Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.

Bild:
<< vorherige Seite

den Autoribus eine ziemliche Jalousie entstanden, und Klinge von Sarcerii Buch verächtlich geredet, auch ihm hernach schrifftlich unterschiedene objectiones sonderlich wieder den Punct von der Ehescheidung gemacht, wie solches aus Klingii Epistel ad Sarcerium de anno 1554. zu sehen, die der Herr Hoffrath Brückner in seinen decisionibus matrimonialibus parte II. p. 17. seq. hat beydrucken lassen. Anno 1556. hat Sarcerius sein Ehebuch wieder von neuen ediret, unterschiedene additiones darzu gemacht, auch Klingii Meynung aus dessen gedruckten Buche beydrucken lassen, und hier und da, jedoch ohne Benennung einiger Actorum, auch ohne deutlich beygefügte Anzeigung seines Vorhabens seine vorige Meynung vertheidiget, erklähret, geändert etc. und zu Ende derselben eine kurtze Schutz-Rede mit beygefüget, die zwar auch niemand benennet, aber nach Erzehlung ietzterwehnter Umstände wahrscheinlich auf D. Klingen zielet. Von D. Klingens causis matrimonialibus habe ich nicht viel Auflagen gesehen. Aber des Sarcerii sein Buch ist nach seinen Tode Anno 1569. zum drittenmahl unter dem Titul: Corpus Juris matrimonialis auffgeleget, und von neuen augirt worden. Ja Herr Hoffrath Brückner, der kurtze Noten über Klingens Brieff hinzugesetzt, sagt p. 20. lit. y. daß nach seinen Urtheil Sarcerius als ein Theologus nach seiner Art, in der Lehre von Ehe-Sachen sich besser aufgeführt, als der Juriste Klinge nach Juristischer Art. Nach meiner Meynung sind beyde Bücher nicht besser zu brauchen, als daß man aus beyden den schon damahligen verwirrten Zustand der Ehe-Sachen, so wohl auf Seiten der Theologen, als Juristen, daraus erkenne: Noch mehr aber aus Klingio, als welcher deutlich heraussaget, worinnen damahls die Theologi von den Juristen oder Jure Canonico abgegangen; welches Sarcerius nicht meldet, auch mehrentheils, sonderlich in der ersten edition nur der Theologorum unterschiedene Meynungen berühret. Ja ie neuer des Sarcerii editiones sind, ie confuser machen sie auch den Leser, und kan man sie also nicht weiter brauchen, als vor locos communes von denen damahligen Meynungen in Ehesachen.

Daß die Ehe kein Sacrament sey, haben die Lutheraner erst nach und nach erkannt.

§. V. Ferner wird noch eine tieffere Einsicht in die Ursachen dieser so lange daurenden Verwirrung geben, wenn ich hier anführe, was ich in not. ad Lancel. p. 780. seq. gemeldet. Es ist bekannt, daß nach der Canonisten Meynung die Ehe ein Sacrament seyn soll. Was die Evangelischen Theologos betrifft, ist wohl kein Zweiffel, daß selbige nach und nach diesen Irrthum erkannt, und dennoch noch ietzo nicht völlig abgelegt. Denn in der Augspurgischen Confession im 13. Artic stehet gar nichts von der Frage: Wie viel Sacramenta wären. Nachdem aber die Catholische Parthey

den Autoribus eine ziemliche Jalousie entstanden, und Klinge von Sarcerii Buch verächtlich geredet, auch ihm hernach schrifftlich unterschiedene objectiones sonderlich wieder den Punct von der Ehescheidung gemacht, wie solches aus Klingii Epistel ad Sarcerium de anno 1554. zu sehen, die der Herr Hoffrath Brückner in seinen decisionibus matrimonialibus parte II. p. 17. seq. hat beydrucken lassen. Anno 1556. hat Sarcerius sein Ehebuch wieder von neuen ediret, unterschiedene additiones darzu gemacht, auch Klingii Meynung aus dessen gedruckten Buche beydrucken lassen, und hier und da, jedoch ohne Benennung einiger Actorum, auch ohne deutlich beygefügte Anzeigung seines Vorhabens seine vorige Meynung vertheidiget, erklähret, geändert etc. und zu Ende derselben eine kurtze Schutz-Rede mit beygefüget, die zwar auch niemand benennet, aber nach Erzehlung ietzterwehnter Umstände wahrscheinlich auf D. Klingen zielet. Von D. Klingens causis matrimonialibus habe ich nicht viel Auflagen gesehen. Aber des Sarcerii sein Buch ist nach seinen Tode Anno 1569. zum drittenmahl unter dem Titul: Corpus Juris matrimonialis auffgeleget, und von neuen augirt worden. Ja Herr Hoffrath Brückner, der kurtze Noten über Klingens Brieff hinzugesetzt, sagt p. 20. lit. y. daß nach seinen Urtheil Sarcerius als ein Theologus nach seiner Art, in der Lehre von Ehe-Sachen sich besser aufgeführt, als der Juriste Klinge nach Juristischer Art. Nach meiner Meynung sind beyde Bücher nicht besser zu brauchen, als daß man aus beyden den schon damahligen verwirrten Zustand der Ehe-Sachen, so wohl auf Seiten der Theologen, als Juristen, daraus erkenne: Noch mehr aber aus Klingio, als welcher deutlich heraussaget, worinnen damahls die Theologi von den Juristen oder Jure Canonico abgegangen; welches Sarcerius nicht meldet, auch mehrentheils, sonderlich in der ersten edition nur der Theologorum unterschiedene Meynungen berühret. Ja ie neuer des Sarcerii editiones sind, ie confuser machen sie auch den Leser, und kan man sie also nicht weiter brauchen, als vor locos communes von denen damahligen Meynungen in Ehesachen.

Daß die Ehe kein Sacrament sey, haben die Lutheraner erst nach und nach erkannt.

§. V. Ferner wird noch eine tieffere Einsicht in die Ursachen dieser so lange daurenden Verwirrung geben, wenn ich hier anführe, was ich in not. ad Lancel. p. 780. seq. gemeldet. Es ist bekañt, daß nach der Canonistẽ Meynung die Ehe ein Sacrament seyn soll. Was die Evangelischen Theologos betrifft, ist wohl kein Zweiffel, daß selbige nach und nach diesen Irrthum erkannt, und dennoch noch ietzo nicht völlig abgelegt. Denn in der Augspurgischen Confession im 13. Artic stehet gar nichts von der Frage: Wie viel Sacramenta wären. Nachdem aber die Catholische Parthey

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0273" n="265"/>
den Autoribus eine                      ziemliche Jalousie entstanden, und Klinge von Sarcerii Buch verächtlich geredet,                      auch ihm hernach schrifftlich unterschiedene objectiones sonderlich wieder den                      Punct von der Ehescheidung gemacht, wie solches aus Klingii Epistel ad Sarcerium                      de anno 1554. zu sehen, die der Herr Hoffrath Brückner in seinen decisionibus                      matrimonialibus parte II. p. 17. seq. hat beydrucken lassen. Anno 1556. hat                      Sarcerius sein Ehebuch wieder von neuen ediret, unterschiedene additiones darzu                      gemacht, auch Klingii Meynung aus dessen gedruckten Buche beydrucken lassen, und                      hier und da, jedoch ohne Benennung einiger Actorum, auch ohne deutlich                      beygefügte Anzeigung seines Vorhabens seine vorige Meynung vertheidiget,                      erklähret, geändert etc. und zu Ende derselben eine kurtze Schutz-Rede mit                      beygefüget, die zwar auch niemand benennet, aber nach Erzehlung ietzterwehnter                      Umstände wahrscheinlich auf D. Klingen zielet. Von D. Klingens causis                      matrimonialibus habe ich nicht viel Auflagen gesehen. Aber des Sarcerii sein                      Buch ist nach seinen Tode Anno 1569. zum drittenmahl unter dem Titul: Corpus                      Juris matrimonialis auffgeleget, und von neuen augirt worden. Ja Herr Hoffrath                      Brückner, der kurtze Noten über Klingens Brieff hinzugesetzt, sagt p. 20. lit.                      y. daß nach seinen Urtheil Sarcerius als ein Theologus nach seiner Art, in der                      Lehre von Ehe-Sachen sich besser aufgeführt, als der Juriste Klinge nach                      Juristischer Art. Nach meiner Meynung sind beyde Bücher nicht besser zu                      brauchen, als daß man aus beyden den schon damahligen verwirrten Zustand der                      Ehe-Sachen, so wohl auf Seiten der Theologen, als Juristen, daraus erkenne: Noch                      mehr aber aus Klingio, als welcher deutlich heraussaget, worinnen damahls die                      Theologi von den Juristen oder Jure Canonico abgegangen; welches Sarcerius nicht                      meldet, auch mehrentheils, sonderlich in der ersten edition nur der Theologorum                      unterschiedene Meynungen berühret. Ja ie neuer des Sarcerii editiones sind, ie                      confuser machen sie auch den Leser, und kan man sie also nicht weiter brauchen,                      als vor locos communes von denen damahligen Meynungen in Ehesachen.</p>
        <note place="right">Daß die Ehe kein Sacrament sey, haben die Lutheraner erst                      nach und nach erkannt.</note>
        <p>§. V. Ferner wird noch eine tieffere Einsicht in die Ursachen dieser so lange                      daurenden Verwirrung geben, wenn ich hier anführe, was ich in not. ad Lancel. p.                      780. seq. gemeldet. Es ist bekan&#x0303;t, daß nach der Canoniste&#x0303; Meynung die Ehe ein Sacrament seyn soll. Was die Evangelischen                      Theologos betrifft, ist wohl kein Zweiffel, daß selbige nach und nach diesen                      Irrthum erkannt, und dennoch noch ietzo nicht völlig abgelegt. Denn in der                      Augspurgischen Confession im 13. Artic stehet gar nichts von der Frage: Wie viel                      Sacramenta wären. Nachdem aber die Catholische Parthey
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[265/0273] den Autoribus eine ziemliche Jalousie entstanden, und Klinge von Sarcerii Buch verächtlich geredet, auch ihm hernach schrifftlich unterschiedene objectiones sonderlich wieder den Punct von der Ehescheidung gemacht, wie solches aus Klingii Epistel ad Sarcerium de anno 1554. zu sehen, die der Herr Hoffrath Brückner in seinen decisionibus matrimonialibus parte II. p. 17. seq. hat beydrucken lassen. Anno 1556. hat Sarcerius sein Ehebuch wieder von neuen ediret, unterschiedene additiones darzu gemacht, auch Klingii Meynung aus dessen gedruckten Buche beydrucken lassen, und hier und da, jedoch ohne Benennung einiger Actorum, auch ohne deutlich beygefügte Anzeigung seines Vorhabens seine vorige Meynung vertheidiget, erklähret, geändert etc. und zu Ende derselben eine kurtze Schutz-Rede mit beygefüget, die zwar auch niemand benennet, aber nach Erzehlung ietzterwehnter Umstände wahrscheinlich auf D. Klingen zielet. Von D. Klingens causis matrimonialibus habe ich nicht viel Auflagen gesehen. Aber des Sarcerii sein Buch ist nach seinen Tode Anno 1569. zum drittenmahl unter dem Titul: Corpus Juris matrimonialis auffgeleget, und von neuen augirt worden. Ja Herr Hoffrath Brückner, der kurtze Noten über Klingens Brieff hinzugesetzt, sagt p. 20. lit. y. daß nach seinen Urtheil Sarcerius als ein Theologus nach seiner Art, in der Lehre von Ehe-Sachen sich besser aufgeführt, als der Juriste Klinge nach Juristischer Art. Nach meiner Meynung sind beyde Bücher nicht besser zu brauchen, als daß man aus beyden den schon damahligen verwirrten Zustand der Ehe-Sachen, so wohl auf Seiten der Theologen, als Juristen, daraus erkenne: Noch mehr aber aus Klingio, als welcher deutlich heraussaget, worinnen damahls die Theologi von den Juristen oder Jure Canonico abgegangen; welches Sarcerius nicht meldet, auch mehrentheils, sonderlich in der ersten edition nur der Theologorum unterschiedene Meynungen berühret. Ja ie neuer des Sarcerii editiones sind, ie confuser machen sie auch den Leser, und kan man sie also nicht weiter brauchen, als vor locos communes von denen damahligen Meynungen in Ehesachen. §. V. Ferner wird noch eine tieffere Einsicht in die Ursachen dieser so lange daurenden Verwirrung geben, wenn ich hier anführe, was ich in not. ad Lancel. p. 780. seq. gemeldet. Es ist bekañt, daß nach der Canonistẽ Meynung die Ehe ein Sacrament seyn soll. Was die Evangelischen Theologos betrifft, ist wohl kein Zweiffel, daß selbige nach und nach diesen Irrthum erkannt, und dennoch noch ietzo nicht völlig abgelegt. Denn in der Augspurgischen Confession im 13. Artic stehet gar nichts von der Frage: Wie viel Sacramenta wären. Nachdem aber die Catholische Parthey

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/273
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/273>, abgerufen am 24.11.2024.