Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.

Bild:
<< vorherige Seite

Es ist ungegründet, daß sie deshalb mit denen Weibs-Persohnen in action gerathen, weil der eine unter ihnen, der, so ihn gegrüsset, nicht gedancket, sintemahl nicht wahrscheinlich, daß zwey fremde Weibs-Personen Kerle auf der Strasse bey der Nacht grüssen, u. sich deshalber in ein Gezänck u. Schlägerey einlassen solten, es auch das Ansehen gewinnet, als wenn die guten Herren mit der Unwahrheit umzugehen ziemlich gelernet hätten, indem da der eine von ihnen fol. 34. ad punct. 10. praefracte negiret, daß die Weibs-Persohnen nicht gesagt, sie solten nach Passendorff kommen und sie verklagen, der andere fol. 35. ad eundem solches klärlich zugestehet.

Zudem wäre es ein Sückgen aus dem Grobiano, wenn so ein Pursch, wie Denuncianten sind, Leuten, so ihn grüssen, nicht dancken, sondern sich dazu so gut düncken lassen wolte, es dürffte sich auch derselbe pro injuria nicht anziehen, wenn ihm von dem, so er zu dancken sich verweigert, vermittelst ein paar Maulschellen mores gelernet würden. Und wie zu verwundern, daß die Herren Scabini Hallenses auf des einigen Zeugens Aussage die Tortur erkannt, also ist gleichergestalt Verwunderungswürdig, daß selbige bey einem solchen facto wie der Zeuge selbst anführet geschehen. Denn es kan ja ihnen nicht unbekannt seyn, daß die Tortur nicht statt finde, nisi delicta sint talia, quae poenam torturae majorem, qualis, est capitalis vel corporis afflictiva post se trahant

Clasen. ad art. 6. ord. Crim. Carol. p. 61. Tabor de tortura C. 4. §. 8. Carpz. P. 3. Qu. 119. n.9. seqq.

Den Fall nun gesetzet, doch es in Ewigkeit nicht gestanden, es verhielte sich in facto also, wie der Zeuge Buchner aussaget, würde wohl jemand dassebe denen Rechten nach vor so böse halten können, daß es poenam capitis & corporis afflictivam nach sich zöge? Gewiß kein Mensch wird das thun. Zwar mögen die Herren Hallenses bey Abfassung des Urthels wohl auf die Gedancken gerathen seyn, als wenn Christoph ein crimen rapinae verübet hätte, alleine weit gefehlt, massen wenn der Philosophische canon, cui non competit definitio, ille nec definitum, noch nicht abgeschafft, die definitio rapinae, quae est, quod rapina sit dolosa & violenta rei alienae mobilis contrectatio, qua quis dolo malo rem alienam mobilem lucrifaciendi animo vi aufert.

Dn. Lyserus Prof. Witteb. disp. de rapina. C. 1.

der Sache der Inquisiten bald den Ausschlag geben wird; solches aber klärer vorzustellen, so ist ausser allem Streit, daß ad crimen rapinae erfordert werde, 1. HOSTILIS AGGRESSIO

Art. 126. ord. crim. ibi: Boßhafftig.

ut quis ex animo insidietur peregrinantibus, ut sua ipsis auferat.

Mev. ad ius Lubec. p. 4. Tit. 2. art. 1. n. 10.

Es ist ungegründet, daß sie deshalb mit denen Weibs-Persohnen in action gerathen, weil der eine unter ihnen, der, so ihn gegrüsset, nicht gedancket, sintemahl nicht wahrscheinlich, daß zwey fremde Weibs-Personen Kerle auf der Strasse bey der Nacht grüssen, u. sich deshalber in ein Gezänck u. Schlägerey einlassen solten, es auch das Ansehen gewinnet, als wenn die guten Herren mit der Unwahrheit umzugehen ziemlich gelernet hätten, indem da der eine von ihnen fol. 34. ad punct. 10. praefracte negiret, daß die Weibs-Persohnen nicht gesagt, sie solten nach Passendorff kommen und sie verklagen, der andere fol. 35. ad eundem solches klärlich zugestehet.

Zudem wäre es ein Sückgen aus dem Grobiano, wenn so ein Pursch, wie Denuncianten sind, Leuten, so ihn grüssen, nicht dancken, sondern sich dazu so gut düncken lassen wolte, es dürffte sich auch derselbe pro injuria nicht anziehen, wenn ihm von dem, so er zu dancken sich verweigert, vermittelst ein paar Maulschellen mores gelernet würden. Und wie zu verwundern, daß die Herren Scabini Hallenses auf des einigen Zeugens Aussage die Tortur erkannt, also ist gleichergestalt Verwunderungswürdig, daß selbige bey einem solchen facto wie der Zeuge selbst anführet geschehen. Denn es kan ja ihnen nicht unbekannt seyn, daß die Tortur nicht statt finde, nisi delicta sint talia, quae poenam torturae majorem, qualis, est capitalis vel corporis afflictiva post se trahant

Clasen. ad art. 6. ord. Crim. Carol. p. 61. Tabor de tortura C. 4. §. 8. Carpz. P. 3. Qu. 119. n.9. seqq.

Den Fall nun gesetzet, doch es in Ewigkeit nicht gestanden, es verhielte sich in facto also, wie der Zeuge Buchner aussaget, würde wohl jemand dassebe denen Rechten nach vor so böse halten können, daß es poenam capitis & corporis afflictivam nach sich zöge? Gewiß kein Mensch wird das thun. Zwar mögen die Herren Hallenses bey Abfassung des Urthels wohl auf die Gedancken gerathen seyn, als wenn Christoph ein crimen rapinae verübet hätte, alleine weit gefehlt, massen wenn der Philosophische canon, cui non competit definitio, ille nec definitum, noch nicht abgeschafft, die definitio rapinae, quae est, quod rapina sit dolosa & violenta rei alienae mobilis contrectatio, qua quis dolo malo rem alienam mobilem lucrifaciendi animo vi aufert.

Dn. Lyserus Prof. Witteb. disp. de rapina. C. 1.

der Sache der Inquisiten bald den Ausschlag geben wird; solches aber klärer vorzustellen, so ist ausser allem Streit, daß ad crimen rapinae erfordert werde, 1. HOSTILIS AGGRESSIO

Art. 126. ord. crim. ibi: Boßhafftig.

ut quis ex animo insidietur peregrinantibus, ut sua ipsis auferat.

Mev. ad ius Lubec. p. 4. Tit. 2. art. 1. n. 10.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <pb facs="#f0068" n="60"/>
        <p>Es ist ungegründet, daß sie deshalb mit denen Weibs-Persohnen in action gerathen,                      weil der eine unter ihnen, der, so ihn gegrüsset, nicht gedancket, sintemahl                      nicht wahrscheinlich, daß zwey fremde Weibs-Personen Kerle auf der Strasse bey                      der Nacht grüssen, u. sich deshalber in ein Gezänck u. Schlägerey einlassen                      solten, es auch das Ansehen gewinnet, als wenn die guten Herren mit der                      Unwahrheit umzugehen ziemlich gelernet hätten, indem da der eine von ihnen fol.                      34. ad punct. 10. praefracte negiret, daß die Weibs-Persohnen nicht gesagt, sie                      solten nach Passendorff kommen und sie verklagen, der andere fol. 35. ad eundem                      solches klärlich zugestehet.</p>
        <p>Zudem wäre es ein Sückgen aus dem Grobiano, wenn so ein Pursch, wie Denuncianten                      sind, Leuten, so ihn grüssen, nicht dancken, sondern sich dazu so gut düncken                      lassen wolte, es dürffte sich auch derselbe pro injuria nicht anziehen, wenn ihm                      von dem, so er zu dancken sich verweigert, vermittelst ein paar Maulschellen                      mores gelernet würden. Und wie zu verwundern, daß die Herren Scabini Hallenses                      auf des einigen Zeugens Aussage die Tortur erkannt, also ist gleichergestalt                      Verwunderungswürdig, daß selbige bey einem solchen facto wie der Zeuge selbst                      anführet geschehen. Denn es kan ja ihnen nicht unbekannt seyn, daß die Tortur                      nicht statt finde, nisi delicta sint talia, quae poenam torturae majorem,                      qualis, est capitalis vel corporis afflictiva post se trahant</p>
        <l>Clasen. ad art. 6. ord. Crim. Carol. p. 61. Tabor de tortura C. 4. §. 8. Carpz.                      P. 3. Qu. 119. n.9. seqq.</l>
        <p>Den Fall nun gesetzet, doch es in Ewigkeit nicht gestanden, es verhielte sich in                      facto also, wie der Zeuge Buchner aussaget, würde wohl jemand dassebe denen                      Rechten nach vor so böse halten können, daß es poenam capitis &amp; corporis                      afflictivam nach sich zöge? Gewiß kein Mensch wird das thun. Zwar mögen die                      Herren Hallenses bey Abfassung des Urthels wohl auf die Gedancken gerathen seyn,                      als wenn Christoph ein crimen rapinae verübet hätte, alleine weit gefehlt,                      massen wenn der Philosophische canon, cui non competit definitio, ille nec                      definitum, noch nicht abgeschafft, die definitio rapinae, quae est, quod rapina                      sit dolosa &amp; violenta rei alienae mobilis contrectatio, qua quis dolo                      malo rem alienam mobilem lucrifaciendi animo vi aufert.</p>
        <l>Dn. Lyserus Prof. Witteb. disp. de rapina. C. 1.</l>
        <p>der Sache der Inquisiten bald den Ausschlag geben wird; solches aber klärer                      vorzustellen, so ist ausser allem Streit, daß ad crimen rapinae erfordert werde,                      1. HOSTILIS AGGRESSIO</p>
        <l>Art. 126. ord. crim. ibi: Boßhafftig.</l>
        <p>ut quis ex animo insidietur peregrinantibus, ut sua ipsis auferat.</p>
        <l>Mev. ad ius Lubec. p. 4. Tit. 2. art. 1. n. 10.</l>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[60/0068] Es ist ungegründet, daß sie deshalb mit denen Weibs-Persohnen in action gerathen, weil der eine unter ihnen, der, so ihn gegrüsset, nicht gedancket, sintemahl nicht wahrscheinlich, daß zwey fremde Weibs-Personen Kerle auf der Strasse bey der Nacht grüssen, u. sich deshalber in ein Gezänck u. Schlägerey einlassen solten, es auch das Ansehen gewinnet, als wenn die guten Herren mit der Unwahrheit umzugehen ziemlich gelernet hätten, indem da der eine von ihnen fol. 34. ad punct. 10. praefracte negiret, daß die Weibs-Persohnen nicht gesagt, sie solten nach Passendorff kommen und sie verklagen, der andere fol. 35. ad eundem solches klärlich zugestehet. Zudem wäre es ein Sückgen aus dem Grobiano, wenn so ein Pursch, wie Denuncianten sind, Leuten, so ihn grüssen, nicht dancken, sondern sich dazu so gut düncken lassen wolte, es dürffte sich auch derselbe pro injuria nicht anziehen, wenn ihm von dem, so er zu dancken sich verweigert, vermittelst ein paar Maulschellen mores gelernet würden. Und wie zu verwundern, daß die Herren Scabini Hallenses auf des einigen Zeugens Aussage die Tortur erkannt, also ist gleichergestalt Verwunderungswürdig, daß selbige bey einem solchen facto wie der Zeuge selbst anführet geschehen. Denn es kan ja ihnen nicht unbekannt seyn, daß die Tortur nicht statt finde, nisi delicta sint talia, quae poenam torturae majorem, qualis, est capitalis vel corporis afflictiva post se trahant Clasen. ad art. 6. ord. Crim. Carol. p. 61. Tabor de tortura C. 4. §. 8. Carpz. P. 3. Qu. 119. n.9. seqq. Den Fall nun gesetzet, doch es in Ewigkeit nicht gestanden, es verhielte sich in facto also, wie der Zeuge Buchner aussaget, würde wohl jemand dassebe denen Rechten nach vor so böse halten können, daß es poenam capitis & corporis afflictivam nach sich zöge? Gewiß kein Mensch wird das thun. Zwar mögen die Herren Hallenses bey Abfassung des Urthels wohl auf die Gedancken gerathen seyn, als wenn Christoph ein crimen rapinae verübet hätte, alleine weit gefehlt, massen wenn der Philosophische canon, cui non competit definitio, ille nec definitum, noch nicht abgeschafft, die definitio rapinae, quae est, quod rapina sit dolosa & violenta rei alienae mobilis contrectatio, qua quis dolo malo rem alienam mobilem lucrifaciendi animo vi aufert. Dn. Lyserus Prof. Witteb. disp. de rapina. C. 1. der Sache der Inquisiten bald den Ausschlag geben wird; solches aber klärer vorzustellen, so ist ausser allem Streit, daß ad crimen rapinae erfordert werde, 1. HOSTILIS AGGRESSIO Art. 126. ord. crim. ibi: Boßhafftig. ut quis ex animo insidietur peregrinantibus, ut sua ipsis auferat. Mev. ad ius Lubec. p. 4. Tit. 2. art. 1. n. 10.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/68
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/68>, abgerufen am 04.12.2024.