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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.

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wenigsten funffzehen sechzehen Theilen nicht einen Schuß Pulver werth wären. Solte ich aber anfangen zu protestiren, oder zu appelliren, dadurch wäre meinem Clienten wenig geholffen gewesen, sondern er hätte nur länger sitzen müssen, oder wohl gar zu befahren gehabt, daß die schon zu zweyenmahlen ihm zuerkannte tortur an ihm wäre exequirt worden. Zudem ware ich noch ein junger 35jähriger Mann, der Herr Saltzgräffe aber ein berühmter alter JCtus, von grosser Autorität, und zugleich hiesiger Regierungs-Rath. Er hätte auch so ehrlich an mir gehandelt, daß, da mir sonsten andre, als ich hier ankam, zum wenigsten äuserlich eine gute Mine machten, ob sie mir schon von Hertzen feind waren, Er mir, als ich ihm die erste Visite gab, offenhertzig, jedoch bescheiden, declarirt hatte, daß wenn ich keine auditores von fremden Orten mitbringen würde, ich mich nicht würde zu getrösten haben, daß ein eintziger von denen Hällischen jungen Leuten meine lectiones besuchen würde. Also wagte ich es, und übergab den 1. Octobr. (Act. fol. 129.) ein Schreiben, dem ich meine defension beyfügte, in dem Schreiben aber ohne Trotz, jedoch cordate vorstellete, daß Vermöge der Proceß-Ordnung, auch eines absonderlichen gnädigsten Rescripts, die Chur- und Fürstlichen Räthe, und Personen, die in officio publico sässen, von dem Juramento Calumniae befreyet seyn solten. Hiernächst auch die beykommende Defension ex meris principiis juris communis und denen in Actis befindlichen Zeugen Aussagen und Registraturen verfertiget worden, und solchergestalt die geringste praesumtio wieder dieselbe wegen einiger calumniae nicht seyn könnne; auch letzlich, wenn die Defension nicht angenommen werden solte, mein Cliente pro indefenso zu achten und Obrigkeits wegen ex officio ihm ein Advocat constituiret werden müste, dabey aber nicht abzusehen wäre, was er für andere momenta hiebey anführen könte, und also mein Cliente mit noch längerer Hafft beleget werden würde: also hoffete ich, man würde die Defension annehmen, und bäte die Acta auf eine Churfürstliche Brandenburgische Universität zu verschicken.

Unterschiedene und zum Theil wiedrige Verordnungen / der Magde-

§. XVI. Was sonsten von dem Juramento calumniae überhaupt zu halten sey, und ob dadurch die Justiz befördert oder nicht vielmehr gehindert werde, darvon wird es vielleicht Gelegenheit geben, anderswo ausführlich zu handeln, indessen habe ich davon allbereit in notis ad Lancellottum hin und wieder meine Meynung entdeckt. Anietzo will ich nur anführen, was von dem Juramento Calumniae der Advocaten in der alten und neuen verbesserten Magdeburgischen Proceß-Ordnung enthalten. In der alten, die der damahlige Herr Saltzgräffe, wo mir recht ist, selbst

wenigsten funffzehen sechzehen Theilen nicht einen Schuß Pulver werth wären. Solte ich aber anfangen zu protestiren, oder zu appelliren, dadurch wäre meinem Clienten wenig geholffen gewesen, sondern er hätte nur länger sitzen müssen, oder wohl gar zu befahren gehabt, daß die schon zu zweyenmahlen ihm zuerkannte tortur an ihm wäre exequirt worden. Zudem ware ich noch ein junger 35jähriger Mann, der Herr Saltzgräffe aber ein berühmter alter JCtus, von grosser Autorität, und zugleich hiesiger Regierungs-Rath. Er hätte auch so ehrlich an mir gehandelt, daß, da mir sonsten andre, als ich hier ankam, zum wenigsten äuserlich eine gute Mine machten, ob sie mir schon von Hertzen feind waren, Er mir, als ich ihm die erste Visite gab, offenhertzig, jedoch bescheiden, declarirt hatte, daß wenn ich keine auditores von fremden Orten mitbringen würde, ich mich nicht würde zu getrösten haben, daß ein eintziger von denen Hällischen jungen Leuten meine lectiones besuchen würde. Also wagte ich es, und übergab den 1. Octobr. (Act. fol. 129.) ein Schreiben, dem ich meine defension beyfügte, in dem Schreiben aber ohne Trotz, jedoch cordate vorstellete, daß Vermöge der Proceß-Ordnung, auch eines absonderlichen gnädigsten Rescripts, die Chur- und Fürstlichen Räthe, und Personen, die in officio publico sässen, von dem Juramento Calumniae befreyet seyn solten. Hiernächst auch die beykommende Defension ex meris principiis juris communis und denen in Actis befindlichen Zeugen Aussagen und Registraturen verfertiget worden, und solchergestalt die geringste praesumtio wieder dieselbe wegen einiger calumniae nicht seyn könñe; auch letzlich, wenn die Defension nicht angenommen werden solte, mein Cliente pro indefenso zu achten und Obrigkeits wegen ex officio ihm ein Advocat constituiret werden müste, dabey aber nicht abzusehen wäre, was er für andere momenta hiebey anführen könte, und also mein Cliente mit noch längerer Hafft beleget werden würde: also hoffete ich, man würde die Defension annehmen, und bäte die Acta auf eine Churfürstliche Brandenburgische Universität zu verschicken.

Unterschiedene und zum Theil wiedrige Verordnungen / der Magde-

§. XVI. Was sonsten von dem Juramento calumniae überhaupt zu halten sey, und ob dadurch die Justiz befördert oder nicht vielmehr gehindert werde, darvon wird es vielleicht Gelegenheit geben, anderswo ausführlich zu handeln, indessen habe ich davon allbereit in notis ad Lancellottum hin und wieder meine Meynung entdeckt. Anietzo will ich nur anführen, was von dem Juramento Calumniae der Advocaten in der alten und neuen verbesserten Magdeburgischen Proceß-Ordnung enthalten. In der alten, die der damahlige Herr Saltzgräffe, wo mir recht ist, selbst

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[80/0088] wenigsten funffzehen sechzehen Theilen nicht einen Schuß Pulver werth wären. Solte ich aber anfangen zu protestiren, oder zu appelliren, dadurch wäre meinem Clienten wenig geholffen gewesen, sondern er hätte nur länger sitzen müssen, oder wohl gar zu befahren gehabt, daß die schon zu zweyenmahlen ihm zuerkannte tortur an ihm wäre exequirt worden. Zudem ware ich noch ein junger 35jähriger Mann, der Herr Saltzgräffe aber ein berühmter alter JCtus, von grosser Autorität, und zugleich hiesiger Regierungs-Rath. Er hätte auch so ehrlich an mir gehandelt, daß, da mir sonsten andre, als ich hier ankam, zum wenigsten äuserlich eine gute Mine machten, ob sie mir schon von Hertzen feind waren, Er mir, als ich ihm die erste Visite gab, offenhertzig, jedoch bescheiden, declarirt hatte, daß wenn ich keine auditores von fremden Orten mitbringen würde, ich mich nicht würde zu getrösten haben, daß ein eintziger von denen Hällischen jungen Leuten meine lectiones besuchen würde. Also wagte ich es, und übergab den 1. Octobr. (Act. fol. 129.) ein Schreiben, dem ich meine defension beyfügte, in dem Schreiben aber ohne Trotz, jedoch cordate vorstellete, daß Vermöge der Proceß-Ordnung, auch eines absonderlichen gnädigsten Rescripts, die Chur- und Fürstlichen Räthe, und Personen, die in officio publico sässen, von dem Juramento Calumniae befreyet seyn solten. Hiernächst auch die beykommende Defension ex meris principiis juris communis und denen in Actis befindlichen Zeugen Aussagen und Registraturen verfertiget worden, und solchergestalt die geringste praesumtio wieder dieselbe wegen einiger calumniae nicht seyn könñe; auch letzlich, wenn die Defension nicht angenommen werden solte, mein Cliente pro indefenso zu achten und Obrigkeits wegen ex officio ihm ein Advocat constituiret werden müste, dabey aber nicht abzusehen wäre, was er für andere momenta hiebey anführen könte, und also mein Cliente mit noch längerer Hafft beleget werden würde: also hoffete ich, man würde die Defension annehmen, und bäte die Acta auf eine Churfürstliche Brandenburgische Universität zu verschicken. §. XVI. Was sonsten von dem Juramento calumniae überhaupt zu halten sey, und ob dadurch die Justiz befördert oder nicht vielmehr gehindert werde, darvon wird es vielleicht Gelegenheit geben, anderswo ausführlich zu handeln, indessen habe ich davon allbereit in notis ad Lancellottum hin und wieder meine Meynung entdeckt. Anietzo will ich nur anführen, was von dem Juramento Calumniae der Advocaten in der alten und neuen verbesserten Magdeburgischen Proceß-Ordnung enthalten. In der alten, die der damahlige Herr Saltzgräffe, wo mir recht ist, selbst

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/88>, abgerufen am 29.11.2024.