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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.

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Vid. Buchners Aussage ad art. 7. f. 77. a.

(3) So ist es allbereit Abends zwischen 9. und 10. Uhr gewesen,

per testimonium ejusd. Buchners fol. 76. a.

(4) So scheinet es auch, daß die Schüler sich recht wohl zum Handel geschickt, indem, wie obgemeldet, die Schüler ihre Mäntel und Hüte deswegen auf die Erde nieder geleget,

per dicta ejusd. Buchners ad Art. 15. f. 78. a.

und ist viel wahrscheinlicher, daß die Schüler die Mäntel von sich geworffen, als daß die Weibs-Personen dieselbe ihnen mit Gewalt vom Halß gerissen haben solten; zumahln da notorium und Stadt-kündig ist, daß die Hällischen Schüler ihre Mäntel nicht um sich nehmen und anschnüren, wie sonst gewöhnlich, sondern auf einer Achsel, ja beynahe aufn Ellbogen hängen haben, wie ehedessen die Penäle ihre Mäntel zu tragen gepflogen. Und obschon die Schüler, daß sie solches gethan, nicht gestehen wollen, so ist doch auch sehr nachdencklich, daß sie (5) nicht hertzhafftig und (wie ihnen, wenn sie gantz unschuldig gewesen, gebühret hätte) verneinen können, daß sie damahls in ipso actu von denen Weibs-Personen der zugefügten Gewaltthat beschuldiget worden. Denn derjenige, so dißfalls der Thäter seyn soll, saget

ad Art. 8. f. 34. a. Ob nicht die Weibs-Personen ihnen daselbst unter Augen gesaget, sie die Schüler hätten sie begriffen und Unzucht angemuthet?

gantz erschrocken und zweiffelhafftig

Er könte sich dessen nicht besinnen / daß sie das gesaget haben solten.

und mischet ex anxietate conscientiae, und weil er sich zweiffels ohne nicht so gerecht gewust, Besage

dd. Actor. f. 34. a.

andere impertinente und zum wenigsten

ad d. Art. 8.

nicht gehörige Umstände ein, welches er nicht solte gethan, sondern besagten Artic. hertzhafft und pure verneinet haben, wenn er von besagter Beschuldigung so reine gewesen wäre. So graviret auch besagten Thäter nicht wenig, daß er

ad Art. 9. d. fol. 34. a. Ob nicht einer unter ihnen auf den andern gescholten / und gesagt: ich habe es nicht gethan / sondern mein Cammerathe etc.

den Artickul rotunde verneinet

das wäre nicht geschehen /

da doch sein Cammerathe

ad d. Art. 9. f 35. b.

gantz anders ausschwatzet:

Die Hallorum hätten gesaget / Jonas hätte dergleichen gethan / worauf er geantwortet / er könte davor nicht / er hätte nichts gethan oder gesehen.

Endlich so sind auch (6) offtgemeldte Schüler eines liederlichen Gemüthes, welches daraus abzunehmen, daß sie aus der Pulvermühle davon gangen, und ihre Zeche

Vid. Buchners Aussage ad art. 7. f. 77. a.

(3) So ist es allbereit Abends zwischen 9. und 10. Uhr gewesen,

per testimonium ejusd. Buchners fol. 76. a.

(4) So scheinet es auch, daß die Schüler sich recht wohl zum Handel geschickt, indem, wie obgemeldet, die Schüler ihre Mäntel und Hüte deswegen auf die Erde nieder geleget,

per dicta ejusd. Buchners ad Art. 15. f. 78. a.

und ist viel wahrscheinlicher, daß die Schüler die Mäntel von sich geworffen, als daß die Weibs-Personen dieselbe ihnen mit Gewalt vom Halß gerissen haben solten; zumahln da notorium und Stadt-kündig ist, daß die Hällischen Schüler ihre Mäntel nicht um sich nehmen und anschnüren, wie sonst gewöhnlich, sondern auf einer Achsel, ja beynahe aufn Ellbogen hängen haben, wie ehedessen die Penäle ihre Mäntel zu tragen gepflogen. Und obschon die Schüler, daß sie solches gethan, nicht gestehen wollen, so ist doch auch sehr nachdencklich, daß sie (5) nicht hertzhafftig und (wie ihnen, wenn sie gantz unschuldig gewesen, gebühret hätte) verneinen können, daß sie damahls in ipso actu von denen Weibs-Personen der zugefügten Gewaltthat beschuldiget worden. Denn derjenige, so dißfalls der Thäter seyn soll, saget

ad Art. 8. f. 34. a. Ob nicht die Weibs-Personen ihnen daselbst unter Augen gesaget, sie die Schüler hätten sie begriffen und Unzucht angemuthet?

gantz erschrocken und zweiffelhafftig

Er könte sich dessen nicht besinnen / daß sie das gesaget haben solten.

und mischet ex anxietate conscientiae, und weil er sich zweiffels ohne nicht so gerecht gewust, Besage

dd. Actor. f. 34. a.

andere impertinente und zum wenigsten

ad d. Art. 8.

nicht gehörige Umstände ein, welches er nicht solte gethan, sondern besagten Artic. hertzhafft und pure verneinet haben, wenn er von besagter Beschuldigung so reine gewesen wäre. So graviret auch besagten Thäter nicht wenig, daß er

ad Art. 9. d. fol. 34. a. Ob nicht einer unter ihnen auf den andern gescholten / und gesagt: ich habe es nicht gethan / sondern mein Cammerathe etc.

den Artickul rotunde verneinet

das wäre nicht geschehen /

da doch sein Cammerathe

ad d. Art. 9. f 35. b.

gantz anders ausschwatzet:

Die Hallorum hätten gesaget / Jonas hätte dergleichen gethan / worauf er geantwortet / er könte davor nicht / er hätte nichts gethan oder gesehen.

Endlich so sind auch (6) offtgemeldte Schüler eines liederlichen Gemüthes, welches daraus abzunehmen, daß sie aus der Pulvermühle davon gangen, und ihre Zeche

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        <p>(4) So scheinet es auch, daß die Schüler sich recht wohl zum Handel geschickt,                      indem, wie obgemeldet, die Schüler ihre Mäntel und Hüte deswegen auf die Erde                      nieder geleget,</p>
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        <p>und ist viel wahrscheinlicher, daß die Schüler die Mäntel von sich geworffen, als                      daß die Weibs-Personen dieselbe ihnen mit Gewalt vom Halß gerissen haben solten;                      zumahln da notorium und Stadt-kündig ist, daß die Hällischen Schüler ihre Mäntel                      nicht um sich nehmen und anschnüren, wie sonst gewöhnlich, sondern auf einer                      Achsel, ja beynahe aufn Ellbogen hängen haben, wie ehedessen die Penäle ihre                      Mäntel zu tragen gepflogen. Und obschon die Schüler, daß sie solches gethan,                      nicht gestehen wollen, so ist doch auch sehr nachdencklich, daß sie (5) nicht                      hertzhafftig und (wie ihnen, wenn sie gantz unschuldig gewesen, gebühret hätte)                      verneinen können, daß sie damahls in ipso actu von denen Weibs-Personen der                      zugefügten Gewaltthat beschuldiget worden. Denn derjenige, so dißfalls der                      Thäter seyn soll, saget</p>
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        <l>ad Art. 9. d. fol. 34. a. Ob nicht einer unter ihnen auf den andern gescholten /                      und gesagt: ich habe es nicht gethan / sondern mein Cammerathe etc.</l>
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        <l>das wäre nicht geschehen /</l>
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        <l>ad d. Art. 9. f 35. b.</l>
        <p>gantz anders ausschwatzet:</p>
        <l>Die Hallorum hätten gesaget / Jonas hätte dergleichen gethan / worauf er                      geantwortet / er könte davor nicht / er hätte nichts gethan oder gesehen.</l>
        <p>Endlich so sind auch (6) offtgemeldte Schüler eines liederlichen Gemüthes,                      welches daraus abzunehmen, daß sie aus der Pulvermühle davon gangen, und ihre                      Zeche
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[85/0093] Vid. Buchners Aussage ad art. 7. f. 77. a. (3) So ist es allbereit Abends zwischen 9. und 10. Uhr gewesen, per testimonium ejusd. Buchners fol. 76. a. (4) So scheinet es auch, daß die Schüler sich recht wohl zum Handel geschickt, indem, wie obgemeldet, die Schüler ihre Mäntel und Hüte deswegen auf die Erde nieder geleget, per dicta ejusd. Buchners ad Art. 15. f. 78. a. und ist viel wahrscheinlicher, daß die Schüler die Mäntel von sich geworffen, als daß die Weibs-Personen dieselbe ihnen mit Gewalt vom Halß gerissen haben solten; zumahln da notorium und Stadt-kündig ist, daß die Hällischen Schüler ihre Mäntel nicht um sich nehmen und anschnüren, wie sonst gewöhnlich, sondern auf einer Achsel, ja beynahe aufn Ellbogen hängen haben, wie ehedessen die Penäle ihre Mäntel zu tragen gepflogen. Und obschon die Schüler, daß sie solches gethan, nicht gestehen wollen, so ist doch auch sehr nachdencklich, daß sie (5) nicht hertzhafftig und (wie ihnen, wenn sie gantz unschuldig gewesen, gebühret hätte) verneinen können, daß sie damahls in ipso actu von denen Weibs-Personen der zugefügten Gewaltthat beschuldiget worden. Denn derjenige, so dißfalls der Thäter seyn soll, saget ad Art. 8. f. 34. a. Ob nicht die Weibs-Personen ihnen daselbst unter Augen gesaget, sie die Schüler hätten sie begriffen und Unzucht angemuthet? gantz erschrocken und zweiffelhafftig Er könte sich dessen nicht besinnen / daß sie das gesaget haben solten. und mischet ex anxietate conscientiae, und weil er sich zweiffels ohne nicht so gerecht gewust, Besage dd. Actor. f. 34. a. andere impertinente und zum wenigsten ad d. Art. 8. nicht gehörige Umstände ein, welches er nicht solte gethan, sondern besagten Artic. hertzhafft und pure verneinet haben, wenn er von besagter Beschuldigung so reine gewesen wäre. So graviret auch besagten Thäter nicht wenig, daß er ad Art. 9. d. fol. 34. a. Ob nicht einer unter ihnen auf den andern gescholten / und gesagt: ich habe es nicht gethan / sondern mein Cammerathe etc. den Artickul rotunde verneinet das wäre nicht geschehen / da doch sein Cammerathe ad d. Art. 9. f 35. b. gantz anders ausschwatzet: Die Hallorum hätten gesaget / Jonas hätte dergleichen gethan / worauf er geantwortet / er könte davor nicht / er hätte nichts gethan oder gesehen. Endlich so sind auch (6) offtgemeldte Schüler eines liederlichen Gemüthes, welches daraus abzunehmen, daß sie aus der Pulvermühle davon gangen, und ihre Zeche

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/93>, abgerufen am 29.11.2024.