Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.

Bild:
<< vorherige Seite
nach denen deutlichen Worten der Reichsh. R. Ordn. tit. 1.

erst in Mangel guter Ordnung und Gewohnheiten auf die Käyserlichen Rechte gesprochen werden soll, durch die Gewohnheiten aber nicht alleine particular Gewohnheiten, sondern auch allgemeine Teutsche oder in einem Vicariat recipirte Gewohnheiten zu verstehen sind; Als halten wir dafür / daß die höchsten Reichs-Gerichte per Constitutiones Imperii in Controversiis Feudalibus ex Vicariatu Palatino eo delatis in defectu Consuetudinum particularium, auf die consuetudines communes, davon das Jus Alemannicum (jedoch unter der bey voriger dritten Frage geschehenen restriction) zeuget, und erst hoc deficiente auf das Jus Longobardicum tanquam subsidiarium gewiesen seyn. V. R. W.

X. Handel. Exempel recht alberner und tummer Hexen-Processe.
§. I.
Eigentliche und vornehmste Urfache dieser Alberkeit.

ANno 1711. wurden uns aus einem Catholischen Orte zweyeyerley Hexen-Acta wieder zwey Weibes-Personen zugeschickt, daß wir darinnen in beyden sprechen solten. Diese waren nun recht tumm und albern geführet worden, daß ein vernünfftiger Mensch nicht meynen solte, möglich zu seyn, daß gelehrte und kluge Beamte dergleichen Dinge vorzunehmen capable wären. Aber wenn du dich selbsten und die Welt wohl kennest, wirst du dich nicht verwundern, sondern unterschiedene Ursachen von dergleichen Tummheit allegiren, auch diejenige, die sich auf gegenwärtigen Fall hauptsächlich schickt, von denen andern wohl unterscheiden können. Ubereile dich dannenhero nicht etwan, und schreibe die Ursache ja nicht der Catholischen Religion zu: Denn ob ich gleich in etlichen Schrifften deutlich gewiesen, daß das Laster der Hexerey aus dem Pabstthum herkomme, und daß der Teuffel, der die Hexen auf den Blockers-Berg führet, bey ihnen schläfft, Bündnüsse mit ihnen macht, noch ein sehr junger Teuffel, und noch nicht einmahl fünff hundert Jahr alt sey; so haben wir Lutheraner uns doch nicht eben breit zu machen Ursach, indem zwar dieser junge Teuffel anfängt bey uns hier und dar nicht mehr so sehr

nach denen deutlichen Worten der Reichsh. R. Ordn. tit. 1.

erst in Mangel guter Ordnung und Gewohnheiten auf die Käyserlichen Rechte gesprochen werden soll, durch die Gewohnheiten aber nicht alleine particular Gewohnheiten, sondern auch allgemeine Teutsche oder in einem Vicariat recipirte Gewohnheiten zu verstehen sind; Als halten wir dafür / daß die höchsten Reichs-Gerichte per Constitutiones Imperii in Controversiis Feudalibus ex Vicariatu Palatino eo delatis in defectu Consuetudinum particularium, auf die consuetudines communes, davon das Jus Alemannicum (jedoch unter der bey voriger dritten Frage geschehenen restriction) zeuget, und erst hoc deficiente auf das Jus Longobardicum tanquam subsidiarium gewiesen seyn. V. R. W.

X. Handel. Exempel recht alberner und tummer Hexen-Processe.
§. I.
Eigentliche und vornehmste Urfache dieser Alberkeit.

ANno 1711. wurden uns aus einem Catholischen Orte zweyeyerley Hexen-Acta wieder zwey Weibes-Personen zugeschickt, daß wir darinnen in beyden sprechen solten. Diese waren nun recht tumm und albern geführet worden, daß ein vernünfftiger Mensch nicht meynen solte, möglich zu seyn, daß gelehrte und kluge Beamte dergleichen Dinge vorzunehmen capable wären. Aber wenn du dich selbsten und die Welt wohl kennest, wirst du dich nicht verwundern, sondern unterschiedene Ursachen von dergleichen Tummheit allegiren, auch diejenige, die sich auf gegenwärtigen Fall hauptsächlich schickt, von denen andern wohl unterscheiden können. Ubereile dich dannenhero nicht etwan, und schreibe die Ursache ja nicht der Catholischen Religion zu: Denn ob ich gleich in etlichen Schrifften deutlich gewiesen, daß das Laster der Hexerey aus dem Pabstthum herkomme, und daß der Teuffel, der die Hexen auf den Blockers-Berg führet, bey ihnen schläfft, Bündnüsse mit ihnen macht, noch ein sehr junger Teuffel, und noch nicht einmahl fünff hundert Jahr alt sey; so haben wir Lutheraner uns doch nicht eben breit zu machen Ursach, indem zwar dieser junge Teuffel anfängt bey uns hier und dar nicht mehr so sehr

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <pb facs="#f0308" n="300"/>
        <l>nach denen deutlichen Worten der Reichsh. R. Ordn. tit. 1.</l>
        <p>erst in Mangel guter Ordnung und Gewohnheiten auf die Käyserlichen Rechte                      gesprochen werden soll, durch die Gewohnheiten aber nicht alleine particular                      Gewohnheiten, sondern auch allgemeine Teutsche oder in einem Vicariat recipirte                      Gewohnheiten zu verstehen sind; Als halten wir dafür / daß die höchsten                      Reichs-Gerichte per Constitutiones Imperii in Controversiis Feudalibus ex                      Vicariatu Palatino eo delatis in defectu Consuetudinum particularium, auf die                      consuetudines communes, davon das Jus Alemannicum (jedoch unter der bey voriger                      dritten Frage geschehenen restriction) zeuget, und erst hoc deficiente auf das                      Jus Longobardicum tanquam subsidiarium gewiesen seyn. V. R. W.</p>
      </div>
      <div>
        <head>X. Handel. Exempel recht alberner und tummer Hexen-Processe.</head><lb/>
      </div>
      <div>
        <head>§. I.</head><lb/>
        <note place="left">Eigentliche und vornehmste Urfache dieser Alberkeit.</note>
        <p>ANno 1711. wurden uns aus einem Catholischen Orte zweyeyerley Hexen-Acta wieder                      zwey Weibes-Personen zugeschickt, daß wir darinnen in beyden sprechen solten.                      Diese waren nun recht tumm und albern geführet worden, daß ein vernünfftiger                      Mensch nicht meynen solte, möglich zu seyn, daß gelehrte und kluge Beamte                      dergleichen Dinge vorzunehmen capable wären. Aber wenn du dich selbsten und die                      Welt wohl kennest, wirst du dich nicht verwundern, sondern unterschiedene                      Ursachen von dergleichen Tummheit allegiren, auch diejenige, die sich auf                      gegenwärtigen Fall hauptsächlich schickt, von denen andern wohl unterscheiden                      können. Ubereile dich dannenhero nicht etwan, und schreibe die Ursache ja nicht                      der Catholischen Religion zu: Denn ob ich gleich in etlichen Schrifften deutlich                      gewiesen, daß das Laster der Hexerey aus dem Pabstthum herkomme, und daß der                      Teuffel, der die Hexen auf den Blockers-Berg führet, bey ihnen schläfft,                      Bündnüsse mit ihnen macht, noch ein sehr junger Teuffel, und noch nicht einmahl                      fünff hundert Jahr alt sey; so haben wir Lutheraner uns doch nicht eben breit zu                      machen Ursach, indem zwar dieser junge Teuffel anfängt bey uns hier und dar                      nicht mehr so sehr
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[300/0308] nach denen deutlichen Worten der Reichsh. R. Ordn. tit. 1. erst in Mangel guter Ordnung und Gewohnheiten auf die Käyserlichen Rechte gesprochen werden soll, durch die Gewohnheiten aber nicht alleine particular Gewohnheiten, sondern auch allgemeine Teutsche oder in einem Vicariat recipirte Gewohnheiten zu verstehen sind; Als halten wir dafür / daß die höchsten Reichs-Gerichte per Constitutiones Imperii in Controversiis Feudalibus ex Vicariatu Palatino eo delatis in defectu Consuetudinum particularium, auf die consuetudines communes, davon das Jus Alemannicum (jedoch unter der bey voriger dritten Frage geschehenen restriction) zeuget, und erst hoc deficiente auf das Jus Longobardicum tanquam subsidiarium gewiesen seyn. V. R. W. X. Handel. Exempel recht alberner und tummer Hexen-Processe. §. I. ANno 1711. wurden uns aus einem Catholischen Orte zweyeyerley Hexen-Acta wieder zwey Weibes-Personen zugeschickt, daß wir darinnen in beyden sprechen solten. Diese waren nun recht tumm und albern geführet worden, daß ein vernünfftiger Mensch nicht meynen solte, möglich zu seyn, daß gelehrte und kluge Beamte dergleichen Dinge vorzunehmen capable wären. Aber wenn du dich selbsten und die Welt wohl kennest, wirst du dich nicht verwundern, sondern unterschiedene Ursachen von dergleichen Tummheit allegiren, auch diejenige, die sich auf gegenwärtigen Fall hauptsächlich schickt, von denen andern wohl unterscheiden können. Ubereile dich dannenhero nicht etwan, und schreibe die Ursache ja nicht der Catholischen Religion zu: Denn ob ich gleich in etlichen Schrifften deutlich gewiesen, daß das Laster der Hexerey aus dem Pabstthum herkomme, und daß der Teuffel, der die Hexen auf den Blockers-Berg führet, bey ihnen schläfft, Bündnüsse mit ihnen macht, noch ein sehr junger Teuffel, und noch nicht einmahl fünff hundert Jahr alt sey; so haben wir Lutheraner uns doch nicht eben breit zu machen Ursach, indem zwar dieser junge Teuffel anfängt bey uns hier und dar nicht mehr so sehr

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/308
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/308>, abgerufen am 21.11.2024.