Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.auch die registraturen bey diesem letzten indicio, daß der Amtsvogt ein gar modelter Mann gewesen seyn müsse, indem er mehrentheils, wenn daselbst des Mistes gedacht wird, die Wörter; salva venia, darbey gebraucht. §. XI, Wann man ferner der Inquisitin Aussage ad articulosAllerhand Anmerckungen wegen der Inquisitin Aussage. und bey der confrontation ansiehet, so wird man befinden, daß sie diese anf eine solche Art gethan, daß sie zum wenigsten ihre Sachen dadurch nicht schlimmer gemacht, als sie vorher gewesen; Und also ist wieder was ungewöhnliches, daß der Amtsvogt, da er die Schlieperin vorher nicht arrestiren lassen, solches erst nach der Antwort ad articulos und der confrontation gethan. Vielmehr hätte ihre Aussage bey vernünfftigen Richtern so viel würcken sollen, daß wenn die Inquisitin schon vorher wäre arrestiret worden, der Richter sich vielmehr bemühet haben solte, auf ihre Wiederloßlassung bedacht zu seyn. Denn das meiste und stärckeste indicium unter allen diesen 2. insgesamt nichtswürdigen indiciis bestand wohl in diesen zwey Puncten: Erstlich in dem von denen vielen Zeugen bejaheten gesehenen ungewöhnlichen Licht; und in dem eingebildeten Feuer, weßhalben auch mit der Sturm-Glocke geläutet worden. Denn diese beyden Umstände konten auch bey Leuten, die sonst eben so abergläubisch nicht seyn, doch einige Gedancken machen. Alleine wenn man hernach lieset, was die Schlieperin wegen des ungewöhnlichen und von dem Judice für übernatürlich gehaltenen Lichte ad artic. 44. item in confrontatione ad illum articulum geantwortet, daß sie den Zunder in das Scheben-Werk geleget, und mit demselben in die Runde herumb geweiffet biß es zu brennen angefangen etc. so wird man die wahre Ursache bald befinden, die die ohne dem die Inquisitin für eine Hexe haltende furchtsamen Hasen, erst in Verwunderung und hernach in Schrecken gesetzt, und wie dieser Schrecken hernach ihre phanthasie corrumpiret, daß sie sich, ich weiß nicht was von einem grossen Manne und tantzenden Leuten in der Stube eingebildet; wenn es anders alles wahr gewesen, was sie ausgesagt; zumahl da ich in meinem excerptis nicht finde, daß alle eydlich vernommen worden, und bey summarischen Aussagen sonst diejenigen, so wegen einer Person gefragt werden, der sie nicht gut sind, sich weniger Gewissen machen, etwas falsches auszusagen, (zugeschweigen, daß ohne dem ein angezündetes Licht, zumahl wenn es auf der Erden stehet, von der Person, auf die es scheinet, einen grossen Schatten an die Wand, fast in Riesen-Gestalt zu werffen pfleget.) Gleicherweise benimmet die Antwort der Schlieperin ad art. 66 die aus dem 10. vermeinten auch die registraturen bey diesem letzten indicio, daß der Amtsvogt ein gar modelter Mann gewesen seyn müsse, indem er mehrentheils, wenn daselbst des Mistes gedacht wird, die Wörter; salva venia, darbey gebraucht. §. XI, Wann man ferner der Inquisitin Aussage ad articulosAllerhand Anmerckungen wegen der Inquisitin Aussage. und bey der confrontation ansiehet, so wird man befinden, daß sie diese anf eine solche Art gethan, daß sie zum wenigsten ihre Sachen dadurch nicht schlimmer gemacht, als sie vorher gewesen; Und also ist wieder was ungewöhnliches, daß der Amtsvogt, da er die Schlieperin vorher nicht arrestiren lassen, solches erst nach der Antwort ad articulos und der confrontation gethan. Vielmehr hätte ihre Aussage bey vernünfftigen Richtern so viel würcken sollen, daß wenn die Inquisitin schon vorher wäre arrestiret worden, der Richter sich vielmehr bemühet haben solte, auf ihre Wiederloßlassung bedacht zu seyn. Denn das meiste und stärckeste indicium unter allen diesen 2. insgesamt nichtswürdigen indiciis bestand wohl in diesen zwey Puncten: Erstlich in dem von denen vielen Zeugen bejaheten gesehenen ungewöhnlichen Licht; und in dem eingebildeten Feuer, weßhalben auch mit der Sturm-Glocke geläutet worden. Denn diese beyden Umstände konten auch bey Leuten, die sonst eben so abergläubisch nicht seyn, doch einige Gedancken machen. Alleine wenn man hernach lieset, was die Schlieperin wegen des ungewöhnlichen und von dem Judice für übernatürlich gehaltenen Lichte ad artic. 44. item in confrontatione ad illum articulum geantwortet, daß sie den Zunder in das Scheben-Werk geleget, und mit demselben in die Runde herumb geweiffet biß es zu brennen angefangen etc. so wird man die wahre Ursache bald befinden, die die ohne dem die Inquisitin für eine Hexe haltende furchtsamen Hasen, erst in Verwunderung und hernach in Schrecken gesetzt, und wie dieser Schrecken hernach ihre phanthasie corrumpiret, daß sie sich, ich weiß nicht was von einem grossen Manne und tantzenden Leuten in der Stube eingebildet; wenn es anders alles wahr gewesen, was sie ausgesagt; zumahl da ich in meinem excerptis nicht finde, daß alle eydlich vernommen worden, und bey summarischen Aussagen sonst diejenigen, so wegen einer Person gefragt werden, der sie nicht gut sind, sich weniger Gewissen machen, etwas falsches auszusagen, (zugeschweigen, daß ohne dem ein angezündetes Licht, zumahl wenn es auf der Erden stehet, von der Person, auf die es scheinet, einen grossen Schatten an die Wand, fast in Riesen-Gestalt zu werffen pfleget.) Gleicherweise benimmet die Antwort der Schlieperin ad art. 66 die aus dem 10. vermeinten <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0329" n="321"/> auch die registraturen bey diesem letzten indicio, daß der Amtsvogt ein gar modelter Mann gewesen seyn müsse, indem er mehrentheils, wenn daselbst des Mistes gedacht wird, die Wörter; salva venia, darbey gebraucht.</p> <p>§. XI, Wann man ferner der Inquisitin Aussage ad articulos<note place="right">Allerhand Anmerckungen wegen der <hi rendition="#i">Inquisitin</hi> Aussage.</note> und bey der confrontation ansiehet, so wird man befinden, daß sie diese anf eine solche Art gethan, daß sie zum wenigsten ihre Sachen dadurch nicht schlimmer gemacht, als sie vorher gewesen; Und also ist wieder was ungewöhnliches, daß der Amtsvogt, da er die Schlieperin vorher nicht arrestiren lassen, solches erst nach der Antwort ad articulos und der confrontation gethan. Vielmehr hätte ihre Aussage bey vernünfftigen Richtern so viel würcken sollen, daß wenn die Inquisitin schon vorher wäre arrestiret worden, der Richter sich vielmehr bemühet haben solte, auf ihre Wiederloßlassung bedacht zu seyn. Denn das meiste und stärckeste indicium unter allen diesen 2. insgesamt nichtswürdigen indiciis bestand wohl in diesen zwey Puncten: Erstlich in dem von denen vielen Zeugen bejaheten gesehenen ungewöhnlichen Licht; und in dem eingebildeten Feuer, weßhalben auch mit der Sturm-Glocke geläutet worden. Denn diese beyden Umstände konten auch bey Leuten, die sonst eben so abergläubisch nicht seyn, doch einige Gedancken machen. Alleine wenn man hernach lieset, was die Schlieperin wegen des ungewöhnlichen und von dem Judice für übernatürlich gehaltenen Lichte ad artic. 44. item in confrontatione ad illum articulum geantwortet, daß sie den Zunder in das Scheben-Werk geleget, und mit demselben in die Runde herumb geweiffet biß es zu brennen angefangen etc. so wird man die wahre Ursache bald befinden, die die ohne dem die Inquisitin für eine Hexe haltende furchtsamen Hasen, erst in Verwunderung und hernach in Schrecken gesetzt, und wie dieser Schrecken hernach ihre phanthasie corrumpiret, daß sie sich, ich weiß nicht was von einem grossen Manne und tantzenden Leuten in der Stube eingebildet; wenn es anders alles wahr gewesen, was sie ausgesagt; zumahl da ich in meinem excerptis nicht finde, daß alle eydlich vernommen worden, und bey summarischen Aussagen sonst diejenigen, so wegen einer Person gefragt werden, der sie nicht gut sind, sich weniger Gewissen machen, etwas falsches auszusagen, (zugeschweigen, daß ohne dem ein angezündetes Licht, zumahl wenn es auf der Erden stehet, von der Person, auf die es scheinet, einen grossen Schatten an die Wand, fast in Riesen-Gestalt zu werffen pfleget.) Gleicherweise benimmet die Antwort der Schlieperin ad art. 66 die aus dem 10. vermeinten </p> </div> </body> </text> </TEI> [321/0329]
auch die registraturen bey diesem letzten indicio, daß der Amtsvogt ein gar modelter Mann gewesen seyn müsse, indem er mehrentheils, wenn daselbst des Mistes gedacht wird, die Wörter; salva venia, darbey gebraucht.
§. XI, Wann man ferner der Inquisitin Aussage ad articulos und bey der confrontation ansiehet, so wird man befinden, daß sie diese anf eine solche Art gethan, daß sie zum wenigsten ihre Sachen dadurch nicht schlimmer gemacht, als sie vorher gewesen; Und also ist wieder was ungewöhnliches, daß der Amtsvogt, da er die Schlieperin vorher nicht arrestiren lassen, solches erst nach der Antwort ad articulos und der confrontation gethan. Vielmehr hätte ihre Aussage bey vernünfftigen Richtern so viel würcken sollen, daß wenn die Inquisitin schon vorher wäre arrestiret worden, der Richter sich vielmehr bemühet haben solte, auf ihre Wiederloßlassung bedacht zu seyn. Denn das meiste und stärckeste indicium unter allen diesen 2. insgesamt nichtswürdigen indiciis bestand wohl in diesen zwey Puncten: Erstlich in dem von denen vielen Zeugen bejaheten gesehenen ungewöhnlichen Licht; und in dem eingebildeten Feuer, weßhalben auch mit der Sturm-Glocke geläutet worden. Denn diese beyden Umstände konten auch bey Leuten, die sonst eben so abergläubisch nicht seyn, doch einige Gedancken machen. Alleine wenn man hernach lieset, was die Schlieperin wegen des ungewöhnlichen und von dem Judice für übernatürlich gehaltenen Lichte ad artic. 44. item in confrontatione ad illum articulum geantwortet, daß sie den Zunder in das Scheben-Werk geleget, und mit demselben in die Runde herumb geweiffet biß es zu brennen angefangen etc. so wird man die wahre Ursache bald befinden, die die ohne dem die Inquisitin für eine Hexe haltende furchtsamen Hasen, erst in Verwunderung und hernach in Schrecken gesetzt, und wie dieser Schrecken hernach ihre phanthasie corrumpiret, daß sie sich, ich weiß nicht was von einem grossen Manne und tantzenden Leuten in der Stube eingebildet; wenn es anders alles wahr gewesen, was sie ausgesagt; zumahl da ich in meinem excerptis nicht finde, daß alle eydlich vernommen worden, und bey summarischen Aussagen sonst diejenigen, so wegen einer Person gefragt werden, der sie nicht gut sind, sich weniger Gewissen machen, etwas falsches auszusagen, (zugeschweigen, daß ohne dem ein angezündetes Licht, zumahl wenn es auf der Erden stehet, von der Person, auf die es scheinet, einen grossen Schatten an die Wand, fast in Riesen-Gestalt zu werffen pfleget.) Gleicherweise benimmet die Antwort der Schlieperin ad art. 66 die aus dem 10. vermeinten
Allerhand Anmerckungen wegen der Inquisitin Aussage.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/329 |
Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/329>, abgerufen am 16.07.2024. |