Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724.nicht wieder schelten, noch mit Schelmen, Narren, Eseln und Flegeln umb mich werffen; denn dieses sey ein Kenn-Zeichen eines unchristlichen, groben und niederträchtigen Gemüths: ja ich wolle meinen Wiedersacher nicht einmahl nennen, indem er ohne dem jedermann bekannt wäre. Hiernechst wolte ich mich bey dieser Vertheidigung auch Christlich aufführen. Wahre Christen suchten jederzeit anderer Menschen, nicht aber allein ihren eigenen Nutzen; derowegen wolte ich mich bey meiner Vertheidigung also verhalten, daß ich zugleich die studirenden in Sachen die da schwer und dunckel wären, und insgemein confuse vorgetragen würden, unterwiese. Ich hätte die Gelegenheit zu diesen lectionibus bey dem Vorhaben über meine Institutiones Jurisprudentiae divinae zu lesen, ergriffen, weil mein Verleumbder aus eben diesen Buch Gelegenheit genommen mich zu verleumbden; ich hätte mir vorgesetzt in diesen praelectionibus von denen differentien des Rechts und Wohlstandes (justi & decori) zu discuriren, weil diese Lehre sehr nützlich sey, und weil mein Wiedersacher eben aus Unwissenheit derselben dahin verfallen, daß er mich viel Dinge ohne Grund beschuldiget; ich wäre gesonnen nicht confus und ohne Ordnung pro und contra zu disputiren, sondern ich wolte mich einer methode, die bey nahe der Mathematischen gleich käme, bedienen: ich versprach hierbey meinen Zuhörern, eine aufrichtige und alle Vorurtheile bey Seite setzende Lehr-Art: hingegen wünschete ich mir solche Zuhörer zu haben, die nicht aus Neugierigkeit in meine lectiones kämen, auch weder meine Freunde noch Feinde, sondern indifferent, und etwas rechts zu lernen begierig wären. Es solte ihnen erlaubet seyn mich absonderlich zu befragen, wenn sie was nicht recht verständen oder bey einer und andern Lehre einige Zweiffel hätten: was aber etwa ausgeschickte heimliche Behorcher beträffe, die wolte ich nur freundlich erinnern, daß sie nicht Dinge aufschrieben, die ich nicht geredet hätte. §. XLVIII. Die special Ordnung des Dißcurses solte in folgenden16. Special-Puncte die in denenselben vorgetragen werden sollen. 16. Punckten oder Abschnitten bestehen 1.) Beschreibung des Rechts (justi) und deutliche Auslegung derselben. 2.) Dessen unterschiedene Eintheilung. 3.) Daß der Grund alles Rechts aus dem Willen des Gesetzgebers hergeleitet werden müsse. 4.) Daß man ohne GOTT und die Göttliche Vorsorge sich keinen deutlichen concept von Recht machen könne. 5.) Daß dannenhero die Atheisten in der That den Grund alles Rechts auffhüben. 6.) Beschreibung und Eintheilung der Atheisten. 7.) Von der ächten und untadelhafften Art und Weise die nicht wieder schelten, noch mit Schelmen, Narren, Eseln und Flegeln umb mich werffen; denn dieses sey ein Kenn-Zeichen eines unchristlichen, groben und niederträchtigen Gemüths: ja ich wolle meinen Wiedersacher nicht einmahl nennen, indem er ohne dem jedermann bekannt wäre. Hiernechst wolte ich mich bey dieser Vertheidigung auch Christlich aufführen. Wahre Christen suchten jederzeit anderer Menschen, nicht aber allein ihren eigenen Nutzen; derowegen wolte ich mich bey meiner Vertheidigung also verhalten, daß ich zugleich die studirenden in Sachen die da schwer und dunckel wären, und insgemein confuse vorgetragen würden, unterwiese. Ich hätte die Gelegenheit zu diesen lectionibus bey dem Vorhaben über meine Institutiones Jurisprudèntiae divinae zu lesen, ergriffen, weil mein Verleumbder aus eben diesen Buch Gelegenheit genommen mich zu verleumbden; ich hätte mir vorgesetzt in diesen praelectionibus von denen differentien des Rechts und Wohlstandes (justi & decori) zu discuriren, weil diese Lehre sehr nützlich sey, und weil mein Wiedersacher eben aus Unwissenheit derselben dahin verfallen, daß er mich viel Dinge ohne Grund beschuldiget; ich wäre gesonnen nicht confus und ohne Ordnung pro und contra zu disputiren, sondern ich wolte mich einer methode, die bey nahe der Mathematischen gleich käme, bedienen: ich versprach hierbey meinen Zuhörern, eine aufrichtige und alle Vorurtheile bey Seite setzende Lehr-Art: hingegen wünschete ich mir solche Zuhörer zu haben, die nicht aus Neugierigkeit in meine lectiones kämen, auch weder meine Freunde noch Feinde, sondern indifferent, und etwas rechts zu lernen begierig wären. Es solte ihnen erlaubet seyn mich absonderlich zu befragen, wenn sie was nicht recht verständen oder bey einer und andern Lehre einige Zweiffel hätten: was aber etwa ausgeschickte heimliche Behorcher beträffe, die wolte ich nur freundlich erinnern, daß sie nicht Dinge aufschrieben, die ich nicht geredet hätte. §. XLVIII. Die special Ordnung des Dißcurses solte in folgenden16. Special-Puncte die in denenselben vorgetragen werden sollen. 16. Punckten oder Abschnitten bestehen 1.) Beschreibung des Rechts (justi) und deutliche Auslegung derselben. 2.) Dessen unterschiedene Eintheilung. 3.) Daß der Grund alles Rechts aus dem Willen des Gesetzgebers hergeleitet werden müsse. 4.) Daß man ohne GOTT und die Göttliche Vorsorge sich keinen deutlichen concept von Recht machen könne. 5.) Daß dannenhero die Atheisten in der That den Grund alles Rechts auffhüben. 6.) Beschreibung und Eintheilung der Atheisten. 7.) 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Ich hätte die Gelegenheit zu diesen lectionibus bey dem Vorhaben über meine Institutiones Jurisprudèntiae divinae zu lesen, ergriffen, weil mein Verleumbder aus eben diesen Buch Gelegenheit genommen mich zu verleumbden; ich hätte mir vorgesetzt in diesen praelectionibus von denen differentien des Rechts und Wohlstandes (justi & decori) zu discuriren, weil diese Lehre sehr nützlich sey, und weil mein Wiedersacher eben aus Unwissenheit derselben dahin verfallen, daß er mich viel Dinge ohne Grund beschuldiget; ich wäre gesonnen nicht confus und ohne Ordnung pro und contra zu disputiren, sondern ich wolte mich einer methode, die bey nahe der Mathematischen gleich käme, bedienen: ich versprach hierbey meinen Zuhörern, eine aufrichtige und alle Vorurtheile bey Seite setzende Lehr-Art: hingegen wünschete ich mir solche Zuhörer zu haben, die nicht aus Neugierigkeit in meine lectiones kämen, auch weder meine Freunde noch Feinde, sondern indifferent, und etwas rechts zu lernen begierig wären. Es solte ihnen erlaubet seyn mich absonderlich zu befragen, wenn sie was nicht recht verständen oder bey einer und andern Lehre einige Zweiffel hätten: was aber etwa ausgeschickte heimliche Behorcher beträffe, die wolte ich nur freundlich erinnern, daß sie nicht Dinge aufschrieben, die ich nicht geredet hätte.</p> <p>§. XLVIII. Die special Ordnung des Dißcurses solte in folgenden<note place="right">16. <hi rendition="#i">Special-Puncte</hi> die in denenselben vorgetragen werden sollen.</note> 16. Punckten oder Abschnitten bestehen 1.) Beschreibung des Rechts (justi) und deutliche Auslegung derselben. 2.) Dessen unterschiedene Eintheilung. 3.) Daß der Grund alles Rechts aus dem Willen des Gesetzgebers hergeleitet werden müsse. 4.) Daß man ohne GOTT und die Göttliche Vorsorge sich keinen deutlichen concept von Recht machen könne. 5.) Daß dannenhero die Atheisten in der That den Grund alles Rechts auffhüben. 6.) Beschreibung und Eintheilung der Atheisten. 7.) 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nicht wieder schelten, noch mit Schelmen, Narren, Eseln und Flegeln umb mich werffen; denn dieses sey ein Kenn-Zeichen eines unchristlichen, groben und niederträchtigen Gemüths: ja ich wolle meinen Wiedersacher nicht einmahl nennen, indem er ohne dem jedermann bekannt wäre. Hiernechst wolte ich mich bey dieser Vertheidigung auch Christlich aufführen. Wahre Christen suchten jederzeit anderer Menschen, nicht aber allein ihren eigenen Nutzen; derowegen wolte ich mich bey meiner Vertheidigung also verhalten, daß ich zugleich die studirenden in Sachen die da schwer und dunckel wären, und insgemein confuse vorgetragen würden, unterwiese. Ich hätte die Gelegenheit zu diesen lectionibus bey dem Vorhaben über meine Institutiones Jurisprudèntiae divinae zu lesen, ergriffen, weil mein Verleumbder aus eben diesen Buch Gelegenheit genommen mich zu verleumbden; ich hätte mir vorgesetzt in diesen praelectionibus von denen differentien des Rechts und Wohlstandes (justi & decori) zu discuriren, weil diese Lehre sehr nützlich sey, und weil mein Wiedersacher eben aus Unwissenheit derselben dahin verfallen, daß er mich viel Dinge ohne Grund beschuldiget; ich wäre gesonnen nicht confus und ohne Ordnung pro und contra zu disputiren, sondern ich wolte mich einer methode, die bey nahe der Mathematischen gleich käme, bedienen: ich versprach hierbey meinen Zuhörern, eine aufrichtige und alle Vorurtheile bey Seite setzende Lehr-Art: hingegen wünschete ich mir solche Zuhörer zu haben, die nicht aus Neugierigkeit in meine lectiones kämen, auch weder meine Freunde noch Feinde, sondern indifferent, und etwas rechts zu lernen begierig wären. Es solte ihnen erlaubet seyn mich absonderlich zu befragen, wenn sie was nicht recht verständen oder bey einer und andern Lehre einige Zweiffel hätten: was aber etwa ausgeschickte heimliche Behorcher beträffe, die wolte ich nur freundlich erinnern, daß sie nicht Dinge aufschrieben, die ich nicht geredet hätte.
§. XLVIII. Die special Ordnung des Dißcurses solte in folgenden 16. Punckten oder Abschnitten bestehen 1.) Beschreibung des Rechts (justi) und deutliche Auslegung derselben. 2.) Dessen unterschiedene Eintheilung. 3.) Daß der Grund alles Rechts aus dem Willen des Gesetzgebers hergeleitet werden müsse. 4.) Daß man ohne GOTT und die Göttliche Vorsorge sich keinen deutlichen concept von Recht machen könne. 5.) Daß dannenhero die Atheisten in der That den Grund alles Rechts auffhüben. 6.) Beschreibung und Eintheilung der Atheisten. 7.) Von der ächten und untadelhafften Art und Weise die
16. Special-Puncte die in denenselben vorgetragen werden sollen.
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