                      Schrifften und Rathschläge in diesem Ehebuche nicht einerley Gattung wären,                      indem auch zwischen denen Theologis, so selbige geschrieben, ein grosser                      Unterschied wäre / darum hätte es einer etwa recht getroffen, der andere nicht:                      Man müsse auch unterschiedlich reden von den Ehen, eher sie vollzogen würden,                      und wann sie bereits vollzogen wären, (siehe allerdings, was allbereit oben p.                      258. von dieser albernen distinction erwehnet worden, §. 1. prope finem) damit                          dene&#x0303; armen Gewissen möge geholffen werden, die etwa aus                      Unverstand, oder durch Nachlassung oder dispensation des Papsts wieder das Recht                      ihre Ehen angefangen hätten. Denn wenn ein Ding geschehen wäre, müste man das                      beste darzu reden Derowegen müste man die Consilia, die nach vollzogener Ehe den                      armen Gewissen zu helffen, gesprochen wären, bey Leibe nicht mißbrauchen zu                      Vertheydigung dergleichen Ehen wenn sie noch nicht geschlossen wären. In eben                      diesem 1553. Jahre ließ gleichfalls D. Melchior Klinge einen Tractatum                      Methodicum causarum matrimonialium zu Franckfurt drücken, in welchen er sich                      hauptsächlich bemühete die Ehefälle nach den Canonischen Rechten zu decidiren,                      auch in der Vorrede sich bemühte, diese hypothesin contra dissentientes und die                      sich immer auf das Mosaische Gesetz bezogen (iedoch bescheiden) zu verantworten.                      Er führet auch vielfältig den dissensum Theologorum in dieser Schrifft an und                      decidiret in dergleichen Fällen entweder gar nicht oder doch sehr selten,                      sondern entschuldiget sich gemeiniglich, daß ihm nicht zustehe, die Sache zu                      decidiren. Ob nun diese beyde Schrifften, die zu gleicher Zeit heraus kommen,                      aus aemulation entweder beyder Partheyen, oder doch beyder Autorum gedruckt                      worden, und wer hierzu den Anfang gemacht, kan ich eben nicht sagen. Jedoch                      scheinets, daß weil Klinge im Latein, Sarcerius aber Teutsch geschrieben hatte,                      und über dieses Klingens Buch kaum 14. oder 16. Bogen austrug, da hingegen                      Sarcerii seines in etlichen Alphabeten bestunde, daß Sarcerii Werck (zumahl da                      er viel freyer, jedoch auch gar bescheiden, sich aufführete, wenn er von denen                      Juristen dissentirte) bey vielen, die nicht Juristen waren, noch studiret                      hatten, und also auch bey vielen an den Höffen, grössern applausum funde, als                      Klingens sein Werckgen. Zum wenigsten ist nunmehr dieses bekannt / daß zwischen                      diesen bey
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[264/0272] Leben führen. In dem vierdten, von der Ehescheidung, aus nöthigen, wichtigen und redlichen Ursachen. Item von allen Umständen und Ursachen der Ehescheidung, aus natürlichen, Göttlichen, Käyserlichen und Päpstischen Rechten. Uber das hat er auch zu diesem Theil etliche Fälle in Ehe-Sachen hinzugethan, samt etlicher Gelehrten Rathschläge drüber. Er gestehet ferner, daß die Schrifften und Rathschläge in diesem Ehebuche nicht einerley Gattung wären, indem auch zwischen denen Theologis, so selbige geschrieben, ein grosser Unterschied wäre / darum hätte es einer etwa recht getroffen, der andere nicht: Man müsse auch unterschiedlich reden von den Ehen, eher sie vollzogen würden, und wann sie bereits vollzogen wären, (siehe allerdings, was allbereit oben p. 258. von dieser albernen distinction erwehnet worden, §. 1. prope finem) damit denẽ armen Gewissen möge geholffen werden, die etwa aus Unverstand, oder durch Nachlassung oder dispensation des Papsts wieder das Recht ihre Ehen angefangen hätten. Denn wenn ein Ding geschehen wäre, müste man das beste darzu reden Derowegen müste man die Consilia, die nach vollzogener Ehe den armen Gewissen zu helffen, gesprochen wären, bey Leibe nicht mißbrauchen zu Vertheydigung dergleichen Ehen wenn sie noch nicht geschlossen wären. In eben diesem 1553. Jahre ließ gleichfalls D. Melchior Klinge einen Tractatum Methodicum causarum matrimonialium zu Franckfurt drücken, in welchen er sich hauptsächlich bemühete die Ehefälle nach den Canonischen Rechten zu decidiren, auch in der Vorrede sich bemühte, diese hypothesin contra dissentientes und die sich immer auf das Mosaische Gesetz bezogen (iedoch bescheiden) zu verantworten. Er führet auch vielfältig den dissensum Theologorum in dieser Schrifft an und decidiret in dergleichen Fällen entweder gar nicht oder doch sehr selten, sondern entschuldiget sich gemeiniglich, daß ihm nicht zustehe, die Sache zu decidiren. Ob nun diese beyde Schrifften, die zu gleicher Zeit heraus kommen, aus aemulation entweder beyder Partheyen, oder doch beyder Autorum gedruckt worden, und wer hierzu den Anfang gemacht, kan ich eben nicht sagen. Jedoch scheinets, daß weil Klinge im Latein, Sarcerius aber Teutsch geschrieben hatte, und über dieses Klingens Buch kaum 14. oder 16. Bogen austrug, da hingegen Sarcerii seines in etlichen Alphabeten bestunde, daß Sarcerii Werck (zumahl da er viel freyer, jedoch auch gar bescheiden, sich aufführete, wenn er von denen Juristen dissentirte) bey vielen, die nicht Juristen waren, noch studiret hatten, und also auch bey vielen an den Höffen, grössern applausum funde, als Klingens sein Werckgen. Zum wenigsten ist nunmehr dieses bekannt / daß zwischen diesen bey

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/272
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/272>, abgerufen am 24.11.2024.