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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724.

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dieser Materie in specie geschrieben, fast alle negligiret. An deren statt aber zu Ende der 1. rat. decid. bey dem Hertzbrechenden vers: quod lex non cantat, nec nos cantare debemus &c. Den Hartmannum Pistoris allegiret, und bey der 10. rat. decid. gar merckwürdig geschrieben: Non una vel altera hirundo ver facit, saget Aristoteles l. 1. Ethic. Nicom. cap. 7. Und gewiß, weil ich ein Liebhaber von denen Antiquitäten und Ursprüngen der Sprich-Wörter bin, habe ich mich sehr erfreuet, als ich dieses allhier gelesen, weil mir bißher unbewust gewesen war, daß der weise Heyde Aristoteles schon zu seiner Zeit gewust, daß eine Schwalbe keinen Sommer mache, und diesen Kern-Spruch gar seinen libris Moralibus ad Nicomachum einverleibet habe. Ich war dannenhero sehr begierig, den locum aufzusuchen umb zu sehen, ob nicht in demselben etliche Spuren anzutreffen, daß Aristoteles gar dieses Sprichworts erster Urheber gewesen; ich wurde aber gar sehr betrübt, als ich in Nachschlagen befand, daß an dem von dem Concipienten allegirten loco nicht ein Wort von dieser Materie gedacht worden, auch in indice unter denen Worten Hirundo & Ver nichts davon zu finden war, unerachtet Aristoteles sonst anderswo viel von denen Schwalben gehandelt hatte. Jedoch was thut die Begierde nicht hinter nützliche Wahrheiten, und daran dem gemeinen Wesen viel gelegen ist, zu kommen. Ich hatte anfänglich in des Casauboni edition operum Aristotelis in folio nachgeschlagen. Nach dem ich mich aber besonnen, daß die Eintheilung der Capitel zu weilen in denen unterschiedenen editionibus varire, als schlug ich ferner in des Rachelii edition librorum ad Nicomachum in Qnarto nach, und fand daselbst in besagten 7. Capitel p. 17. in fine daß Aristoteles folgender Gestalt raisonniret: Gleichwie weder eine Schwalbe noch ein einiger Tag einen Sommer macht, also könne auch ein Mensch nicht in einer kurtzen Zeit die wahre Glückseeligkeit erhalten. Also hatte ich meine Begierde gestillet. Denn ob ich gleich daraus erkennete, daß Aristoteles wohl nicht Autor von diesen Sprichwort seyn möchte, so war ich doch dem Concipienten verbunden, daß er den Aristotelem so wohl a propos bey diesen Sprichworte allegiret.

Das darauf ver fertigte Responsum.

§. IV. Gleichwie aber die Gelehrten nicht einerley Geschmack haben, also wird auch das nomine Facultatis nostrae auf diese Frage verfertigte responsum zeugen, daß der Herr Referente zwar auff selbige nach des Quaerentis Begehren geantwortet, aber daß er eine gantz andere Schreib-Art, andre raisonnements, und allegata gebraucht, und

dieser Materie in specie geschrieben, fast alle negligiret. An deren statt aber zu Ende der 1. rat. decid. bey dem Hertzbrechenden vers: quod lex non cantat, nec nos cantare debemus &c. Den Hartmannum Pistoris allegiret, und bey der 10. rat. decid. gar merckwürdig geschrieben: Non una vel altera hirundo ver facit, saget Aristoteles l. 1. Ethic. Nicom. cap. 7. Und gewiß, weil ich ein Liebhaber von denen Antiquitäten und Ursprüngen der Sprich-Wörter bin, habe ich mich sehr erfreuet, als ich dieses allhier gelesen, weil mir bißher unbewust gewesen war, daß der weise Heyde Aristoteles schon zu seiner Zeit gewust, daß eine Schwalbe keinen Sommer mache, und diesen Kern-Spruch gar seinen libris Moralibus ad Nicomachum einverleibet habe. Ich war dannenhero sehr begierig, den locum aufzusuchen umb zu sehen, ob nicht in demselben etliche Spuren anzutreffen, daß Aristoteles gar dieses Sprichworts erster Urheber gewesen; ich wurde aber gar sehr betrübt, als ich in Nachschlagen befand, daß an dem von dem Concipienten allegirten loco nicht ein Wort von dieser Materie gedacht worden, auch in indice unter denen Worten Hirundo & Ver nichts davon zu finden war, unerachtet Aristoteles sonst anderswo viel von denen Schwalben gehandelt hatte. Jedoch was thut die Begierde nicht hinter nützliche Wahrheiten, und daran dem gemeinen Wesen viel gelegen ist, zu kommen. Ich hatte anfänglich in des Casauboni edition operum Aristotelis in folio nachgeschlagen. Nach dem ich mich aber besonnen, daß die Eintheilung der Capitel zu weilen in denen unterschiedenen editionibus varire, als schlug ich ferner in des Rachelii edition librorum ad Nicomachum in Qnarto nach, und fand daselbst in besagten 7. Capitel p. 17. in fine daß Aristoteles folgender Gestalt raisonniret: Gleichwie weder eine Schwalbe noch ein einiger Tag einen Sommer macht, also könne auch ein Mensch nicht in einer kurtzen Zeit die wahre Glückseeligkeit erhalten. Also hatte ich meine Begierde gestillet. Denn ob ich gleich daraus erkennete, daß Aristoteles wohl nicht Autor von diesen Sprichwort seyn möchte, so war ich doch dem Concipienten verbunden, daß er den Aristotelem so wohl a propos bey diesen Sprichworte allegiret.

Das darauf ver fertigte Responsum.

§. IV. Gleichwie aber die Gelehrten nicht einerley Geschmack haben, also wird auch das nomine Facultatis nostrae auf diese Frage verfertigte responsum zeugen, daß der Herr Referente zwar auff selbige nach des Quaerentis Begehren geantwortet, aber daß er eine gantz andere Schreib-Art, andre raisonnements, und allegata gebraucht, und

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[206/0212] dieser Materie in specie geschrieben, fast alle negligiret. An deren statt aber zu Ende der 1. rat. decid. bey dem Hertzbrechenden vers: quod lex non cantat, nec nos cantare debemus &c. Den Hartmannum Pistoris allegiret, und bey der 10. rat. decid. gar merckwürdig geschrieben: Non una vel altera hirundo ver facit, saget Aristoteles l. 1. Ethic. Nicom. cap. 7. Und gewiß, weil ich ein Liebhaber von denen Antiquitäten und Ursprüngen der Sprich-Wörter bin, habe ich mich sehr erfreuet, als ich dieses allhier gelesen, weil mir bißher unbewust gewesen war, daß der weise Heyde Aristoteles schon zu seiner Zeit gewust, daß eine Schwalbe keinen Sommer mache, und diesen Kern-Spruch gar seinen libris Moralibus ad Nicomachum einverleibet habe. Ich war dannenhero sehr begierig, den locum aufzusuchen umb zu sehen, ob nicht in demselben etliche Spuren anzutreffen, daß Aristoteles gar dieses Sprichworts erster Urheber gewesen; ich wurde aber gar sehr betrübt, als ich in Nachschlagen befand, daß an dem von dem Concipienten allegirten loco nicht ein Wort von dieser Materie gedacht worden, auch in indice unter denen Worten Hirundo & Ver nichts davon zu finden war, unerachtet Aristoteles sonst anderswo viel von denen Schwalben gehandelt hatte. Jedoch was thut die Begierde nicht hinter nützliche Wahrheiten, und daran dem gemeinen Wesen viel gelegen ist, zu kommen. Ich hatte anfänglich in des Casauboni edition operum Aristotelis in folio nachgeschlagen. Nach dem ich mich aber besonnen, daß die Eintheilung der Capitel zu weilen in denen unterschiedenen editionibus varire, als schlug ich ferner in des Rachelii edition librorum ad Nicomachum in Qnarto nach, und fand daselbst in besagten 7. Capitel p. 17. in fine daß Aristoteles folgender Gestalt raisonniret: Gleichwie weder eine Schwalbe noch ein einiger Tag einen Sommer macht, also könne auch ein Mensch nicht in einer kurtzen Zeit die wahre Glückseeligkeit erhalten. Also hatte ich meine Begierde gestillet. Denn ob ich gleich daraus erkennete, daß Aristoteles wohl nicht Autor von diesen Sprichwort seyn möchte, so war ich doch dem Concipienten verbunden, daß er den Aristotelem so wohl a propos bey diesen Sprichworte allegiret. §. IV. Gleichwie aber die Gelehrten nicht einerley Geschmack haben, also wird auch das nomine Facultatis nostrae auf diese Frage verfertigte responsum zeugen, daß der Herr Referente zwar auff selbige nach des Quaerentis Begehren geantwortet, aber daß er eine gantz andere Schreib-Art, andre raisonnements, und allegata gebraucht, und

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724/212>, abgerufen am 21.11.2024.